Das Hörspiel von Paul Plamper läuft im Deutschlandfunk Kultur in zwei Teilen - in der Nacht von Sonntag auf Montag um 00.05 Uhr – der zweite Teil dann eine Woche später zur selben Zeit.
"Dienstbare Geister" erweckt den Poltergeist des Kolonialismus
1905 wandert eine mittellose junge Berlinerin in die deutsche Kolonie Kamerun aus. 2015 sucht ein junger Mann aus Kamerun sein Glück in Deutschland. Zwei Migrationsgeschichten, die der vielfach ausgezeichnete Hörspiel-Autor Paul Plamper miteinander verschränkt.
Als Paul Plamper während der Recherche für sein Hörspiel vor zwei Jahren mit Migranten sprach, wurde ihm klar: Die Flucht könne nicht das Thema sein. "Wir haben gemerkt, dass wir über die Migrationsursachen arbeiten mussten und das führt einen leider zwangsläufig zur Kolonialgeschichte", sagt der Hörspiel-Autor im Interview.
Kamerun war eine deutsche Kolonie. Plamper konnte umfangreiches Aktenmaterial aus der Zeit sichten. Aus den Original-Dokumenten hat er einen Strang seiner Collage gebaut. Die Schauspielerin Sandra Hüller spricht die Texte dieser fiktiven, historischen Frauenfigur. Im zweiten Erzählstrang des Hörspiels geht es um die Erfahrungen eines Migranten aus Kamerun, der in den Netzen der Systeme unserer Gegenwart hängen bleibt.
Was Plamper aufgewühlt hat: "Man erlebt in der Kolonialzeit, wie das System, das heute noch am Werk ist, (…) gegen den Widerstand der Einwohner der Länder installiert wird - mit Gewalt." Die ganze Ungerechtigkeit würden wir gar nicht mehr wahrnehmen.
Eine mittellose deutsche Frau und ein junger Mann aus Kamerun
"Dienstbare Geister" erzählt von zwei gegenläufigen Migrationsbewegungen. 1905 verlässt eine mittellose junge Frau Berlin und wandert in die deutsche Kolonie Kamerun aus. Ihr sozialer Aufstieg geschieht auf Kosten der einheimischen Nachbarn und Bediensteten, die beharrlich und vergeblich Widerstand gegen die Deutschen leisten – unter anderem gegen Landraub und Zwang zur Arbeit mit der Peitsche.
2015 bricht ein junger Mann aus Kamerun Richtung Deutschland auf. Er sieht für sich keine Alternative zum reichen Europa. Durch beharrliche Selbstausbeutung erkämpft er sich in Berlin schließlich eine feste Stelle. Zunehmend verliert er die Verbindung zu seiner Heimat. Aber eines Tages soll er seiner Chefin einen Dienst erweisen und gegen seinen Willen einen Auftrag in Kamerun übernehmen.
In der Audio-Installation bei der Ruhrtriennale im Pact Zollverein in Essen werden die beiden Geschichten zeitgleich in zwei nebeneinander liegenden Räumen erzählt. Das Publikum teilt sich und wechselt nach dem ersten Durchlauf den Raum, um die andere Zeitebene zu hören. Der jeweilige Nebenraum macht sich immer wieder akustisch bemerkbar. Die Kolonialzeit greift wie ein Poltergeist ins Heute, umgekehrt hört man in der Kolonialgeschichte Vorboten einer Zukunft, die an unsere Gegenwart erinnert.