Der Revolutionär als Opfer der Revolution
Danton war einer der führenden Köpfe der Französischen Revolution. Er schuf den Wohlfahrtsausschuss, die Grundlage der folgenden Terrorherrschaft. Doch er wurde zu ihrem Opfer: Als Verräter an der Revolution wurde er vor 225 Jahren hingerichtet.
"Wo die Notwehr aufhört, fängt der Mord an."
In diesem Satz verbirgt sich die Tragik des Georges Jacques Danton. Er findet sich in Georg Büchners Drama "Dantons Tod", das 40 Jahre nach Ende der Schreckensherrschaft auf Grundlage historischer Quellen entstand.
Mit Notwehr meinte Danton das Recht, die Errungenschaften der Französischen Revolution mit Gewalt zu verteidigen: so die Abschaffung der Feudalrechte, die Erklärung der Menschenrechte oder die Gründung der ersten französischen Republik. Doch machte er sich schuldig.
"Sein Name ist auch mit Ereignissen verbunden, die man in die schwarze Geschichte der Französischen Revolution einschreiben kann", sagt Gudrun Gersmann, Professorin für Geschichte an der Universität zu Köln.
"Er war Justizminister im September 1792, als eine kollektive Massenhysterie losbrach, die Tausende von Gefangenen vor allem in Paris das Leben kostete. Und man weiß, dass er als Justizminister nicht dagegen eingeschritten ist."
"Was interessieren mich die Gefangenen?", so Dantons Kommentar zu den Gefängnismassakern an Royalisten und vermeintlichen Revolutionsgegnern. "Das Volk selbst will sich Gerechtigkeit verschaffen bei all dem Pack in den Gefängnissen."
Er etablierte den Wohlfahrtsausschuss
Und die Notwehr ging noch weiter. Um Konterrevolutionäre und "Agenten" der verfeindeten europäischen Monarchien schneller aburteilen zu können, trieb Danton die Gründung von Revolutionstribunalen voran. Auch etablierte er den allmächtigen Wohlfahrtsausschuss als Notstandsregierung.
"Wir müssen das tun, was die gesetzgebende Versammlung nicht getan hat: Wir müssen schrecklich sein, um dem Volk zu ersparen, es zu sein."
Damit schuf Danton die politischen Instrumente der Schreckensherrschaft. Ein Jahr später, im Frühjahr 1794, hatte sich die militärische Lage im Krieg gegen die verfeindeten Monarchien jedoch beruhigt. Nun forderte Danton die Abwendung vom Terror nach innen.
"Er war und blieb ein Anhänger der Aufklärung. Er war der Meinung – und das ist eines seiner berühmtesten Zitate –, dass der wahre Kompass einer Gesellschaft der der Vernunft sein sollte. Das alles halte ich für Versuche, letztendlich doch noch einen gewissen Kurs in ein Revolutionsgeschehen zu bringen, dass immer unübersichtlicher und brutaler wurde."
Für Robespierre war Nachgiebigkeit Verrat
Die Macht hatte jedoch Maximilien de Robespierre. Er sah in Dantons Nachgiebigkeit Verrat. Denn für den selbsternannten Tugendwächter war die Revolution noch längst nicht vollendet. Vor dem Revolutionstribunal setzte Danton, der gelernte Rechtsanwalt aus der Champagne, auf seine größte Gabe:
"Nach all dem, was die zeitgenössischen Quellen darüber aussagen, war er ein Mann von ungeheurer Vitalität und Energie. Er war ein mitreißender Redner, der sein Publikum in einer Weise überzeugen konnte, dass er zu einem brillanten Agitator der Französischen Revolution wurde."
In Georg Büchners Drama "Dantons Tod", hier ein Ausschnitt aus der Hörspielfassung des Westdeutschen Rundfunks, verteidigt er sich mit den Worten:
"Seht da die feigen Mörder! Seht da die Raben des Wohlfahrtsauschusses! Ich klage Robespierre, Saint-Just und ihre Henker des Hochverrats an! Sie wollen die Republik in Blut ersticken. Ihr wollt Brot, und sie werfen Euch Köpfe hin. Ihr durstet, und sie machen Euch das Blut von den Stufen der Guillotine lecken. [Beifallsgeschrei]"
Doch der "Herkules", wie der 34-jährige Danton wegen seines athletischen Körpers genannt wurde, scheiterte.
Schauprozess gegen Danton
Gudrun Gersmann: "Der Prozess gegen Danton war im Prinzip wie alle Prozesse vor dem Revolutionstribunal von Anfang an ein Schauprozess. Die Richter waren im Vorfeld gewarnt worden, bei einer zu milden Bestrafung würden Sanktionen über sie verhängt werden – und im Grunde war von vornherein klar, wie das Verfahren ablaufen würde, in dem von Rechtssicherheit überhaupt nichts zu bemerken war."
Am 5. April 1794 notierte der Scharfrichter Charles Henri Sanson in sein Tagebuch:
"Danton übertönte alle anderen, sein rotes Gesicht lief violett an. Er hatte Schaum vor dem Mund, und seine Augen sahen aus wie glühende Kohlen. Er brüllte: ‚Robespierre, es nützt dir nichts, dass du dich versteckst! Du kommst auch an die Reihe! ‘"
Eine Prophezeiung, mit der Georges Jacques Danton Recht behielt. Die Französische Revolution fraß wenig später auch ihre letzten prominenten Kinder.