Revival als Ferienort für gestresste Berliner?
"Kyritz an der Knatter" – noch nie gehört? Kein Wunder, das Städtchen liegt in einem der am dünnsten besiedelten Landstriche Deutschlands. Doch ein Ausflug lohnt sich. Denn hier kann man das Bier "Mord und Totschlag" trinken und in winzigen Weberhäusern wohnen.
Wenn man am Kyritzer Untersee auf eine dort baumelnde Pfanne haut, tuckert Fährmann Volker Sitz mit seinem Kahn herbei, um Gäste auf die Insel zu bringen. Das kleine, kreisrunde Eiland im See wurde früher die "Liebesinsel" genannt. Heute betreiben dort zugereiste Berliner ein modernes Restaurant mit Biergarten. Im Sommer ist die Insel ein schönes Ziel für Ausflügler und Hochzeitsgesellschaften, im Winter geschlossen. Fährmann Volker Sitz bringt die Menschen auf die Insel.
"Man kriegt immer wieder neue Menschen zu sehen. Und man lernt immer wieder quasi was dazu, die Charaktere."
Das Städtchen Kyritz sei schön saniert, biete eine gute Versorgung und liege in idyllischer Landschaft, lobt der Fährmann.
"Das Problem ist für Kyritz, dass alle, die einen Namen haben – wie Rheinsberg, Neuruppin – auch viel Wasser haben und dementsprechend Kyritz ein bisschen ins Hintertreffen gerät."
Vier Kilometer entfernt, in dem Backstein-Rathaus von 1897 residiert Nora Görke als umtriebige Bürgermeisterin. Der Prignitzer sei meistens erst mal ein wenig abwartend, meint sie.
"Wenn man das aber geknackt hat, dann kann der auch sehr offen, impulsiv sein, tolerant würde ich sagen. Das ist vielleicht so ein Wesenszug und das ist vielleicht auch das, was sich in Kyritz selbst widerspiegelt, dass hier doch Dinge gehen, die man sonst nicht so erwartet hätte. Wenn man zum Beispiel mit der Fähre zur Insel fährt, da treffen wir ja doch auf eine Welt, die man in Kyritz vielleicht so nicht unbedingt vermutet – und es geht doch."
"Man kriegt immer wieder neue Menschen zu sehen. Und man lernt immer wieder quasi was dazu, die Charaktere."
Das Städtchen Kyritz sei schön saniert, biete eine gute Versorgung und liege in idyllischer Landschaft, lobt der Fährmann.
"Das Problem ist für Kyritz, dass alle, die einen Namen haben – wie Rheinsberg, Neuruppin – auch viel Wasser haben und dementsprechend Kyritz ein bisschen ins Hintertreffen gerät."
Vier Kilometer entfernt, in dem Backstein-Rathaus von 1897 residiert Nora Görke als umtriebige Bürgermeisterin. Der Prignitzer sei meistens erst mal ein wenig abwartend, meint sie.
"Wenn man das aber geknackt hat, dann kann der auch sehr offen, impulsiv sein, tolerant würde ich sagen. Das ist vielleicht so ein Wesenszug und das ist vielleicht auch das, was sich in Kyritz selbst widerspiegelt, dass hier doch Dinge gehen, die man sonst nicht so erwartet hätte. Wenn man zum Beispiel mit der Fähre zur Insel fährt, da treffen wir ja doch auf eine Welt, die man in Kyritz vielleicht so nicht unbedingt vermutet – und es geht doch."
Bevölkerungsverluste nach der Wende
9300 Einwohner habe Kyritz, erzählt Görke in ihrem Büro mit Blick auf den sanierten Marktplatz und die mächtige "Friedenseiche".
"Wir haben nach der Wende doch etliche Bevölkerungsverluste verzeichnen müssen, und diese Lücke macht man so ohne weiteres auch gar nicht wieder gut. Wir stellen aber seit zwei Jahren fest, dass die Bevölkerungszahl doch wieder steigt."
Zwar in Maßen, doch immerhin. Die meisten Neubürger seien Rückkehrer, die nun in der Heimat eine Familie gründen wollen. In Kyritz könnten Kinder in Ruhe und Frieden aufwachsen, betont Görke. Die Älteren pflegten Traditionen und seien stolz auf die ruhmreiche Vergangenheit als Hansestadt.
"Das ist nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal, denn auch Nachbarstädte wie Perleberg und Pritzwalk sind Hansestädte, aber wir leben das auch. Wir sind Mitglied der Hanse der Neuzeit und fahren auch jedes Jahr zu den internationalen Hansetagen."
"Wir haben nach der Wende doch etliche Bevölkerungsverluste verzeichnen müssen, und diese Lücke macht man so ohne weiteres auch gar nicht wieder gut. Wir stellen aber seit zwei Jahren fest, dass die Bevölkerungszahl doch wieder steigt."
Zwar in Maßen, doch immerhin. Die meisten Neubürger seien Rückkehrer, die nun in der Heimat eine Familie gründen wollen. In Kyritz könnten Kinder in Ruhe und Frieden aufwachsen, betont Görke. Die Älteren pflegten Traditionen und seien stolz auf die ruhmreiche Vergangenheit als Hansestadt.
"Das ist nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal, denn auch Nachbarstädte wie Perleberg und Pritzwalk sind Hansestädte, aber wir leben das auch. Wir sind Mitglied der Hanse der Neuzeit und fahren auch jedes Jahr zu den internationalen Hansetagen."
Hansestadt am alten Pilgerweg
Bürgermeisterin Görke hat ein Buddelschiff im Schrank stehen und den Shanty-Chor "Stella maris" unlängst zum "Hanse-Chor" ernannt, wie der langjährige Chorleiter Hartmut Paschen stolz berichtet. Die Vergangenheit als Hanse-Stadt trage bis heute zur Identität der Kyritzer bei, meint der frühere Musiklehrer Paschen.
"Na ja, dass wir uns auf die alten Traditionen besinnen: Kyritz im Mittelalter als Handelsstadt, Tuchwaren oder das berühmte Bier 'Mord und Totschlag'. Und Kyritz oder dieser Fluss in Kyritz, die Jäglitz, war ja früher auch schiffbar. Kyritz liegt ja auch an der – heute heißt die Straße B 5, das war früher die Handelsstraße Berlin-Hamburg."
Im Mittelalter lag Kyritz auch recht zentral – am Pilgerweg von Berlin nach Wilsnack. Heute ist die Prignitz abgelegen, viele Pendler sind morgens anderthalb Stunden zur Arbeit unterwegs. Hartmut Paschen hofft, dass sich das einmal ändert.
"Man wünscht sich schon mehr Arbeitsplätze hier, damit die jungen Leute eben hier bleiben, denn die bereichern ja letztendlich auch wieder das sportliche oder kulturelle Leben hier."
"Na ja, dass wir uns auf die alten Traditionen besinnen: Kyritz im Mittelalter als Handelsstadt, Tuchwaren oder das berühmte Bier 'Mord und Totschlag'. Und Kyritz oder dieser Fluss in Kyritz, die Jäglitz, war ja früher auch schiffbar. Kyritz liegt ja auch an der – heute heißt die Straße B 5, das war früher die Handelsstraße Berlin-Hamburg."
Im Mittelalter lag Kyritz auch recht zentral – am Pilgerweg von Berlin nach Wilsnack. Heute ist die Prignitz abgelegen, viele Pendler sind morgens anderthalb Stunden zur Arbeit unterwegs. Hartmut Paschen hofft, dass sich das einmal ändert.
"Man wünscht sich schon mehr Arbeitsplätze hier, damit die jungen Leute eben hier bleiben, denn die bereichern ja letztendlich auch wieder das sportliche oder kulturelle Leben hier."
Wiederbelebung durch Restauration
Hartmut Paschen strebt hinaus, zeigt die jüngst sanierten und zu Ferienwohnungen umfunktionierten winzig kleinen Weberhäuser, ein paar hundert Meter weiter die wieder bunten Fachwerkhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert in der kleinen Einkaufsstraße.
"Sie sehen ja, es ist viel gemacht. Der Denkmalschutz gibt natürlich auch die Farben vor. Da kann nun nicht jeder gerade sein Haus machen, wie er möchte."
Jahre lang haben die Kyritzer darüber gestritten, was mit den Resten des Franziskaner-Klosters Sankt Johannis aus dem 13. und 14. Jahrhundert geschehen soll. Nun steht der Plan: Der Klausurflügel und die frühere Brennerei sollen saniert und das gesamte Klosterviertel zum Kulturzentrum werden – mit Museum und Bibliothek.
"Sie sehen ja, es ist viel gemacht. Der Denkmalschutz gibt natürlich auch die Farben vor. Da kann nun nicht jeder gerade sein Haus machen, wie er möchte."
Jahre lang haben die Kyritzer darüber gestritten, was mit den Resten des Franziskaner-Klosters Sankt Johannis aus dem 13. und 14. Jahrhundert geschehen soll. Nun steht der Plan: Der Klausurflügel und die frühere Brennerei sollen saniert und das gesamte Klosterviertel zum Kulturzentrum werden – mit Museum und Bibliothek.
Kultur im Kloster
Der Klostergarten ist schon wieder hergerichtet, Dank des Vereins "Kyritzer Knattermimen". Die haben zwischen den Ruinen der Klosterkirche eine Kleinkunstbühne mit 300 Plätzen gebaut – für Theateraufführungen, Konzerte und Lesungen. In einen sanierten Altbau nebenan ist gerade eben erst der Heimatverein eingezogen.
Helmut Wagner vom Heimatverein löst denn auch das Rätsel, warum es im Volksmund "Kyritz an der Knatter" heißt: Früher gab es hier viele Wassermühlen, deren knarrende Räder waren wohl namensgebend.
"Weil ja die Berliner also irgendwann mit der Postkutsche hier gefahren sind und das Knattern wahrscheinlich so lustig fanden oder was, ne?"
"Weil ja die Berliner also irgendwann mit der Postkutsche hier gefahren sind und das Knattern wahrscheinlich so lustig fanden oder was, ne?"