Extremwetter
In Städten wie Köln ballen sich bei Hitze nicht nur Probleme, sondern auch Lösungen, sagt der Journalist und Buchautor Ulrich Eberl. © imago/aal.photo/Piero Nigro
Wie sich Städte besser gegen Hitze wappnen können
08:19 Minuten
Temperaturen um 40 Grad: Hitzewellen wird es wegen des Klimawandels auch in Deutschland künftig wohl öfter geben. Besonders Städte heizen sich enorm auf. Doch dagegen lässt sich einiges tun, was hierzulande bisher versäumt wurde.
Eine Hitzewelle beherrscht weite Teile Europas, von Italien bis Großbritannien. Auch Deutschland ist betroffen, teils mit Werten um die 40 Grad Celsius. Selbst wenn es gelingt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen: Die Menschen müssen sich wegen des Klimawandels auf mehr Hitze einstellen. Vor allem in den Städten.
Warum erhitzen sich Städte so stark?
Stark verdichtete Städte können sich extrem aufheizen: Massive Gebäude aus Stein speichern die Hitze. Fehlen auch noch Frischluftschneisen, bremsen sie zugleich kühlende Winde, wie der Wissenschaftsjournalist und Buchautor Ulrich Eberl erklärt. In Metropolen wie Tokio beispielsweise liegt die Temperatur um sieben Grad höher als im Umland. "In Deutschland ist es auch oft so", sagt Eberl.
Wachsen mit den Städten auch die Probleme?
Es wird angenommen, dass bis 2050 zwei Drittel der dann voraussichtlich zehn Milliarden Menschen in Großstädten leben. Das wären 2,5 Milliarden mehr als gegenwärtig.
Das muss nicht grundsätzlich schlecht sein. "Wenn sich Menschen auf wenigen Prozent der Landflächen ballen, dann bleibt zugleich mehr Platz für Wälder und Moore und für die Erhaltung der Artenvielfalt", sagt Eberl. "In den Städten ballen sich nicht nur die Probleme der Menschheit, sondern auch die Lösungen."
Welche Maßnahmen helfen gegen Hitze?
Neu ist es nicht, und doch ist es die wichtigste Maßnahme: Mehr Grünflächen helfen, die Städte kühler zu machen. Ein Hektar Park senkt die Temperatur um ein Grad Celsius, so die Faustregel. Außerdem sind Frischluftschneisen, helle Wände und Pflastersteine, dazu Wasserspiele und Brunnen hilfreich gegen Hitze. Als "ideal" betrachtet Ulrich Eberl die sogenannte Schwammstadt, wie sie auf dem früheren Berliner Flughafen Tegel gebaut werden soll. Dort werde das Regenwasser langsam versickern, das Mikroklima verbessern und durch Verdunsten kühlen.
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Doch Eberl nennt auch zwei weniger bekannte Beispiele: Eine Wärmepumpe, die im Winter zum Heizen dient, könne im Sommer technisch "umgedreht" werden – zur Kältepumpe. Das sei vor allem bei Neubauten sinnvoll. Vielversprechend klingt auch eine Erfindung aus den USA: das "weißeste Weiß", das 98 Prozent des Lichts reflektiert. Werden Wände damit gestrichen, senkt das die Temperatur an den Oberflächen um vier Grad.
Wie gut stehen deutsche Städte da?
Deutschland hat in Sachen Hitzeschutz der Städte bisher nicht geplant und entsprechend Nachholbedarf. Dies ist allerdings Sache der Kommunen. Der Bund kann aber Förderprogramme auflegen. In diesem Jahr will die Bundesregierung 790 Millionen Euro bereitstellen, so Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Mit dem Programm "Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel" soll neben der sozialen Entwicklung der Städte gezielt auch die Klimaresilienz gefördert werden.
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Gibt es ein Vorbild beim Hitzeschutz?
Angesichts der extremen Temperaturen wird in Deutschland der Ruf nach einem Hitzeaktionsplan lauter, zum Beispiel vom Sozialverband VdK. Präsidentin Verena Bentele sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, man brauche dringend ein Krisenkonzept für Hitzeereignisse, die gerade Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern besonders belasteten.
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In Frankreich gibt es bereits einen solchen Plan: Demnach müssen die Städte Kältesäle für Menschen einrichten, deren Wohnungen sich besonders aufheizen. Rathäuser müssen zudem alleinstehende Senioren kontaktieren und ihnen Hilfe anbieten. Manches davon wird in Deutschland langsam eingeführt: Berlin richtet einen Kältesaal für Obdachlose ein.
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Wie können Daten den Hitzeschutz unterstützen?
Zum Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ sagt der Futurologe Max Thinius, Grünanlagen und Begrünung seien insgesamt wichtig – aber es gebe sehr viel mehr, was man tun könne. So könne man inzwischen etwa über Sensoren viele Klimadaten in einer Stadt messen – und anhand der Daten sehr genaue Maßnahmen ergreifen, um das Klima dort zu kontrollieren.
Kassel sei bereits sehr weit damit, sein eigenes Datennetzwerk zu generieren. Auch Lübeck, Köln, Hamburg oder Karlsruhe hätten damit begonnen, erklärt der Futurologe.
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(bth, abr, mit dpa, afp)