Hollywood

Wofür die Drehbuchautoren streiken

Demonstranten laufen vor den Studios von Netflix und Sunset Bronson Studios in Los Angeles
Demonstration der Gewerkschaft Writers Guild of America vor den Studios von Netflix und Sunset Bronson Studios in Los Angeles © picture alliance / Zuma Press / Jill Connelly
Für die Unterhaltungsindustrie in den USA ist ein Streik der Skript-Autorinnen und -Autoren ein harter Schlag, denn ohne sie kommen keine Drehbücher und keine Shows zustande. Die Gewerkschafter kämpfen mit dem Ausstand für mehr Geld und Gerechtigkeit.
Die einflussreichste Film- und Entertainment-Industrie der Welt hat ein großes Problem. All die klugen kreativen Köpfe in den USA, die Ideen und Dialoge oder Gags für Filme, Serien und Late Night Shows liefern, haben die Nase voll. Am 2. Mai haben sie einen Streik begonnen. Ihre Gewerkschaft Writers Guild of America (WGA) will bessere Entlohnung und mehr Sozialleistungen für Autorinnen und Autoren. Was sie aber am meisten ärgert, ist ihre ungenügende Beteiligung an den Gewinnen der Streamingdienste, wenn die von ihnen geschriebenen Serien zu großen Erfolgen werden.
"Die Gewerkschaft hat gesagt: Alle diejenigen, die in der Writers Guild organisiert sind, lassen jetzt sofort den Füller fallen oder besser gesagt die Finger vom Keypad", sagt Katharina Wilhelm, die aus Los Angeles für die ARD berichtet. "Die dürfen gar nichts mehr schreiben, weder Gags für eine Late Night Show noch Drehbücher anfassen oder verbessern." Die Gewerkschaften seien in der US-Filmbranche sehr mächtig und deshalb selbstbewusst in ihren Forderungen: "Sie haben einen langen Hebel." Der hunderttägige Streik 2007 habe die Industrie sehr viel Geld gekostet und am Ende hätten die Gewerkschaften bekommen, was sie verlangten.

Warum streiken die Drehbuchautoren?

Weil die großen Filmstudios und Streaming-Plattformen wie Netflix und Disney ihre Forderungen nach mehr Geld nicht erfüllt haben, streiken in Hollywood Tausende von Autorinnen und Autoren, die Drehbücher schrieben. Ihre Gewerkschaft hatte nach erfolglosen Verhandlungen über bessere Arbeitsbedingungen am 02.05.2023 einen Streik ausgerufen. Einen Tag zuvor waren die geltenden Verträge für die Autoren ohne Anschlussregelung ausgelaufen. In einer Urabstimmung Mitte April hatten die Mitglieder der Gewerkschaft Writers Guild of America (WGA) mit einer Mehrheit von knapp 98 Prozent für einen Streik gestimmt, sollten Verhandlungen bis zum 1. Mai kein Ergebnis bringen. Die Gewerkschaft äußerte die Hoffnung, mithilfe von Gesprächen "den Beruf, den wir lieben, zu retten". Nun aber bliebe keine andere Möglichkeit mehr als der Streik.

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Was sind die Forderungen der WGA?

Angesichts des großen Wachstums - vor allem der Streaming-Branche - fordern die Drehbuchautoren mehr Gehalt und eine höhere Gewinnbeteiligung. Die hohe Inflation hat zu Reallohnverlusten der Schreibenden geführt und viele in Existenznot gebracht. Bislang erhalten sie nur ein fixes jährliches Honorar, auch wenn sich Serien wie "Bridgerton" oder "Stranger Things" zu weltweiten Erfolgen entwickeln und von hunderten Millionen Zuschauern gesehen werden. Zudem bleiben die Serien oft jahrelang auf den Plattformen. Die Autoren fordern daher eine Überarbeitung der geltenden Regeln für ihre Vergütung. Zu den Streitthemen gehört auch die Möglichkeit, an mehreren Projekten zu arbeiten. Außerdem verlangt die WGA höhere Zuschüsse für die Kranken- und Altersversorgung der Kreativen. Und: Die Autoren wenden sich gegen die Verwendung von KI, mit der aus alten Serien neue Drehbücher erzeugt werden könnten, sofern dafür keine neuen Autorenhonorare fällig würden.

Wie reagieren die Filmgesellschaften?

Die Film- und TV-Studios werden von der Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) vertreten. Der Verband erklärte, Ziel sei eine faire und vernünftige Einigung. Die Film- und Fernsehproduzenten hätten ein Angebot vorgelegt, das "großzügige Vergütungserhöhungen der Autoren" beinhalte, hieß es in einer Mitteilung der AMPTP. Die Organisation sei bereit, ihr Angebot zu erhöhen, dem stünden jedoch andere Forderungen der WGA im Wege. Die Gewerkschaft reagierte ablehnend: Zwar habe der Verhandlungsausschuss den Prozess mit der Absicht begonnen, eine faire Vereinbarung zu erzielen, hieß es in einer Mitteilung auf Twitter. Die Antworten der Studios seien jedoch "angesichts der existenziellen Krise, mit der unsere Autoren konfrontiert sind, völlig unzureichend gewesen".

Welche Auswirkungen hat der Streik aufs Film- und Seriengeschäft?

Viele Film- und Fernsehprojekte in Hollywood werden später fertig, wenn überhaupt. Damit müssen sich Kinofans und Streaming-Kundschaft auf eine ungewisse Veröffentlichung von geplanten Filmen und Serien einstellen. Die in den USA populären Late-Night-Shows müssen voraussichtlich sofort gestoppt werden, denn ohne Gagschreiber dürfte ihnen der Stoff fehlen. Beim Streik 2007/2008 gingen die Schreiber 100 Tage lang in den Ausstand, die Auswirkungen waren gravierend: Die Dreharbeiten zu mehr als 60 TV-Shows wurden eingestellt, Filmprojekte verschoben und Gala-Shows abgesagt. Der finanzielle Verlust für die Unterhaltungsbranche wurde damals auf Hunderte Millionen Dollar geschätzt.

Welche Prognosen geben Branchenkenner für den Verlauf des Streiks ab?

Dieser Streik könne Wochen oder sogar Monate andauern, schreibt die Los Angeles Times. Er könne einen Großteil der Fernseh- und Filmproduktion im ganzen Land zum Erliegen bringen und sich auch auf benachbarte Branchen auswirken, zum Beispiel auf Caterer, Floristen und Requisiteure. Der Streik falle in eine schwierige Zeit für die Region Los Angeles, in der viele Unternehmen noch immer versuchten, sich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu erholen.
Quellen: Katharina Wilhelm, dpa, sc
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