Holger Noltze: "World Wide Wunderkammer
Ästhetische Erfahrung in der digitalen Revolution"
Edition Körber 2020
256 Seiten, 20 Euro
Wie das Internet die analoge Kunst und Kultur verändert
13:06 Minuten
Theater, Opern, Konzerthäuser: Die Zauberorte der analogen Kultur könnten sich digitalen Wunderkammern öffnen. Um die Möglichkeiten des Internets zu nutzen, braucht es kluge Erlösmodelle, Fantasie und Experimentierbereitschaft, findet Holger Noltze.
Was macht das Netz mit Kunst und Kultur? Dieser Frage geht der Journalist Holger Noltze in seinem Buch "World Wide Wunderkammer" nach.
Etwa wie sich ästhetische Erfahrung und Erleben verändern, wenn jeder jederzeit jede Musik im Internet abrufen und hören kann. "Ich finde das nun nicht gleich alles nur eine Katastrophe – jede Beethoven-Sinfonie, die nicht ordnungsgemäß im Konzerthaus XY gehört wird, ist sozusagen vergeblich", sagt Noltze. In der Praxis allerdings sei es oft "eine Katastrophe", was einem im Netz angeboten werde.
Aufmunterndes am Morgen, Beruhigendes am Abend
Zum Beispiel bei Spotify: "Das habe ich auch ein bisschen analysiert: Was wird einem denn da eigentlich angeboten? Also, was sollen wir denn hören? Und man kann es eigentlich reduzieren auf zwei Grundaffekte: nämlich Aufmunterung am Morgen und Beruhigung am Abend."
Umgekehrt entwickelten – oft auch aus der Not heraus – Institutionen klassischer Kulturvermittlung wie Opern- und Konzerthäuser und Museen jetzt die eigenständigen Qualitäten des Streaming oder digitale Ausstellungskonzepte. Dabei müssen sie sich auf ihre Kernkompetenz besinnen, mahnt Noltze: Kuratierung und qualitative Unterscheidung.
Dann eröffneten sich Möglichkeiten ästhetischer Entdeckungen jenseits des Erwarteten und Erwartbaren. "Im Internet ist viel Mist zu finden", sagt Noltze. "Das sollte Sie aber nicht davon abhalten, dort auch den Künsten zu begegnen und ästhetische Erfahrungen zu machen."
(uko)