Hongkonger Aktivist Joshua Wong

Das Gesicht der Demokratie-Bewegung

03:40 Minuten
Joshua Wong steht vor den Toren des Hongkonger Polizeipräsidiums. Umringt von Journalisten und Kameras spricht er zu Demonstranten.
Joshua Wong spricht in Hongkong vor dem Polizeipräsidium zu Demonstranten. © Imago/Zuma/ Chan Long Hei
Von Steffen Wurzel |
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Der Hongkonger Demokratie-Aktivist Joshua Wong ist seit seiner Rolle bei den "Regenschirm-Protesten" 2014 weltberühmt. Nun wirbt er in Berlin um politische Unterstützung für die Massenproteste in seiner Heimat.
Heute ist Joshua Wong eine Art Cheflobbyist für die Hongkonger Anti-Regierungsproteste - und das, obwohl er bei den seit Juni andauernden Massenprotesten eigentlich keine große Rolle spielt. Nun ist der 22-Jährige Aktivist in Berlin angekommen, um für sein Anliegen zu werben. Aber es ist wichtig, seinen Werdegang mitzudenken.

Die Regenschirm-Bewegung 2014

Herbst 2014. In der früheren britischen Kolonie Hongkong gehen Zehntausende Studentinnen und Studenten auf die Straßen. Wochenlang. Sie protestieren für mehr Demokratie in Hongkong, für ein allgemeines und freies Wahlrecht in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Viele haben Regenschirme dabei, sie geben den Aktionen den Namen: Regenschirm-Bewegung.
Einer der Organisatoren ist der damals 17-jährige Studentenanführer Wong Chi Fung, alias Joshua Wong. Er steht auf improvisierten Bühnen, hält Reden und mobilisiert zigtausende junge Menschen in Hongkong, sich der Protestbewegung anzuschließen. Wochenlang blockieren die jungen Demonstranten den Stadtbezirk Central. Doch nach rund zweieinhalb Monaten verlieren die Regenschirm-Proteste an Schwung. Vor allem viele Banker, Angestellte und Behördenmitarbeiter werfen Joshua Wong und seinen Mitstreitern vor, das Wirtschaftsleben der Finanzmetropole unnötig lahm zu legen.
Eine Frau steht mit dem Rücken zu einer Hongkonger Polizeieinheit gewandt und hält ihren gelben Regenschirm in die Höhe.
Während der Hongkonger Demonstrationen im November 2014 steht eine Frau vor einer Polizeieinheit und hält ihren Regenschirm in die Höhe.© Getty Images/Chris McGrath
Anfang Dezember verkündet die Regenschirm-Bewegung um Joshua Wong den Rückzug. Doch internationale Medien sind auf den selbstbewussten Joshua Wong aufmerksam geworden. Das US-Politik-Magazin "Foreign Policy" zählt den aus einer christlich-konservativ Familile stammenden Joshua Wong zu den weltweit hundert einflussreichsten Denkern des Jahres 2014. Er wird sogar für den Friedensnobelpreis ins Gespräch gebracht. Beim Streamingdienst Netflix erscheint eine aufwendige Doku über den Aktivisten. In Hongkong kämpft Joshua Wong weiter für Demokratie. Mit einigen Mitstreitern gründet er 2016 die politische Gruppierung "Demosisto".
"Das Recht auf Selbstbestimmung ist der wichtigste politische Inhalt für Demosisto", sagt er damals. "Es geht mir um die Frage: Wie können wir in Hongkong echte Demokratie und Selbstbestimmung erreichen? Ein Land, ein System? Ein Land, zwei Systeme oder Unabhängigkeit? Die Hongkonger sollten selbst über ihre Zukunft entscheiden und nicht die Kommunistischen Führung in Peking."

Staatsfeind für Peking

Für die chinesische Staats- und Parteiführung ist Joshua Wong auch wegen solcher Aussagen ein Staatsfeind. Die allesamt staatlich kontrollierten Medien in Festlandchina bezeichnen ihn als Separatisten und Verräter. Die von Chinas Zentralregierung unterstützten Behörden in Hongkong klagen den Aktivisten an, lassen ihn festnehmen. 2017 wird er mit anderen Regenschirm-Aktivisten zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, wegen der Teilnahme an nicht genehmigten Versammlungen.
Seit Juni dieses Jahres gehen in Hongkong wieder Menschen für Demokratie und gegen den wachsenden Einfluss der Pekinger Führung auf die Straßen. Die Demonstrationen sind nochmal deutlich größer als die Regenschirm-Proteste vor fünf Jahren. Anders als damals sind sie komplett dezentral und kleinteilig organisiert.

Heute in der Nebenrolle

Joshua Wong spielt bei den Massenprotesten bisher nur eine Nebenrolle. Doch er nutzt seine internationale Bekanntheit. Er tritt als eine Art Cheflobbyist für die Bewegung auf, gibt Interviews für internationale Medien, reist um die Welt und trifft politische Entscheider, um für die Anliegen der Demonstranten zu werben. Bescheiden tritt Joshua Wong dabei nicht auf, ganz im Gegenteil. Sehr eindrücklich und mit markigen Worten warnt der heute 22-Jährige vor Chinas Staats- und Parteiführung. So sagte er Mitte August im Gespräch mit der ARD:
"Hongkong könnte seinen Status als internationale und autonom regierte Weltstadt verlieren, wegen der Bedrohung aus Peking. Deswegen kämpfen wir weiter. Wie diese "David-gegen-Goliath"-Schlacht ausgeht, wissen wir nicht. Aber trotzdem: Jetzt oder nie."
Vergange Woche Besuch in Taiwan, diese Woche in Deutschland, danach geht es für Joshua Wong weiter in die USA. Chinas Staatsmedien sehen in dieser regen Reisetätigkeit einen weiteren Beleg dafür, dass Joshua Wong ein Verräter sei und ein vom Ausland fremdgesteuerter Agitator.
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