Die neue Volkspartei
Für die Grünen geht es weiter aufwärts - inzwischen liegen sie in der Wählergunst auf Platz zwei hinter der Union. Die Anfänge dieser Entwicklung sind in der deutschen Nachkriegsgeschichte zu finden, sagt der Historiker Andreas Rödder.
Lange galten die Grünen als Partei der Ökos, Anarchos und Weltverbesserer. Inzwischen haben sie allerdings das Zeug zur Volkspartei. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage erreicht die Partei 18 Prozent und liegt damit hinter der Union auf Platz zwei. Ausgerechnet von dort laufen ihr auch scharenweise Wähler zu, hat das Institut ermittelt - die alten Blöcke scheinen damit dahin.
"Was wir im Moment erleben, ist eine ziemlich grundsätzliche Erosion unseres bisher bekannten Parteisystems", sagt der Historiker Andreas Rödder dazu im Deutschlandfunk Kultur. Das Problem des politischen Systems sei, "dass sich die Extreme polarisieren und die Mitte dazwischen - von den Grünen vielleicht abgesehen - ziemlich sprachlos ist."
Insgesamt spiegele die Polarisierung die Entwicklung des 20. Jahrhunderts wider, so der der Historiker. Neben die deutsche Tugenden wie Tapferkeit und nationale Homogenität seien nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend Werte wie Pluralismus, Diversität und Gleichstellung getreten. Diese Polarisierung spiegele sich im heutigen politischen System und sei ein großes Problem.
Die große Aufgabe der politische Mitte sei es nun, ihre Sprache und ihre Begründungsfähigkeit wiederzugewinnen, sagt Rödder. "Die Grünen tun das - wobei dieses Experiment auch noch nicht im Zielhafen ist". Insgesamt lasse sich aber "eine atemberaubende Bewegung der Grünen hin zur bürgerlichen Mitte" feststellen. SPD und CDU hingegen täten sich extrem schwer damit "eine Neudefinition ihrer Ideen für dieses Zeit zu gewährleisten".