Hohe Töne als spitze Waffen im Familienclinch
Der Jahrgang 2013 des Opernfestivals von Aix-en-Provence war opulent und vielfältig. Einen besonders starken Eindruck hinterließ Richard Strauss' "Elektra" in einer drastischen Inszenierung von Patrice Chéreau.
Im Grand Théâtre de Provence ging der Reigen der neu inszenierten oder wieder aufgenommenen Opernproduktionen des Festivals d’Aix zu Ende mit "Elektra" von Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss. Mit fünf Premieren in Folge suchte Directeur Bernard Foccroulle ein möglichst weit gefächertes Spektrum von Oper exemplarisch zu markieren (den Super-Jubilar Richard Wagner überließ er den Schwester-Unternehmungen in Bayreuth, Salzburg und Erl).
Nach "Rigoletto" als Kontribution zum Verdi-Jahr 2013 in einer brillant-zirzensischen Inszenierung von Robert Carsen gab es eine Stadtwanderung zu den Anfängen der Operngeschichte – zu der mit musikhistoristischem Rekonstruktionsaufwand und schlicht-glatter Einfachinszenierung im Théâtre du Jeu de Paume präsentierten "Elena" von Francesco Cavalli (Venedig 1659).
Tags darauf konnte die Abendkühle für einen Ausflug hinaus ins Grüne und zu einer Uraufführung im Freien genutzt werden: "The House taken over" des jungen portugiesischen Komponisten Vasco Mendonça präsentierte eine Fabel aus dem Geiste E.A. Poes als Zwei-Personen-Stück mit aparter neuer Kammermusik verschiedener Härtegrade. Die für die Domäne Grand Saint Jean entwickelte Kammeropern-Inszenierung von Katie Mitchell wird in der kommenden Saison in wenigstens einem halben Dutzend weiteren Theatern gezeigt (Antwerpen und Gent, Luxem- und Straßburg, Brügge und Lissabon).
Neben dem sehr homogen gerahmten und musizierten "Rigoletto" imponierte die Strauss-Oper durch die wuchtige Bühnenarchitektur von Richard Peduzzi: Der ins "Zeitlose" entrückte Burghof von Mykene wirkte hermetisch, abweisend und in seiner Kargheit kalt (links ein Metallschiebetor, rechts geduckte Zugänge zu den Quartieren des Gesindes, hinten in der Mitte eine Apsis mit der Tür zum inneren Palast).
Musiktheater des Überwältigungsversuchs offenbarte sich nicht minder durch die Kraftentfaltung des Orchestre de Paris. Es wirkte unter der korrekt bemühten Leitung von Esa-Pekka Salonen ziemlich angespannt und allem Wienerischen Schmäh abhold (mag sein, dass für die Kapelle wie für deren Vorsteher die herausfordernd schwere Aufgabe sehr neu war). Der überragende Sopran von Evelyn Herlitzius blieb besser in der Spur als bei mancher Wagner-Partie in den letzten Jahren: Hohe Töne erschienen als scharfe Waffen im Familienclinch. Herlitzius schlug immer wieder mit voller Wucht zu und demonstrierte äußerste "Leidenschaft" auch mit outrierter Körpersprache.
Nach "Rigoletto" als Kontribution zum Verdi-Jahr 2013 in einer brillant-zirzensischen Inszenierung von Robert Carsen gab es eine Stadtwanderung zu den Anfängen der Operngeschichte – zu der mit musikhistoristischem Rekonstruktionsaufwand und schlicht-glatter Einfachinszenierung im Théâtre du Jeu de Paume präsentierten "Elena" von Francesco Cavalli (Venedig 1659).
Tags darauf konnte die Abendkühle für einen Ausflug hinaus ins Grüne und zu einer Uraufführung im Freien genutzt werden: "The House taken over" des jungen portugiesischen Komponisten Vasco Mendonça präsentierte eine Fabel aus dem Geiste E.A. Poes als Zwei-Personen-Stück mit aparter neuer Kammermusik verschiedener Härtegrade. Die für die Domäne Grand Saint Jean entwickelte Kammeropern-Inszenierung von Katie Mitchell wird in der kommenden Saison in wenigstens einem halben Dutzend weiteren Theatern gezeigt (Antwerpen und Gent, Luxem- und Straßburg, Brügge und Lissabon).
Neben dem sehr homogen gerahmten und musizierten "Rigoletto" imponierte die Strauss-Oper durch die wuchtige Bühnenarchitektur von Richard Peduzzi: Der ins "Zeitlose" entrückte Burghof von Mykene wirkte hermetisch, abweisend und in seiner Kargheit kalt (links ein Metallschiebetor, rechts geduckte Zugänge zu den Quartieren des Gesindes, hinten in der Mitte eine Apsis mit der Tür zum inneren Palast).
Musiktheater des Überwältigungsversuchs offenbarte sich nicht minder durch die Kraftentfaltung des Orchestre de Paris. Es wirkte unter der korrekt bemühten Leitung von Esa-Pekka Salonen ziemlich angespannt und allem Wienerischen Schmäh abhold (mag sein, dass für die Kapelle wie für deren Vorsteher die herausfordernd schwere Aufgabe sehr neu war). Der überragende Sopran von Evelyn Herlitzius blieb besser in der Spur als bei mancher Wagner-Partie in den letzten Jahren: Hohe Töne erschienen als scharfe Waffen im Familienclinch. Herlitzius schlug immer wieder mit voller Wucht zu und demonstrierte äußerste "Leidenschaft" auch mit outrierter Körpersprache.
Gelobt sei, was rennet, rettet, flüchtet
Das stummfilmreife Gestikulieren und Tanzen fügte sich in die von Patrice Chéreau bevorzugte Personenführung: Gelobt sei, was rennet, rettet, flüchtet, springt, ringt, zippelt und zappelt. Waltraud Meier zeigte und sang die mörderische und vor schlechtem Gewissen schlaflose Klytemnästra als besorgte Mutter, die n nachvollziehbarer Weise mäßigend auf Elektra einzuwirken versucht.
Bis hin zu den kleineren Rollen war die Aufführung im Grand Théâtre de Provence mit namhaften SängerdarstellerInnen besetzt. In dieser Hinsicht sparte die Direktion weder Mühen noch Kosten. Aber am Ende wirkte die von Chéreau verantwortete Familienanamnese zum Hause Agamemnon wie eine mit allzu drastischen Mitteln operierende Open-Air-Produktion, die witterungsbedingt in die Halle zurückversetzt wurde.
Gemessen an dem, was in Aix für das kommende Jahr an Novitäten angekündigt wurde (die Übernahme einer "Zauberflöte" aus Amsterdam, Händels "Ariodante" und Rossinis "Turco" – das soll’s dann gewesen sein) wirkte der Jahrgang 2013 opulent und vielfältig. Er war und ist erfolgreich: Rund 20 Theater weltweit übernehmen aus dem Kontingent der diesjährigen Sommer-Kollektion einzelne Produktionen.
Informationen des Festival d'Aix en Provence
Bis hin zu den kleineren Rollen war die Aufführung im Grand Théâtre de Provence mit namhaften SängerdarstellerInnen besetzt. In dieser Hinsicht sparte die Direktion weder Mühen noch Kosten. Aber am Ende wirkte die von Chéreau verantwortete Familienanamnese zum Hause Agamemnon wie eine mit allzu drastischen Mitteln operierende Open-Air-Produktion, die witterungsbedingt in die Halle zurückversetzt wurde.
Gemessen an dem, was in Aix für das kommende Jahr an Novitäten angekündigt wurde (die Übernahme einer "Zauberflöte" aus Amsterdam, Händels "Ariodante" und Rossinis "Turco" – das soll’s dann gewesen sein) wirkte der Jahrgang 2013 opulent und vielfältig. Er war und ist erfolgreich: Rund 20 Theater weltweit übernehmen aus dem Kontingent der diesjährigen Sommer-Kollektion einzelne Produktionen.
Informationen des Festival d'Aix en Provence