Hightech für die Pflege in Japan

Von Dirk Asendorpf |
In der japanischen Altenpflege haben Roboter längst einen festen Platz erobert. Sie waschen, putzen, helfen beim Aufstehen, servieren Kaffee – und bemühen sich sogar um das seelische Wohlbefinden.
Auf den allerersten Eindruck sieht das Klo aus wie ein Klo, und so klingt es auch. Doch schon der zweite Blick macht stutzig. Von der Toilette führt ein Kabel in die Steckdose und neben dem Sitz gibt es einen bunten Touchscreen mit einem Dutzend Knöpfen. Tomoko Takiyama erklärt, wofür sie da sind:

"Mit dieser Toilette kann man die Menge und Zusammensetzung des Urins messen. Und hier muss man den Namen der jeweiligen Person eingeben. Angenommen dies hier wäre Urin, ich gieße das hinein. Jetzt muss ich noch hier auf den Startknopf drücken. Und schon beginnt die Toilette mit der Messung."

Das Klo mit eingebautem Urin-Analysegerät ist der letzte Schrei aus der Technik-Werkstatt des japanischen Sanitärkonzerns Toto. Vorgeführt wird es in einem hochmodernen Ausstellungszentrum im Tokioter Stadtteil Sakurashinmachi. Tomoko Takiyama trägt ein schwarzes Business-Kostüm, für die technische Erläuterung geht sie neben dem Spülkasten in die Hocke:

"Die Wassermenge steigt, wenn man pinkelt. So kann der Sensor die Urinmenge sofort feststellen und in Milliliter angeben. Hinter dem Klo versteckt ist das Analysegerät. Mit dieser Toilette können Ärzte und Krankenpfleger, aber auch alte oder kranke Menschen selber leicht umgehen. Das Mitsui Memorial Hospital hat solch eine Toilette bereits in Betrieb. Sie sind sehr zufrieden damit."

Es dauert keine 20 Sekunden, da spuckt der Toilettencomputer das Analyseergebnis aus, vom eingebauten Laserdrucker fein säuberlich in Zahlenkolonnen aufgelistet und mit einer übersichtlichen Grafik versehen: von der Temperatur über den pH-Wert bis zum Zuckergehalt. Auf Wunsch können die Daten auch automatisch per Internet an den behandelnden Arzt weitergeschickt werden.

Nirgendwo ist die Begeisterung für solche Technik-Spielereien größer als in der Heimat von Nintendo und Tamagotchi. Darauf spekuliert auch der Mischkonzern Mitsubishi. In seinem Tokioter Showroom wirbt er dafür, mit dem i-Miev, dem ersten in Großserie produzierten Elektroauto direkt ins Wohnzimmer hinein zu fahren. Kego Nishimoto:

"Das Auto wird hier zum Möbelstück. Man kann gemütlich darin sitzen bleiben und Fernsehen gucken. Auch das Ausladen des Kofferraums ist so viel einfacher. Früher haben Autos Abgase erzeugt und man konnte sie nicht in die Wohnung lassen. Mit dem Elektromobil ist das anders. Gerade für Behinderte ist das eine große Erleichterung. Und bei Regen muss man nicht erst raus in die Garage."

In der japanischen Altenpflege haben Roboter längst einen festen Platz erobert. Sie waschen, putzen, helfen beim Aufstehen, servieren Kaffee – und bemühen sich sogar um das seelische Wohlbefinden.

Paro, die Therapierobbe des japanischen Ingenieurs Takanori Shibata, hat es inzwischen sogar bis in deutsche Pflegeeinrichtungen geschafft. Gernot Werner:

"Ich hab' sie jetzt eingeschaltet. Der Paro braucht jetzt ungefähr so zwei Sekunden, bis er wach wird. Der hat einen richtigen Tag-Wach-Rhythmus. (…) Das Kindchenschema greift voll, Sie sehen große, dunkle Augen, Sie sehen einen Blick von unten nach oben, damit eben auch so ein Auslöser da ist, dass man das Tier, das Robotertier schon beschützen will und in irgendner Form herzen will. Paro ist ein sogenannter Zuwendungsroboter, sein Geburtsort ist Japan."

Gernot Werner ist gelernter Krankenpfleger und leitet das Maternus-Stift am Auberg, ein Pflegeheim mit 125 Betten in der Eifel, in dem besonders viele Demenz-Kranke betreut werden. Seit drei Jahren ist die elektronischen Robbe dort im Einsatz. Technisch hat es das 3000 Euro teure Gerät in sich. Gernot Werner:

"Er hat verschiedene Sensoren: Er kann Temperaturen erkennen, er kann Berührungen erkennen, er kann Streicheleinheiten erkennen, zählen und auch auswerten: Meint es jemand gut mit mir? Werde ich, in Anführungsstrichen, lieb gestreichelt oder werde ich gerade geschlagen? Darauf richtet er sein Verhalten aus, also er passt sein eigenes Verhalten der äußeren Umgebung an, in dem er entweder durch Bewegungen, durch Augenaufschlag, durch Flossenbewegungen, durch Kopfbewegungen, durch ein robbentypisches Fiepen entweder zu Interaktion und Kommunikation einlädt oder das eher einschränkt wenn er halt merkt, dass er keine guten Effekte erzielt."

Das Fell der Therapierobbe ist antibakteriell beschichtet und leicht zu desinfizieren. Gleichzeitig ist es kuschelig und sieht gut aus. Schön soll die Technik sein, das ist wichtig in Japan und gilt selbst für die Toilette auf der Pflegestation. Tomoko Takiyama:

" Hier haben wir unser neuestes Modell für Behinderte. Wir haben dabei genau so viel Wert auf ein ansprechendes Design wie auf die Funktionalität gelegt. Auf dieser Toilette kann man sich mit dem Rücken anlehnen und gleichzeitig im Sitzen die Hände waschen. Patienten mit künstlichem Darmausgang können ihren Beutel entleeren und reinigen. Man muss keinen Hahn mehr anfassen, alles ist sensorgesteuert und deshalb hygienischer. Wir legen auch großen Wert darauf, wie das Wasser fließt. Es soll schön fließen. Je nach Temperatur verändert sich die Farbe des von LEDs beleuchteten Rings am Wasserhahn: von blau über orange und rot nach gelb."
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