Historiker: Aufregung um "Zeitungszeugen" ist "künstlich"

Der deutsche Zeithistoriker Hans-Ulrich Wehler hat die Diskussion um das Projekt "Zeitungszeugen" als enorme künstliche Aufregung kritisiert.
Wehler verteidigte den Faksimile-Nachdruck von Zeitungen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die Angst, mit so einem Projekt heutigen Rechtsradikalen in die Hände zu spielen, sei maßlos übertrieben. "70 Jahre nach den wesentlichen Ereignissen des Dritten Reiches muss man eine solche Quelle akzeptieren, ohne gleich immer daran zu denken, wie das vielleicht der NPD nutzen könnte."

Gleichzeitig kritisierte Wehler das Verhältnis von nachgedruckten Seiten und aktuellem wissenschaftlichen Kommentar. Der Kommentar müsse sachkundig und nicht zu knapp ausfallen. "Und dann muss man in der Tat eine im Zeitungswesen erfahrene Kraft finden, die den heutigen Leser sozusagen an die verborgenen Texte der damaligen Zeit heranführt. Denn hinter bestimmten Schlagworten verbarg sich damals viel mehr, als man heute vielleicht so flüchtig liest."

Ebenso plädierte der emeritierte Bielefelder Historiker für den seit Jahren umstrittenen Nachdruck des Hitler-Buches "Mein Kampf". Wie die Zeitungen könne das Buch insbesondere junge Menschen, die sich mehr für neue Medien statt dicke Bücher interessierten, zu einer Beschäftigung mit der Epoche der Nationalsozialisten anregen. "Da finde ich es eben absolut keine Zumutung, sondern eine Liberalisierung des Blickes auf diese schlimme Geschichte, wenn solche Schlüsseltexte endlich zur Verfügung stehen."


Das vollständige Gespräch mit Hans-Ulrich Wehler können Sie bis zum 26.1.2009 als
[url=http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/01/26/drk_20090126_0837_390383a7.mp3
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