Hiphop in Ghana
Symbolbild © imago/Photocase
Jung, politisch, furchtlos
Sie heißen Sister Deborah, ELi a Free oder Delasi und sie singen und rappen über die fragwürdige Rolle der Kirche, Umweltzerstörung und Korruption. Damit sind sie in Ghana zu einem Sprachrohr ihrer Generation geworden.
ELi a Free ist Sänger und Poet und lebt an der Atlantikküste Ghanas in Cape Coast. Im Video zu seinem Song "Goldcoast" sieht man ihn und seinen Kollegen Wanlov zwischen Bergen von Plastiktüten und anderem Müll, der vom Meer an den Strand gespült wurde. Dafür macht er sowohl die Bevölkerung als auch die Regierung verantwortlich. Wir treffen uns in Cape Coast, wo abseits eines kleinen für Touristen aufgeräumten Abschnitts nicht an Baden oder Strandspaziergänge zu denken ist.
Es geht um Umweltschutz
"Ich lebe selbst an der Küste und würde gern den Strand in seiner Schönheit genießen. Mir geht es aber um mehr als das, nämlich um das Verhältnis der Menschen in Ghana zum Umweltschutz. Wir sollten uns um die Umwelt kümmern, wir sollten auf sie achten. Wenn es unserer Umwelt nicht gut geht, kann es uns nicht gut gehen. Wieso werden überhaupt Wohnungen gebaut, die keine Toiletten haben? Das ergibt keinen Sinn! Wir sollten also nicht über große Projekte reden, sondern erstmal die Grundlagen anpacken."
In einem Minibus geht es zusammen mit 15 anderen Passagieren in Richtung Accra, der Hauptstadt Ghanas. Dort lebt Popsängerin Sister Deborah etwas außerhalb der Stadt in einer schicken Doppelhaushälfte, von hohen Zäunen und Pförtnern bewacht. Auch sie engagiert sich gegen Umweltverschmutzung und ist das Gesicht einer Werbekampagne für Verna-Mineralwasser – dem ersten Hersteller, der in Ghana ein Programm zur Rückführung seiner Plastikflaschen einführte. Neben Umweltverschmutzung ist Deborah vor allem von den vielen freien Kirchen und selbsternannten Propheten beunruhigt, die den Menschen ein besseres Leben versprechen – gegen Geld. Deborahs Songs sind poppige Stücke über Liebe und Sehnsucht – sie nutzt ihre Social Media Kanäle, um die Menschen zu erreichen.
"Priester und sogenannte Pastoren betrügen die Leute am laufenden Band. Die Hoffnung der Menschen ist, aus der Armut rauszukommen und reich zu werden. Und deshalb verkaufen die Priester falsche Hoffnungen. 80 Prozent der ghanaischen Bevölkerung ist in dieser Illusion gefangen. Die Menschen wollen einfach an irgendetwas glauben. Sie sehen keine Möglichkeiten im Leben, glauben nicht an sich selbst. Sie sind traurig. Die Kirche und ihre Priester wollen Kontrolle über das Leben der Menschen und bringen ihnen deshalb nie bei, selbst etwas anzupacken – damit sie völlig abhängig werden."
Kritik an den Verhältnissen
Etwas abseits einer dreispurigen Straße in Accras Norden wartet der Rapper Delasi in einer kleinen Palmweinschenke unter freiem Himmel. Zwischen Tieren und gedämpftem Straßenlärm sitzt er hier oft, um seine Songs zu schreiben. Auch Delasi verbindet seine Musik mit Kritik an den Verhältnissen. Er rappt gegen Postkolonialismus, Korruption und falsche Religiosität über amerikanisch klingende Beats. Als politischer Künstler bezeichnet er sich trotzdem nicht – sondern sieht seine Musik als organisches Sprachrohr seiner Seele. Inspiration findet er in den Schwierigkeiten des eigenen Alltags.
"Ich habe vor zehn Jahren mein Studium abgeschlossen und trotzdem war es nicht einfach, meinen Weg in der Gesellschaft zu finden. Es geht nur darum, was für Verbindungen du hast, wen du in der Regierung oder in den Ministerien kennst. Es gibt viel Vetternwirtschaft und Korruption. Damit haben wir jeden Tag zu tun. Diese Themen sitzen uns in den Fingern, finden über die Tinte des Stifts ihren Weg auf das Papier. Das ist eben unser alltägliches Leben und es beeinflusst die Art, wie wir Musik produzieren."
Die junge Musikszene in Ghana hat viel zu kritisieren – und tut das ohne Angst vor Repressionen. Kunst, großes Engagement und Meinungsfreiheit gehen hier Hand in Hand – und machen Musik zu einer konstruktiven Säule der Gesellschaft. Ganz selbstverständlich.
"Ich habe vor zehn Jahren mein Studium abgeschlossen und trotzdem war es nicht einfach, meinen Weg in der Gesellschaft zu finden. Es geht nur darum, was für Verbindungen du hast, wen du in der Regierung oder in den Ministerien kennst. Es gibt viel Vetternwirtschaft und Korruption. Damit haben wir jeden Tag zu tun. Diese Themen sitzen uns in den Fingern, finden über die Tinte des Stifts ihren Weg auf das Papier. Das ist eben unser alltägliches Leben und es beeinflusst die Art, wie wir Musik produzieren."
Die junge Musikszene in Ghana hat viel zu kritisieren – und tut das ohne Angst vor Repressionen. Kunst, großes Engagement und Meinungsfreiheit gehen hier Hand in Hand – und machen Musik zu einer konstruktiven Säule der Gesellschaft. Ganz selbstverständlich.