Andreas Ammer: The King is Gone. Des Bayernkönigs Revolutionstage
Intermedium Records, München 2015
1 CD, 53 Minuten, 15 Euro
Musik: Die Hochzeitskapelle (Evi Keglmaier - Bratsche / Tuba; Mathias Götz - Posaune; Micha Acher - Trompete / Tuba; Alex Haas - Banjo; Markus Acher - Schlagzeug)
Sprecher: Friedrich Ani, Eva Löbau, Judith Huber, Wowo Habdank
Der wehleidige König
In "The King is Gone" porträtiert Andreas Ammer König Ludwig III. kurz vor seiner Abdankung und während der Novemberrevolution in Bayern. Krimiautor Friedrich Ani verkörpert den König als ungelenke Herrscherfigur, Markus und Micha Acher veredeln durch ihren Soundtrack das Stück zum Pop-Hörspiel.
"Der König bin ich. Ich bin der König. Ich bin der III. Ich bin der Bart. Der König bin ich..."
Ludwig III. war von 1913 bis 1918 der letzte bayerische König. Er, der Cousin des berühmten Ludwig II., wird in diesem Hörspiel zur trotzig einsamen, ja fast schon wehleidigen Herrscherfigur.
"Hab ich den gar niemand? Niemand? Niemand?"
7. November 1918: Der sozialistische Revolutionär Kurt Eisner proklamiert den Freistaat Bayern. Die Monarchie nimmt ein Ende und damit auch die mehr als 700 Jahre währende Herrschaft der Wittelsbacher.
"Eisner ist Herr von München, wenige Stunden darauf Herr von ganz Bayern. Ich war der König."
Grundlage für "The King Is Gone" von Andreas Ammer ist das 1919 erschiene Heft "Des Bayernkönigs Revolutionstage" von Josef Benno Sailer.
"Ich bin der Benno, ich schreibe das jetzt auf: Des Bayernkönigs Revolutionstage, 23 Seiten altdeutscher Schrift, kost eine Mark."
Ein Hörspiel wie ein Popalbum
Dieses dokumentarische Hörspiel klingt wie ein Popalbum, komponiert von den Brüdern Markus und Micha Acher, Mitglieder der experimentierfreudigen Band "The Notwist". Ihre schrägen, scheppernden Klangbilder erzeugen grandiose musikalische Schwebezustände.
Markus Acher. "Leise Sachen können auch eine extreme Spannung oder Energie haben und auf ihre Art dann quasi laut sein, so dass man zuhören muss."
Die Tuba von Micha Acher klingt nach in die Höhe schnellendem Pulsschlag, die Posaune von Mathias Götz nach taumelndem Gemüt, und im Schlagzeug von Markus Acher steckt das ganze Rumpeln der Revolution.
Andreas Ammer. "Ich will nicht, dass die Musik wie so ein Teppich drunter liegt. Ich will, dass die Musik das Bestimmende ist. Und dass man den Text so anhört wie man einen normalen Popsong auch anhört: da hört man manchmal eine Zeile und dann hört man mal eine Zeile nicht, weil man irgendwie die Musik gehört hat. Und so empfinde ich auch das Ideal eines Hörspiels: da hört man ein bisschen hin; wie die Musik da rum schrammelt; und hat vergessen, sich den Text zu merken."
Anwärter auf den Johnny-Cash-Gedächtnispreis
Und da ist noch die Stimme des Krimiautors Friedrich Ani, die durch einen angezerrten Mikrofoneffekt selbst gehörig rumpelt. Ani verkörpert König Ludwig III. als ungelenke Herrscherfigur - inklusive Neil-Young-Coverversion.
Friedrich Ani. "Dieses Rumpeln gehört dann wiederum auch zu so einem Text und zu so einem Hörspiel dazu - also Rumpeln ist gut."
Andreas Ammer:
"Er hat wirklich den Johnny-Cash-Gedächtnispreis damit verdient: Mit einer solchen Wurschtigkeit - er ist nicht daneben, er ist schon auf den Tönen. Man hat immer so Angst: Den nächsten Ton trifft er jetzt sicher nicht mehr. Das bekommt ein Profi nicht hin. Das bekommt nur jemand hin, der wirklich beim Singen unsicher ist. Und wenn man diese Unsicherheit dann noch spürt, dann ist das eigentlich mein liebster Moment."