Himmel voller dunkler Wolken
Aja, Seri und Karl leben in einer heilen Kinderwelt. Als sie zu ahnen beginnen, dass auch Schatten auf ihrer Lebensgeschichte lasten, wissen sie nicht damit umzugehen, und entwickeln eine seltsame Scheu vor der Welt.
Gegen Ende von Zsuzsa Banks Roman "Die hellen Tage" kommt die Ich-Erzählerin zu dem Schluss, dass "nichts wie früher ist, weil sich alles gedreht und verschoben hat". Abgesehen von der Tatsache, dass es sich dabei um ein nicht sehr originelles Resümee handelt, gilt dem "Früher" die besondere Aufmerksamkeit der Autorin. Sie erzählt in "Die hellen Tage" von der Mädchenfreundschaft zwischen Aja und Therese, die von Aja Seri genannt wird. In der unbeschwerten Kindheit, die beide verleben, dominieren die "hellen Tage", auf die kaum Schatten fallen.
Daran ändert sich auch nichts, als sich Karl zu den beiden Mädchen gesellt. Fortan bilden die drei ein unzertrennliches Dreieck. Ihre Kindheit in Kirchblüt, einem bei Heidelberg gelegenen Ort, zeichnet sich durch eine Leichtigkeit aus, wie man sie Kindern wünscht. Leicht, als würde es schweben, erscheint auch das Haus, in dem Aja mit ihrer Mutter Evi lebt. Der Himmel, der zuvor im schönsten Blau erstrahlte, bewölkt sich erst, als die drei Studierenden nach Rom ziehen.
Zsuzsa Bank nimmt sich in ihrem Roman sehr viel Zeit, um deutlich zu machen, dass neben der heilen Kinderwelt eine Parallelwelt existiert, in der es neben den "hellen", auch eine stattliche Anzahl dunkler Tage gibt. Bei der Lektüre dieses Romans, in dem sich nichts überschlägt, sondern sich vieles erst allmählich klärt, ist Geduld gefragt. Während sich der erste, ereignisarme Teil, durch ein gleichmäßiges Fließen auszeichnet, wird es im zweiten Teil des Romans unruhiger, weil Ereignisse plötzlich Schatten werfen.
Das liegt zum großen Teil daran, dass das Dreieck, das die Kinder bilden, ergänzt wird durch ein Dreieck der drei Mütter. So erfährt man, dass die Mutter der Ich-Erzählerin früh ihren geliebten Mann verloren hat. Später kommt ans Licht, dass er in Rom ein Doppelleben geführt hat. Und auch Ajas Eltern, "Evi und Zigi" hüten lange ein Geheimnis. Ein Ereignis aus der Vergangenheit verbergen sie lange im Dunkeln. Als Aja davon erfährt, zerbricht sie fast. Schließlich lastet auch auf der Ehe von Karls Eltern, die früh Karls Bruder verloren haben und über den Verlust nie wirklich hinweg kommen, ein Schatten.
Beinahe drohend wird auf den letzten Seiten des Romans immer wieder eine Warnung wiederholt: Man soll sich fern vom offenen Fenster halten. Meint Erwachsenwerden aber nicht auch, das Fenster zur Welt öffnen?
Doch die drei jungen Erwachsenen, von denen gesagt wird, ihre Mütter hätten es geschafft, ihnen die Angst vor dem Leben zu nehmen, haben eine seltsame Scheu, sich dieser Welt zuzuwenden. Während Ajas Mutter, Evi, gern das Leben der "Anderen" entdeckt hätte, verharren die Drei in dem durch Verbindungslinien zwischen ihnen entstandenen Areal.
Diese kleine Welt, die Zsuzsa Bank sehr stimmungsvoll nachzeichnet, das Geschehen setzt um 1960 ein und umfasst einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren, bleibt seltsam autonom und unberührt von jenen Ereignissen, die die Welt in dieser Zeit nachhaltig verändert hat. Aja, Seri und Karl kommen dem geöffneten Fenster tatsächlich nie zu nahe und so strömt denn durch Zsusza Banks Roman "Die hellen Tage" statt welthaltiger Frische nur ein laues Lüftchen provinzieller Betulichkeit.
Besprochen von Michael Opitz
Zsuzsa Bánk: Die hellen Tage
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011
540 Seiten, 21,95 Euro
Daran ändert sich auch nichts, als sich Karl zu den beiden Mädchen gesellt. Fortan bilden die drei ein unzertrennliches Dreieck. Ihre Kindheit in Kirchblüt, einem bei Heidelberg gelegenen Ort, zeichnet sich durch eine Leichtigkeit aus, wie man sie Kindern wünscht. Leicht, als würde es schweben, erscheint auch das Haus, in dem Aja mit ihrer Mutter Evi lebt. Der Himmel, der zuvor im schönsten Blau erstrahlte, bewölkt sich erst, als die drei Studierenden nach Rom ziehen.
Zsuzsa Bank nimmt sich in ihrem Roman sehr viel Zeit, um deutlich zu machen, dass neben der heilen Kinderwelt eine Parallelwelt existiert, in der es neben den "hellen", auch eine stattliche Anzahl dunkler Tage gibt. Bei der Lektüre dieses Romans, in dem sich nichts überschlägt, sondern sich vieles erst allmählich klärt, ist Geduld gefragt. Während sich der erste, ereignisarme Teil, durch ein gleichmäßiges Fließen auszeichnet, wird es im zweiten Teil des Romans unruhiger, weil Ereignisse plötzlich Schatten werfen.
Das liegt zum großen Teil daran, dass das Dreieck, das die Kinder bilden, ergänzt wird durch ein Dreieck der drei Mütter. So erfährt man, dass die Mutter der Ich-Erzählerin früh ihren geliebten Mann verloren hat. Später kommt ans Licht, dass er in Rom ein Doppelleben geführt hat. Und auch Ajas Eltern, "Evi und Zigi" hüten lange ein Geheimnis. Ein Ereignis aus der Vergangenheit verbergen sie lange im Dunkeln. Als Aja davon erfährt, zerbricht sie fast. Schließlich lastet auch auf der Ehe von Karls Eltern, die früh Karls Bruder verloren haben und über den Verlust nie wirklich hinweg kommen, ein Schatten.
Beinahe drohend wird auf den letzten Seiten des Romans immer wieder eine Warnung wiederholt: Man soll sich fern vom offenen Fenster halten. Meint Erwachsenwerden aber nicht auch, das Fenster zur Welt öffnen?
Doch die drei jungen Erwachsenen, von denen gesagt wird, ihre Mütter hätten es geschafft, ihnen die Angst vor dem Leben zu nehmen, haben eine seltsame Scheu, sich dieser Welt zuzuwenden. Während Ajas Mutter, Evi, gern das Leben der "Anderen" entdeckt hätte, verharren die Drei in dem durch Verbindungslinien zwischen ihnen entstandenen Areal.
Diese kleine Welt, die Zsuzsa Bank sehr stimmungsvoll nachzeichnet, das Geschehen setzt um 1960 ein und umfasst einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren, bleibt seltsam autonom und unberührt von jenen Ereignissen, die die Welt in dieser Zeit nachhaltig verändert hat. Aja, Seri und Karl kommen dem geöffneten Fenster tatsächlich nie zu nahe und so strömt denn durch Zsusza Banks Roman "Die hellen Tage" statt welthaltiger Frische nur ein laues Lüftchen provinzieller Betulichkeit.
Besprochen von Michael Opitz
Zsuzsa Bánk: Die hellen Tage
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011
540 Seiten, 21,95 Euro