"Hohepriesterin eines unsichtbaren Volkes"
Toni Morrison hat neue Maßstäbe für die afroamerikanische Literatur gesetzt. Ihre Empörung versteckt sie in den Lebensläufen ihrer Figuren. Der Roman "Beloved" (Menschenkind) wurde kürzlich von der New York Times gar zum "besten Buch" der letzten 25 Jahre gekürt.
"Ich habe kein festes Programm und keine Vorgaben. Es besteht in der Kunst ein großes Bedürfnis danach, aber ich beginne alle Romane mit sehr komplizierten Fragen, die ich nicht beantworten kann. Sie sind wie Provokationen gemeint, und ich möchte, dass der Leser mit mir darüber nachdenkt."
Spätestens seit der Verleihung des Literaturnobelpreises am 7. Oktober 1993 gilt die afro-amerikanische Schriftstellerin Toni Morrison als Amerikas große moralische Instanz. Die eindrucksvolle Erscheinung mit den grauen Rastalocken, die wie eine "große Mutter" aus mythischen Zeiten herabsteigt, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um einen "schwarzen" politischen Standpunkt geht. Unermüdlich arbeitet die "Hohepriesterin eines unsichtbaren Volkes", wie Sigrid Löffler sie nannte, daran, dem afroamerikanischen Amerika sein Gedächtnis zurückzugeben. Wobei mit "Gedächtnis" die Suche nach den eigenen Wurzeln, nach der verloren gegangenen Identität gemeint ist. In ihrem neuesten Roman "A Mercy" (Gnade) geht sie bis ins Jahr 1690 zurück, um der von Europa nach Amerika importierten sogenannten "Zivilisation" den Spiegel vorzuhalten.
"Ich versuche, so zu schreiben, dass die Figuren unter enormen Druck geraten. Es gibt Schriftsteller, denen das alltägliche Leben genügt, um ihre Themen zu entwickeln. Ich gehöre nicht zu ihnen."
Die Rassentrennung stand in voller Blüte, als Toni Morrison am 18. Februar 1931 als Chloe Anthony Wofford im kleinen Städtchen Lorain, Ohio, auf die Welt kam. Aber sie hatte Glück, das Leben schenkte ihr eine Bilderbuchkarriere. Arm, aber hochbegabt durfte sie an der schwarzen Howard University in Washington studieren, lehrte Englische Literatur in Houston und Harvard, seit 1989 in Princeton. Morrison war schon 40 und langjährige Lektorin beim Random House Verlag, als 1970 ihr erster Roman "The Bluest Eye" (Sehr blaue Augen) erschien. Sieben Jahre später gelang ihr mit "Song of Solomon" (Solomons Lied), einer afroamerikanischen Familiensaga, der Durchbruch.
Dank der Fernsehsendung Oprahs Book Club, die sie nicht einmal kannte, wurde sie über Nacht berühmt. Die Talkshow-Königin Oprah Winfrey kaufte später die Filmrechte von "Beloved" (Menschenkind), Morrisons bisher größtem Roman, und spielte selbst die Hauptrolle. Er berichtet von der Sklavin Sethe, die ihre Kinder lieber umbringt, als sie zurück in die Sklaverei zu schicken. Kindsmord ist nur ein Extrem, Sethe nur eine von Morrisons Ausgestoßenen, mit denen sie jedwede political correctness und die Ideologie des "melting pot" verweigert und stattdessen dem Rassismus den Kampf erklärt.
"Rassismus nimmt dir alle deine Zeit, deine Energie, dein Geld. Er ist so destruktiv, so sinnlos. Er hat nie neue Erkenntnisse gebracht. Er ist eine ständige Variation seiner eigenen Blindheit. Deshalb ist er intellektuell langweilig. Er ist eine Nicht-Idee, ein Vakuum."
Toni Morrison, literarische Erbin von William Faulkner, gehört heute zum amerikanischen Literaturkanon, wenn sie auch darauf besteht, Afroamerikanerin genannt zu werden. Ihre kunstreiche Erzähltechnik, die zahlreiche Stimmen zum Klingen bringt, mühelos Zeitebenen durcheinander wirbelt, hat sie den mündlichen Erzähltraditionen abgeschaut und: der Musik. Ihr Roman "Jazz" setzt der wilden, zornigen, zugleich hochkomplexen kühnen Improvisationskunst der schwarzen Musiker eigens ein Denkmal. Dabei führte Toni Morrison ein zurückgezogenes Leben, bis sie, als erste schwarze Frau und als zweite US-Bürgerin nach Pearl S. Buck, den Nobelpreis bekam. Das hat ihr Leben auf einen Schlag verändert.
"Ich bin mir sehr darüber bewusst, dass ich in den Medien als Wortführerin gehandelt und laufend zitiert werde. Ich bin mir aber auch darüber bewusst, dass mich keiner ernst zu nehmen scheint. Das ist sicher! Keiner meiner Ratschläge wurde je angenommen."
Spätestens seit der Verleihung des Literaturnobelpreises am 7. Oktober 1993 gilt die afro-amerikanische Schriftstellerin Toni Morrison als Amerikas große moralische Instanz. Die eindrucksvolle Erscheinung mit den grauen Rastalocken, die wie eine "große Mutter" aus mythischen Zeiten herabsteigt, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um einen "schwarzen" politischen Standpunkt geht. Unermüdlich arbeitet die "Hohepriesterin eines unsichtbaren Volkes", wie Sigrid Löffler sie nannte, daran, dem afroamerikanischen Amerika sein Gedächtnis zurückzugeben. Wobei mit "Gedächtnis" die Suche nach den eigenen Wurzeln, nach der verloren gegangenen Identität gemeint ist. In ihrem neuesten Roman "A Mercy" (Gnade) geht sie bis ins Jahr 1690 zurück, um der von Europa nach Amerika importierten sogenannten "Zivilisation" den Spiegel vorzuhalten.
"Ich versuche, so zu schreiben, dass die Figuren unter enormen Druck geraten. Es gibt Schriftsteller, denen das alltägliche Leben genügt, um ihre Themen zu entwickeln. Ich gehöre nicht zu ihnen."
Die Rassentrennung stand in voller Blüte, als Toni Morrison am 18. Februar 1931 als Chloe Anthony Wofford im kleinen Städtchen Lorain, Ohio, auf die Welt kam. Aber sie hatte Glück, das Leben schenkte ihr eine Bilderbuchkarriere. Arm, aber hochbegabt durfte sie an der schwarzen Howard University in Washington studieren, lehrte Englische Literatur in Houston und Harvard, seit 1989 in Princeton. Morrison war schon 40 und langjährige Lektorin beim Random House Verlag, als 1970 ihr erster Roman "The Bluest Eye" (Sehr blaue Augen) erschien. Sieben Jahre später gelang ihr mit "Song of Solomon" (Solomons Lied), einer afroamerikanischen Familiensaga, der Durchbruch.
Dank der Fernsehsendung Oprahs Book Club, die sie nicht einmal kannte, wurde sie über Nacht berühmt. Die Talkshow-Königin Oprah Winfrey kaufte später die Filmrechte von "Beloved" (Menschenkind), Morrisons bisher größtem Roman, und spielte selbst die Hauptrolle. Er berichtet von der Sklavin Sethe, die ihre Kinder lieber umbringt, als sie zurück in die Sklaverei zu schicken. Kindsmord ist nur ein Extrem, Sethe nur eine von Morrisons Ausgestoßenen, mit denen sie jedwede political correctness und die Ideologie des "melting pot" verweigert und stattdessen dem Rassismus den Kampf erklärt.
"Rassismus nimmt dir alle deine Zeit, deine Energie, dein Geld. Er ist so destruktiv, so sinnlos. Er hat nie neue Erkenntnisse gebracht. Er ist eine ständige Variation seiner eigenen Blindheit. Deshalb ist er intellektuell langweilig. Er ist eine Nicht-Idee, ein Vakuum."
Toni Morrison, literarische Erbin von William Faulkner, gehört heute zum amerikanischen Literaturkanon, wenn sie auch darauf besteht, Afroamerikanerin genannt zu werden. Ihre kunstreiche Erzähltechnik, die zahlreiche Stimmen zum Klingen bringt, mühelos Zeitebenen durcheinander wirbelt, hat sie den mündlichen Erzähltraditionen abgeschaut und: der Musik. Ihr Roman "Jazz" setzt der wilden, zornigen, zugleich hochkomplexen kühnen Improvisationskunst der schwarzen Musiker eigens ein Denkmal. Dabei führte Toni Morrison ein zurückgezogenes Leben, bis sie, als erste schwarze Frau und als zweite US-Bürgerin nach Pearl S. Buck, den Nobelpreis bekam. Das hat ihr Leben auf einen Schlag verändert.
"Ich bin mir sehr darüber bewusst, dass ich in den Medien als Wortführerin gehandelt und laufend zitiert werde. Ich bin mir aber auch darüber bewusst, dass mich keiner ernst zu nehmen scheint. Das ist sicher! Keiner meiner Ratschläge wurde je angenommen."