"Hilfeee! Das Sex kommt!"

Mit wenigen klugen Worten und liebevollen Zeichnungen, mit Klappen, Laschen und eingeklebten Heftchen werden in den Sachbüchern für Kinder des Carlsen Verlags komplexe Zusammenhänge einfach erklärt. Das klappt hervorragend.
Am Ende nimmt Lasse Reißaus: Sein großer Bruder Finn hat ihm gerade erklärt, was Sex ist, und was er empfindet, wenn er mit seiner Freundin Nele schläft. Aber für den neunjährigen Lasse klang das eher merkwürdig und ziemlich speziell. Kein Wunder also, dass er lieber stiften geht, als Nele an der Haustür klingelt. "Hilfeee! Das Sex kommt!", lautet sein abschließender Kommentar.

Ein typisches Ende für einen Comic aus der Simpleshow-Reihe. Denn deren Erfinder haben sich auf die Fahnen geschrieben, komplexe Zusammenhänge kurz und knapp und vor allem mit einer großen Portion Witz zu erklären. Mit einfachen Zeichnungen und prägnanten Texten – mal in Sprechblasen platziert, mal als Erzähltext gesetzt – reüssierte die Simpleshow zunächst als Videoformat. Nun ist sie erstmals mit vier Bänden auch als Buch erhältlich. Erklärt werden: Sexualität, das Internet, Geld und das Wetter; jeweils für Kinder ab neun Jahren.

Mit einem herkömmlichen Buch oder Comic-Heft allerdings hat die Simpleshow wenig gemein. Ihre Themen entfaltet sie auf jeweils 64 etwa Postkarten großen, fast pappedicken Seiten, die von einer festen Spirale zusammengehalten werden. Ergänzt werden viele Einzelseiten zudem durch Spieleffekte wie Klappen, Laschen, Folien oder eingeklebte Miniheftchen.

So ausgestattet macht sich die Simpleshow an ihre mitunter komplizierten Themen – jeweils verpackt in eine kleine Geschichte, die mit einem Bild pro Seite erzählt wird. Die Protagonisten sind dabei Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Wie eben Nele und Finn. Wie sie zusammen schlafen, wie sich ein Orgasmus anfühlt – für sie und für ihn – , wie sich Frauen- und Männerkörper voneinander unterscheiden, was die Regelblutung ist, wie man schwanger wird und wie man verhütet, und dass man auch mal "nein" sagen kann, erklären die beiden ihren jeweils jüngeren Geschwistern in den verschiedenen Situationen.

In ähnlicher Weise hilft Amelie ihrem kleinen Bruder Lukas beim Verstehen des Internets. Während die beiden zusammen googeln, warum Pinguine nicht fliegen können, wird Seite für Seite das Wesentliche erklärt. Etwa was ein Server oder Browser ist, wie Suchmaschinen und soziale Netzwerke funktionieren, wie man twittert oder skypt, und dass einem beim Surfen auch Seiten mit fragwürdigem Inhalt begegnen können.

Tatsächlich überzeugt die Simpleshow durchweg: Die Geschichten sind ideenreich und mit Humor erzählt. Die Erklärtexte, die wie mit der Hand geschrieben aussehen, vermitteln trotz knackiger Kürze das nötige Wissen. Und die Zeichnungen von Waldemar Solotowizki sind so einfach wie liebevoll. Ein besonderes Highlight sind zudem die vielen "Mitmachelemente". Wenn Nele und Finn etwa das erste Mal Sex haben, geschieht das unter einer riesigen blauen Decke. Zum Glück für Wissbegierige lässt sich diese jedoch aufschlagen, und darunter offenbaren sich die nackten Tatsachen.

"So einfach ist das", versprechen Kai Blisch und Sarah May auf der Rückseite ihrer Bücher, und sie haben Recht. Simpel, unterhaltsam, informativ und sehr originell.

Besprochen von Eva Hepper

Kai Blisch/Sarah May: Die Simpleshow erklärt - Sexualität
und
Kai Blisch/Sarah May: Die Simpleshow erklärt - Internet
Mit Illustrationen von Waldemar Solotowizki; ab neun Jahren
Carlsen Verlag, Hamburg 2012
64 Seiten, 9,95 Euro