Ausstellung „Horror im Comic“

Moralische Geschichten im Horrorgewand

10:49 Minuten
Das Cover einer Ausgabe des Comic-Heftes "Vault of Horror" zeigt eine Frau, die erschrocken erkennt, dass  unter ihrem Weihnachtsbaum ein Sarg steht. Hinter ihr steht ein Mann, der mit einem Spaten ausholt, um sie niederzuschlagen.
Horror-Comics gibt es seit den 1950er-Jahren. Das Cover für diese Ausgabe von "Vault of Horror" aus dem Jahr 1954 zeichnete Johnny Craig. © William M. Gaines Agent, Inc.
Alexander Braun im Gespräch mit Boussa Thiam |
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Zombies, Dracula und Mangamonster: Seit 70 Jahren gib es Horror-Comics. Eine Ausstellung zeigt ihre Geschichte anhand von fast 80 Original-Exponaten. Kurator Alexander Braun sagt, die Werke seien immer auch ein Reflex auf das gesellschaftliche Klima.
„Man muss sich das ja nicht angucken“, sagt Alexander Braun an alle gerichtet, die es grausen könnte in der Ausstellung „Horror im Comic“. Wer davon Albträume bekomme, nutze das Angebot eben nicht. „Aber der kausale Umkehrschluss kann nicht sein, dass es das nicht geben darf.“
Braun, Kurator der Ausstellung, verweist damit auf die Geschichte des Horror-Comics, die auch eine Geschichte der Zensur ist.

Vehemente Opposition gegen das Comic-Heft

Das Comic-Heft gibt es laut Braun seit den 1930er-Jahren. 1938 tauchten in US-Comic-Heften erstmals die Superhelden auf. Diese Hefte blieben noch unangefochten, denn in den Kriegsjahren machten sie Propaganda für die westliche Sache und gegen Hitler sowie Japan, sagt Kurator Braun. Nach dem Krieg änderte sich das, es setzte eine „vehemente und grundsätzliche Opposition gegen das Comic-Heft“ ein, erzählt er. 1954 gipfelte sie in der Einführung des „Zensur-Codes“: Horror und Crime kamen auf den Index, es gab strikte thematische Vorgaben. Comics, die sich etwa mit Politik oder Religion auseinandersetzten, waren nun verboten.

Kulturkampf der Erwachsenen gegen eine Jugendkultur

Als einen Grund für die „Opposition“ gegen die Hefte sieht der Experte auch, dass Comics vor allem von Kindern und Jugendliche mit ihrem Taschengeld gekauft wurden:

Wir haben da einen Kulturkampf der Erwachsenen gegen eine erste Jugendkultur des 20. Jahrhunderts.

In der Tradition der US-Kurzgeschichte

Herausragend in dieser frühen Zeit des Horror-Comics ist nach Ansicht des Experten der EC-Verlag. Dessen Verleger habe damals die besten Zeichner engagiert, die Verlagsautoren sahen sich in der Tradition der amerikanischen Kurzgeschichte. Aber auch der moralische Anspruch der EC-Autoren war hoch: „In ihrer Horrorverpackung standen sie ganz fest auf den Werten der amerikanischen Verfassung“, sagt Braun.
Die Autoren hätten Horrorgeschichten gegen Rassismus, Antisemitismus und Militarismus erzählt und sich gegen das Lynchen und den Ku-Klux-Klan ausgesprochen. „Diese Geschichten sind in ihrem Herzen zutiefst moralisch“, so Braun. Der Kunsthistoriker sieht sie in der Tradition der Moritaten, die man bis ins Mittelalter zurückverfolgen könne. „Es war eine Sternstunde der Comic-Geschichte.“ Dennoch war gesellschaftliche Klima in den USA gegen den Comic.

Nah an gesellschaftlichen Entwicklungen

Bis heute seien Comics „ein ganz starker Reflex des gesellschaftlichen Klimas“, glaubt Braun. Als Massenmedium seien sie „immer sehr nah an gesellschaftlichen Entwicklungen“.

Die Ausstellung „Horror im Comic“ läuft vom 18. Februar bis 14. August 2022 im schauraum Dortmund.

(tmk)
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