Hildegard Baumgart: Bettine und Achim von Arnim. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Ehe
Insel Verlag, Berlin 2016
720 Seiten, 32 Euro
Das Traumpaar der Romantik
Sie war eine temperamentvolle Frankfurterin, er ein introvertierter Berliner. Gemeinsam waren Bettine und Achim von Arnim ein Künstlerpaar, das eine spannende Beziehung führte. Hildegard Baumgart beschreibt das Familienleben der beiden Schriftsteller, die eigentlich "nicht zum Ehestand gemacht" waren.
Sie gelten als das Traumpaar der deutschen Romantik und führten eine modern anmutende Ehe, in der Sinnlichkeit und Intellekt, Nähe und Distanz gleichermaßen wichtig waren. Sie waren – für damalige Verhältnisse – nicht mehr jung, als sie sich im März 1811 das Jawort gaben: Sie war 26, er 30 Jahre alt.
"Sie kannten sich seit neun Jahren und sagten einander seit vier Jahren Du, ‚Bettine’ und ‚Arnim’. Sie waren ein gutes halbes Jahr einander versprochen, vier Monaten offiziell mit getauschten Ringen, einem formellen Jawort und der wohlwollenden Zustimmung ihrer Familien verlobt, und ihre Heiratsabsicht war, wie vorgeschrieben, dreimal in einer evangelischen und dreimal in einer katholischen Kirche bekanntgemacht worden. Denn Bettine war katholisch, Arnim lutherisch."
Die Religion markierte jedoch nicht den einzigen Unterschied, denn dieses sich innig zugetane Paar war grundsätzlich verschieden: Sie klein und dunkel, er groß und blond; sie war eine temperamentvolle Frankfurterin, die sich gerne über die Regeln hinwegsetzte, die für Frauen galten. Er war wohlerzogen und eher unauffällig, stammte aus einer adeligen Familie, ein Berliner, der seine Kindheit auf dem Landgut seiner Großmutter verbracht hatte. Ihr Vater war ein reicher bürgerlicher Händler. Beide hatten sie früh die Mutter verloren. Arnim war introvertiert und einsam, Bettine im Kreis einer großen Familie aufgewachsen. Was sie verband, war die Liebe zur Kunst und für einander. Kennengelernt hatten sie sich über ihren Bruder, dem sie eng verbunden und der lange Zeit der beste Freund Arnims war: Clemens Brentano. Darüberhinaus hatten sie viele gemeinsame Freunde, lauter moderne junge Leute, "was in dieser Zeit bedeutete: romantisch."
Frohes erotisches Interesse
Hildegard Baumgart, die vor anderthalb Jahrzehnten schon einen ersten, sorgfältig recherchierten Band über dieses Paar, über die "Lehrjahre einer Liebe" vorgelegt hat, beschreibt hier ebenso sorgfältig und faktenreich das Ehe- und Elternleben der beiden. Reich waren sie nicht, denn sein Erbe war durch Schulden belastet, sie war eher verschwenderisch. Wie das Paar, das (trotz eines offenbar schwierigen sexuellen Anfangs) ein frohes und entschiedenes erotisches Interesse aneinander nie verlor, mit dem Kindersegen zurecht kommt, wie er ein geradezu moderner Vater ist, der am Aufwachsen seiner Kinder regen, auch praktischen Anteil nimmt, wie sie ihre finanziellen Probleme und gesellschaftlichen Anfechtungen überstehen, das ist gut geschrieben und spannend zu lesen.
Das Leitmotiv des Buches umkreist die Autorin, die auch eine kenntnisreiche Chronistin preußischer Geschichte und deutscher Literaturgeschichte ist: Warum diese beiden, die oberflächlich betrachtet, nicht "zum Ehestande gemacht" schienen, 20 Jahre lang eine funktionierende (natürlich nicht ohne Konflikte verlaufende) Ehe führten. Eine Frage, die auch heute – über den prominenten Einzelfall hinaus – von grundsätzlichem Interesse ist.