Horrorfilm "Candyman"

Tod aus dem Spiegel

06:38 Minuten
Szene aus dem Film "Candyman": ein verwüstetes Zimmer, links steht ein Mädchen, das zum Fenster blickt, auf dessen Rand ein Mann sitzt und zu ihm schaut. (links: Hannah Love Jones, rechts: Carl Clemons-Hopkins)
Der erste "Candyman" wurde aus einer dezidiert weißen Perspektive erzählt. In der Fortsetzung sind die Protagonisten schwarz. © picture alliance / Everett Collection / Universal
Jochen Werner im Gespräch mit Massimo Maio |
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Der Horrorklassiker "Candyman" bekommt eine Fortsetzung: Der Film über Rassismus, Gentrifizierung und die Kunstwelt wird, anders als der erste Teil, aus schwarzer Perspektive erzählt, ist aber inhaltlich zu vollgestopft, meint Kritiker Jochen Werner.
Der Film "Candyman" von 1992 gilt als ein Meilenstein des rassismuskritischen Horrorfilms und hat nun eine Fortsetzung bekommen, ebenfalls unter dem Titel "Candyman". In dem fast 30 Jahre alten Klassiker kehrt ein Schwarzer, der im 19. Jahrhundert von einem Lynchmob getötet wurde, in die Welt zurück, um sich zu rächen – und zwar immer genau dann, wenn jemand in den Spiegel schaut und fünf Mal "Candyman" sagt.
Die Geschehnisse aus dem ersten Film sind im neuen "Candyman" von Regisseurin Nia DaCosta zur urbanen Legende geworden. Ein Künstler, der in den Bann der Erzählung und des Candymans gerät, und seine Partnerin, eine Kuratorin, sind die Protagonisten der Fortsetzung. Das Paar aus der Kunstszene lebt in dem Teil Chicagos, wo auch der erste "Candyman" spielte: Die Gegend, in dem sich damals ein heruntergekommener Sozialwohnungsblock befand, in dem hauptsächlich arme schwarze Menschen lebten, ist inzwischen komplett durchgentrifiziert mit schicken Eigentumswohnungen.
Schon der erste "Candyman" sei auch ein Film über Architektur und Stadtentwicklung gewesen, berichtet der Filmkritiker Jochen Werner. Die Protagonisten im neuen "Candyman" seien urban, hip, queer – und als Privilegierte eben Teil des Gentrifizierungsproblems. "Der Schmutz und die Armut sind längst unter den glänzenden Oberflächen der wohlhabenden Kunstwelt verschwunden, aber die Geister spuken dort eben immer noch."

Von der weißen zur schwarzen Perspektive

Der erste "Candyman" wurde aus einer dezidiert weißen Perspektive erzählt, die über die Jahre immer stärker in die Kritik geraten sei, sagt Werner. "Wenn man das mit dem Spiegel mal als ein zentrales Motiv nimmt, dann erzählt "Candyman" eigentlich von einer weißen Gesellschaft, die in den Spiegel schaut und da gewissermaßen die verzerrte Fratze ihrer eigenen Gewalt- und Rassismusgeschichte sieht."
Der neue Film sei nun nicht nur von einer schwarzen Regisseurin gedreht worden, sondern erzähle auch konsequent aus der Sicht von schwarzen Protagonistinnen und Protagonisten.

Nicht konsequent zu Ende gedacht

Werners Fazit zur "Candyman"-Fortsetzung ist allerdings eher gemischt. Der Film habe wirklich tolle, beeindruckende Momente und sei visuell wunderschön, findet der Filmkritiiker: Nia DaCosta erzähle in prägnanten und originellen Bildern. Doch inhaltlich sei "Candyman" vollgestopft mit allen möglichen Ansätzen, nur kaum einer werde wirklich konsequent zu Ende gedacht. Vielmehr stünden sich Handlungsstränge oft eher gegenseitig im Weg.
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