Die Volkspartei lebt!
08:14 Minuten
Überall heißt es, die Volksparteien seien in der Krise. Oder sogar ganz am Ende. Falsch, meint Götz Aly - die Volkspartei lebt. Nur müsse sie nicht zwangsläufig CDU oder SPD heißen. Grüne und AfD sieht der Historiker inzwischen als regionale Volksparteien.
In der SPD grassiert laut Wochenzeitung "Die Zeit" die Angst: die Angst vor dem Ende als Volkspartei. Bleiben die Wahlergebnisse so schlecht, können die Sozialdemokraten tatsächlich nur noch schwerlich behaupten, das Volk zu vertreten.
Früher war jedem klar, was eine Volkspartei ist: Die Volkspartei war groß und stark, hatte viele Mitglieder, wurde querbeet durch alle Schichten hinweg gewählt und hatte den Anspruch, den nächsten Kanzler oder die nächste Kanzlerin zu stellen. Nur die CDU und die SPD waren in diesem Sinne Volksparteien.
Die erste Volkspartei war die NSDAP
Der Historiker Götz Aly weitet den Begriff nun aus - und füllt das Konstrukt Volkspartei auf diese Weise mit neuem Leben. Es gebe immer wieder neue Volksparteien, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Die erste Volkspartei in Deutschland sei im Übrigen die NSDAP gewesen. Parteien davor seien nur von einer bestimmten Klientel gewählt worden: das Zentrum beispielsweise von den Katholiken, die Sozialdemokraten von den Arbeitern.
Aly spricht nun von regionalen Volksparteien und hebt unter anderem auf den großen Erfolg der Grünen bei den vergangenen Wahlen ab. So hätten die Grünen bei der Europawahl in Tübingen rund 40 Prozent der Stimmen bekommen. Die AfD wiederum sei in Städten in den neuen Bundesländern "ganz locker" über 30 Prozent gekommen.
Volksparteien gibt es am linken und am rechten Rand
In Bayern gebe es momentan eine Stabilisierung der CSU, betont Aly. Auch die Sozialisten in Spanien und Portugal hätten sich zuletzt sehr gut geschlagen. In Polen und Ungarn gebe es starke rechtskonservative Parteien, und auch die Lega Nord in Italien habe sich stabilisiert: "Das sind in den jeweiligen Regionen, Städten, Landschaften, Staaten Volksparteien", so Aly.
(ahe)