Auswärtiges Amt leistet sich einen Künstler auf dem Dach
Zum ersten Mal gibt ein Berliner Bundesministerium einem Artist-In-Residence Obhut. Für drei Monate wird der Fotokünstler Andréas Lang sein Atelier auf dem Dach des Auswärtigen Amtes aufschlagen und an einer Ausstellung über den deutschen Kolonialismus arbeiten.
Es ist auf jeden Fall der sicherste Künstlerarbeitsplatz der Stadt. Wer Andréas Lang in seinem Atelier besuchen will, muss seinen Personalausweis hinterlegen, eine bewachte Drehtür und zahlreiche Sicherheitskontrollen passieren. Der Foto- und Videokünstler hat sein Atelier auf dem Dach des Auswärtigen Amtes in Berlin, er ist der erste Artist-In-Residence eines Bundesministeriums in Berlin. Zum Gallery Weekend wird er sein neues Domizil offiziell beziehen. Gesucht wurden dafür Künstler, die sich als Ausländer mit Deutschland beschäftigen oder eben umgekehrt wie Andréas Lang. Er arbeitet an einer Ausstellung über den deutschen Kolonialismus, die im September im Deutschen Historischen Museum eröffnet wird. Erst vor kurzem ist er von einer dreimonatigen Reise durch Kamerun zurückgekehrt – auf den Spuren seines Urgroßvaters, der Kolonialbeamter in Zentralafrika war.
"Also deswegen habe ich mich auch dafür beworben, weil ich dachte, das ist ja perfekt. Da kann ich an meiner Ausstellung arbeiten fürs Deutsche Historische Museum, diese Reise war ja schon lange geplant, die Ausstellung sowieso, und da kann ich das dann auswerten und hier dran arbeiten und dann im Auswärtigen Amt, wo ja wirklich ein klarer Bezug ist zum Kolonialismus."
"Also deswegen habe ich mich auch dafür beworben, weil ich dachte, das ist ja perfekt. Da kann ich an meiner Ausstellung arbeiten fürs Deutsche Historische Museum, diese Reise war ja schon lange geplant, die Ausstellung sowieso, und da kann ich das dann auswerten und hier dran arbeiten und dann im Auswärtigen Amt, wo ja wirklich ein klarer Bezug ist zum Kolonialismus."
Vorgeschlagen vom Landesverband Berliner Galerien
Drei Monate darf er hier arbeiten, ausgestattet mit einem Stipendium über 2700 Euro. Lang wurde vorgeschlagen vom Landesverband Berliner Galerien und ausgewählt von einer unabhängigen Fachjury. Für seine Arbeit hat man ihm einen Raum unter dem Dach mit spektakulärer Aussicht zur Verfügung gestellt – der so kunstvoll unrenoviert ist, dass er aussieht, als habe man extra für den Künstler den Putz von den Wänden geklopft. Am Mauerwerk großformatige Fotos, darauf Abbildungen von deutschen Zivilisationsresten, mythisch-surreale Objekte in afrikanischen Landschaften.
Alles fing an mit einer Kiste, die er auf dem Speicher seiner Mutter fand, erzählt Lang. Darin Fotos, Reiseberichte und Tagebücher seines Urgroßvaters. Er fing an, sich in das Thema zu vertiefen, recherchierte in Archiven, eine erste Reise mit einem Projektstipendium der Stadt München führte ihn 2012 nach Kamerun und Kongo, mehrere Ausstellungen folgten. Lang wollte von Anfang auch eine kamerunische Perspektive auf die geteilte Geschichte haben.
Alles fing an mit einer Kiste, die er auf dem Speicher seiner Mutter fand, erzählt Lang. Darin Fotos, Reiseberichte und Tagebücher seines Urgroßvaters. Er fing an, sich in das Thema zu vertiefen, recherchierte in Archiven, eine erste Reise mit einem Projektstipendium der Stadt München führte ihn 2012 nach Kamerun und Kongo, mehrere Ausstellungen folgten. Lang wollte von Anfang auch eine kamerunische Perspektive auf die geteilte Geschichte haben.
"Ich dachte immer an einen Schriftsteller, aber dann 2012 über das Goethe-Institut lernt ich den kamerunischen Künstler*) Em‘kal Eyongakpa kennen, der auch ähnlich arbeitet an Orten und auch einen familiären Bezug zur Kolonialgeschichte hat, sein Urgroßvater war Chef eines Clans, der rebelliert hat gegen die Deutschen."
Ein fast mystischer und inspirierender Ort
Beide werden die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum gemeinsam gestalten. Bis dahin genießt Lang sozusagen Diplomatenstatus im Auswärtigen Amt, naja, noch nicht ganz. Die Kantine darf er schon mitbenutzen, einen Hausausweis bekommt er jedoch erst, wenn das polizeiliche Führungszeugnis vorliegt, immerhin sei er schon auf der "Positivliste", wurde ihm mitgeteilt. Seine Arbeitsmaterialien müssen durch den Objektscanner. Kann da denn Kunst entstehen, inmitten von ministerieller Bürokratie? Unbedingt! Der Raum auf dem Dach, sagt er, sei für ihn ein fast mystischer und inspirierender Ort.
"Die deutschen Schutztruppen waren dem Auswärtigen Amt unterstellt, nicht der Reichwehr, sondern Auswärtiges Amt. Also insofern machte das für mich Sinn, und ich find diesen Aspekt unglaublich spannend. Und ich bin mal gespannt, was daraus wird. Ich kann das jetzt noch nicht antizipieren. Aber ich würde auch gerne mit dem, was hier vielleicht noch im Haus ist, im Archiv, im Keller oder in verborgenen Ecken, das würde ich schon auch gerne erkunden."
Nach Lang werden zwei weitere Künstler dem Auswärtigen Amt aufs Dach steigen: Erst die Performance-Künstlerin Kerstin Honeit, dann der gebürtige Ägypter und Zeichner Ahmed Kamel.
*) Anmerkung der Redaktion: Wir hatten ihn versehentlich einen Schriftsteller genannt.