Hoffnung für Klassik-Stiftung Weimar

Von Ulrike Greim |
Der hochangesehene Direktor der Anna Amalia Bibliothek in Weimar, Michael Knoche, hat mit seinem Rücktritt gedroht, falls nicht in diesem Monat noch Bund und Land Thüringen ihre Zuwendungen für die Klassik-Stiftung Weimar erhöhen. Die zweitgrößte Kulturstiftung der Bundesrepublik leidet an chronischer Unterfinanzierung. Doch mittlerweile kann Knoche wieder etwas zuversichticher sein.
"Ich muss das mal so sagen: für mich ist das wirklich ein großer Tag. Weil, ich bin jetzt fast sechs Jahre in Weimar und ich darf zum ersten Mal das tun, was eigentlich zur Kernkompetenz eines Leiters einer solchen Einrichtung gehört, nämlich Entscheidungen über Personaleinstellungen treffen."

Hellmut Seemann, der Präsident der Klassik-Stiftung Weimar machte in der Tat einen leicht euphorischen Eindruck nach der Sitzung des Stiftungsrates. Auch wenn sich ein wenig Sarkasmus beimischt angesichts seiner Situation.

"Das war mir bisher nicht möglich, weil es einen generellen Stellenstopp in der Stiftung gab - wegen der Evaluation und den sich daraus ableitenden weiteren Strukturkommissionsentscheidungen."
Nicht alle 25 unbesetzten Stellen würde er sofort ausschreiben können, schränkte Seemann ein, aber immerhin etliche. Konkrete Zahlen nannte er nicht, die waren in der Pressekonferenz des Stiftungsrates ohnehin Mangelware.

"Der Stiftungsrat hat das deswegen beschlossen, weil er zuversichtlich ist, dass wir auch eine Ausfinanzierung der von der Strukturkommission vorgeschlagenen Stellenbesetzung der Stiftung erreichen werden."

Worum geht es. Der Wissenschaftsrat hatte die Klassikstiftung von einer Expertenkommission durchleuchten lassen. Unter kräftiger Mithilfe der Klassikstiftungsabteilungen, die selbst zum Teil ein reges Interesse an einer Bewegung ihrer Institution haben. Ein Ergebnis ist eine Neustrukturierung der Stiftung, eine Fokussierung der Aufgaben, ein Prä für Forschung ein Prä für Öffentlichkeits- und Publikumsarbeit zum Beispiel. Folge: ein Stellenschlüssel, dem nun offensichtlich Rechnung getragen werden kann - stückweise.

"Ich werde jetzt eine Priorität treffen, die in der Tat die Bibliothek begünstigt und werde die dort nicht besetzten Stellen morgen ausschreiben."
Die Bibliothek der Anna Amalia: Das Herzstück der Klassikstiftung, nicht zuletzt wegen der feinsinnigen und leidenschaftlichen Arbeit ihres Direktors, Michael Knoche, und sicher nicht nur wegen der enormen Öffentlichkeitswirkung, die der Brand 2004 der gesamten Klassikstiftung beschert hat.

"Ach so: Knoche war natürlich mit dabei. Natürlich. Und ich denke: Herr Knoche sieht auch gerade in der Entscheidung, dass jetzt die Rahmenbedingungen für weitere Anstellungen ermöglicht sind, als sehr positiv. Gerade für seinen Direktionsbereich."

Thüringens Kultusminister Jens Goebel, qua Amt der Vorsitzende des Stiftungsrates, erwähnt es wie am Rande. Aber ohne Frage wäre der Rücktritt Michael Knoches ein enormes Schaden. Und ein fatales Signal. Doch der Vorsitzende bemüht sich, wie der Stiftungspräsident, Zuversicht zu verbreiten.

Bund und Land hätten sich geeinigt, die anstehenden Tariferhöhungen und auch die ohnehin bestehenden Personaldefizite nun auszugleichen, hieß es schwammig. Mitgemeint dürften dabei auch Investitionen sein. Es steht zu vermuten, das es für die gesamte Stiftung um drei Millionen Euro jährlich mehr geht, die sich nun Bund und Land hälftig teilen, was für das Haus für Bernd Neumanns eher einfacher sein dürfte, für den schuldengeplagten Thüringer Haushalt eher eine Belastungsprobe.

"Wir sind noch in den Haushaltsgesprächen hier im Lande. Der Bund ist in der gleichen Situation. Ich kann ihnen sagen: wir haben uns geeinigt. Die Dinge sind auf einem guten Weg. Die Personalmittel sind ausfinanziert für die nächsten Jahre. Ich kann ihnen jetzt abschließende Gesamtsummen nicht sagen - ich hab sie auch nicht dabei."

Hin wie her kann der Kultusminister sie offensichtlich nicht nennen, solange sein Budget nicht vom Thüringer Landtag abgesegnet ist. Aber klar scheint, dass die große Stiftung, zu der immerhin 28 Museen und Schlösser gehören, damit aus dem gröbsten Dilemma heraus ist, wenn auch noch lange nicht in einer komfortablen Lage. Ein 18-Millionen-Euro-Haushalt plus 10 Millionen Projektmittel sind für die Größe nicht eben viel.

Dabei stehen große Vorhaben ins Haus. So muss zügig ein zentrales Depot errichtet werden, damit Schätze, wie die Grafiksammlung nicht länger unter konservatorisch schwierigen Umständen zwischengelagert werden müssen. Der Bau des Depots bindet die Investitionskapazitäten mindestens der nächsten zwei Jahre. Danach soll das Stadtschloss Weimar zur neuen Mitte, zur zentralen Anlaufstelle für alle Weimar-Touristen umgebaut werden, das soll ab 2010 erfolgen.

"Wenn sie sich noch an den Bericht der Strukturkommission erinnern: da hat sie ja empfohlen, dass sich die Stiftung auf das Kerngeschäft, auf die Immobilien in und um Weimar konzentrieren soll. Dies ist natürlich ein langfristiger Prozess, denn die Stiftung verfügt über Immobilien bis in den Thüringer Wald hinein."

Also beispielsweise Goethes Häuschen in Gabelbach und Schillers Zufluchtsort in Bauerbach sollen abgegeben werden, das ist aber noch nicht in trockenen Tüchern. Dafür ist die Forschungsabteilung nun mit einem Konzept und einem Gesicht erkennbar, der Germanist Thorsten Valk plant den Aufbau eines Zentrums für Klassikforschung.

Auch für das Goethe- und Schillerarchiv ist mit Bernhard Fischer gerade ein neuer Direktor gefunden worden, er wechselt vom Deutschen Literaturarchiv Marbach an das - wie er es nennt - veritable Schatzhaus der deutschen Literatur. Die Mühlen mahlen also, die Ilm plätschert unbeeindruckt durch den Goethepark. Und Michael Knoche bleibt in Weimar. Hoffen wir.