Minderheitsregierung - und dann doch GroKo?
Die SPD beendet ihren Parteitag. Danach sollen Gespräche mit der CDU/CSU starten - ergebnisoffen, wie SPD-Chef Schulz versichert. Eine Minderheitsregierung könnte allerdings nur eine Übergangslösung sein, meint der Historiker Jürgen Kocka.
"Es gelingt wieder einmal, die sehr unterschiedlichen Flügel in der SPD einigermaßen zusammen zu halten", sagte der Historiker Jürgen Kocka im Deutschlandfunk Kultur. Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz habe bei der Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden sehr wenig Stimmen bekommen, ebenso aber Ralf Stegner vom linken Flügel. "Die Rechten wählen die Linken nicht und umgekehrt." Die Frauen wählten offenbar häufig die Männer nicht mit. Dennoch versuche die SPD, den Blick nach vorne zu richten und die schwere Wahlniederlage im September zu verarbeiten.
Angesichts der Lage in Europa und in der Welt sei es dringend notwendig, dass Deutschland relativ schnell wieder eine neue handlungsfähige Regierung bekomme. Kocka sagte, er könne sich vorstellen, dass es für eine Weile eine Übergangsphase geben könnte mit einer Form der kooperativen Unterstützung einer Minderheitsregierung. Das könne bedeuten, dass die SPD nach wenigen Monaten Unterstützung begreife, dass die Unterstützung alleine ihr wenig bringe und sie nicht an die Stellen der Macht vordringt, weil sie keine Minister und Ministerinnen stelle.
Viele Streitpunkte
Es wäre deshalb denkbar, dass die SPD dann nach einigen Monaten doch noch in eine "volle Koalitionsregierung" übergehe. "Das wäre eine mögliche Variante." Aber aus seiner Sicht sei eine "gar nicht mehr so große Koalition" aus CDU/CSU und SPD vorzuziehen. "Allerdings sind die Streitpunkte groß."
Er sei erstaunt gewesen, wie wenig die Themen Migration und innere Sicherheit auf dem SPD-Parteitag eine Rolle gespielt hätten, so Kocka. Die Sozialdemokraten seien meisterhaft darin, bestimmte Themen wegzudrängen. Das mache die CDU sehr ähnlich.