Nackte Brüste in der Badewanne
In Nürnberg ist gerade der 16. Außerordentliche Hofbauer-Kongress zu Ende gegangen, das Filmfestival zeigt zumeist schlüpfrige Filme aus den 60er und 70er Jahren. Wer sich für die Geschichte des Sexismus interessiert, ist hier richtig.
Ernst Hofbauer ist ein großer Unbekannter des deutschen Kinos. Dabei hat er in den siebziger Jahren "Schulmädchenreporte" gedreht, die noch immer zu den erfolgreichsten deutschen Kinofilmen gehören.
In Nürnberg gibt es seit geraumer Zeit sogenannte Hofbauer-Kongresse. Dahinter verbirgt sich ein Filmfestival der besonderen Art. Gezeigt werden Filme, die unbekannt und vergessen sind, zumeist Erotisches aus den sechziger bis achtziger Jahren.
Drei Tage dauerte der 16. Außerordentliche Hofbauer-Kongress, und unser Filmkritiker Matthias Dell war vor Ort. Gezeigt wurden, berichtet er, auch trübsinnig bis grausame Filme über die sexuelle Ausbeutung von Frauen, die - wie in dem griechischen Film "Syrtaki – Erotik ohne Maske" - schon glücklich enden, wenn sie tragisch ausgehen: Die drangsalierte Frau schafft es am Ende, das Auto mit ihr und dem Mann, der sie betrogen hat, von der Küstenstraße zu lenken.
Zu dem Entdeckungen gehörten zum einen die Aufklärungsserie "Der Liebe auf der Spur" des Instituts für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) – schon weil Sebastian Koch ("Das Leben der Anderen", "Speer und Er") völlig übertrieben einen Schlagzeuger spielt und Jens Harzer ("Requiem") als schüchtern-einfallsreicher, aber sexuell verwirrter Sven auftaucht.
Die Männer schauen durch Gucklöcher
Zum anderen wurde "Das Bad auf der Tenne" von Volker von Collande aufgeführt – ein schlüpfriger Film von 1943, gezeigt in Nazideutschland. In dem Film taucht ein hedonistisch-weltgewandter Kaufmann im 17. Jahrhundert in einem Dorf in Flandern auf und versetzt es in Aufregung.
Bei der Durchreise hinterlässt er eine Badewanne, die fortan zum Sinnbild von Modernisierung, Zivilisierung, vor allem aber der Erotisierung wird: Man sieht Bilder von badenden Frauen, nackte Brüste im Schattenriss hinter einer Leinwand. Die Männer des Dorfs schauen durch Gucklöcher wie später in der Peep-Show.
"Das Bad auf der Tenne" mit Will Dohm und Heli Finkenzeller in den Hauptrollen (den Eltern von "Schwarzwaldklinik"-Legende Gaby Dohm) sei ein widersprüchlicher, fast unschuldiger früher Sexualitätsfilm, so Dell: Die Wanne muss zwar weg und einigt die Dorfgemeinschaft, sie ermöglicht aber auch ein Gespräch über Gleichberechtigung. Wer knutscht, soll heiraten, damit die Moral stimmt - zugleich wispert der Bürgermeister seiner Gattin am Schluss zu, eine neue Wanne bauen zu lassen, in der man ja mal zusammen baden könne.
Mit den Bildern solcher Filme zieht auch die Geschichte des Sexismus vorbei. Wer an ihr Interesse hat, dem empfiehlt sich das Nürnberger Liebhaberfestival als eine der ersten Adressen.