Hilfe beim Sterben oder unerlaubte Sterbehilfe?

Von Susanne Arlt |
Seit einem schweren Fahrradunfall ist der Brite Timothy S. von der Unterlippe abwärts gelähmt, eine Beatmungsmaschine sichert sein Überleben. Da keine Therapie zur Verbesserung des Zustands führt, schaltet der Bruder des Patienten die Geräte ab. Der behandelnde Arzt soll dies geduldet haben und steht nun vor Gericht.
Die tragische Geschichte beginnt im Februar 2002. Der sportbegeisterte Brite Timothy S. ist mit seinem Fahrrad unterwegs. Plötzlich wird er von hinten von einem Auto angefahren. Bei dem Unfall erleidet der 26-jährige schwere Schädelhirnverletzungen. Von der Unterlippe an abwärts ist er gelähmt, er muss künstlich beatmet werden.

Da sich sein Zustand nicht verbessert, suchen die Familienangehörigen weltweit nach Spezialisten. Sie werden schließlich in Magdeburg fündig. Dort arbeitet Paul S. als Chefarzt am Neurologischen Rehabilitationszentrum Magdeburg. Pauls S. gilt als Koryphäe auf diesem Gebiet. 2002 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen, weil er sich seit vielen Jahren für eine menschenwürdige Existenz und Rehabilitation von schwerst hirnverletzten Menschen einsetzt. Timothy S. wird darum nach Magdeburg verlegt. Ziel ist es, ihn durch die neue Behandlung von der künstlichen Beatmung abkoppeln zu können.

Doch der Erfolg bleibt aus. Stattdessen verschlechtert sich sein Zustand, epileptische Anfälle kommen hinzu. Nachdem Timothy S. auch noch das Bewusstsein verliert, fordert die Familie Paul S. auf, die Beatmungsmaschine abzustellen. In mehreren Gesprächen lehnt der Chefarzt dies kategorisch ab. Ein solcher Schritt sei weder mit seiner ethisch-moralischen Haltung als Mediziner noch mit seiner Überzeugung als gläubiger Katholik vereinbar. Am 24. Mai 2004 aber, so sieht es zumindest die Staatsanwaltschaft Magdeburg, ist es dann doch zu einer Vereinbarung zwischen Arzt und Familie gekommen.

Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Paul S. es zugelassen hat, dass der Bruder des Patienten das Beamtungsgerät abschalten konnte. Der Chefarzt soll zuvor sein Personal angewiesen haben, Alarmtöne des Geräts zu ignorieren. Nur ein anonymer Hinweis an die Klinik führte schließlich dazu, dass sich der Chefarzt selbst angezeigte. Jetzt muss sich Paul S. wegen Totschlags vor dem Magdeburger Landgericht verantworten.