Jammern übers Wetter ist entlastend
07:17 Minuten
Im Jammern übers Wetter sind wir Deutschen Meister, aber das Klagen hat auch eine gute Seite: Es dient dem Stressabbau, sagt der Psychologe Michael Thiel. Allerdings sollte es nicht beim Jammern bleiben – und zu viel Jammern ist auch nicht gut.
Es wird heiß in Deutschland, und das Wehklagen beginnt. Wenn es dann aber wieder kühler wird, ist es uns allerdings auch nicht recht. Also beschwert sich wieder einer. Das hat Tradition, weiß der Psychologe Michael Thiel:
"Wetter ist schon immer, auch bei unseren Vorfahren, ein Grund zum Jammern gewesen, oder, um zumindest Aufmerksamkeit zu bekommen, denn: Wetter ist immer existenziell gewesen, und da geht es immer um Leben und Tod. Wenn die Ernte vernichtet ist, dann haben wir nichts mehr zu futtern, wenn die Wasserstelle durch die Hitze nicht mehr funktioniert, haben wir Schwierigkeiten mit dem Trinken."
Verschiedene Jammer-Funktionen und -Sorten
Jammern habe verschiedene Funktionen, so der Psychologe: Dementsprechend gebe es verschiedene Sorten des Jammerns. So diene das "Entlastungsjammern" dazu, sich bei Unwohlsein die Seele "freizurotzen".
Das Kontaktjammern hingegen diene der Gesprächsaufnahme:
"Jammern Sie mal in der Kantine ein bisschen über die Hitze und ich schwöre Ihnen: Sie werden gleich Solidarität bekommen und Sie haben gleich netten Gesprächsstoff."
Das hilft auch auf Partys, meint Thiel: "Wenn Sie keinen kennen, reden Sie einfach übers Wetter und Sie werden nicht mehr alleine sein."
Jammern ja – aber nur in Maßen
Das Jammern könne auch zum Spannungsabbau beitragen und helfen, Ängste zu bewältigen. Nur:
"Jammern alleine nützt ja nichts, es kann höchstens die Vorstufe zu Veränderung sein."
Und zu viel Jammern kann auch gefährlich werden, warnt der Psychologe:
"Nur rumzusitzen und zu nörgeln: Die Welt ist schlecht und heiß, das macht uns am Ende eher einsam. Und psychologisch gibt es sogar eine Jammerdepression."
(abu)
(abu)