Kranke Kinder leiden unter dem Kontaktverbot
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Es gibt auch Kinder, die zur Corona-Risikogruppe gehören: Sie sind schwer krank und werden vielleicht sogar sterben. Hospize bieten ihnen und ihren Familien Entlastung im Alltag. Zur Zeit steht diese wichtige Arbeit in Frage, zum Beispiel in Syke.
In normalen Zeiten kann das Kinderhospiz Löwenherz in Syke 16 Kinder und Jugendliche aufnehmen und betreut bis zu 70 Familien ambulant. Aber die Zeiten sind nicht normal und deshalb ist das Hospiz gerade leer. Kein Kind ist da, erzählt Fanny Lanfermann, die Geschäftsführerin des Hospizes:
"Es ist eine absurde Situation, wir können dadurch, dass wir jetzt gerade gar keine Kinder haben, - nächste Wochen kommen wieder drei -, aber so können wir unsere Leute gerade gar nicht alle beschäftigen. Und das ist ja sehr absurd, weil wenn wir über Pflegekräfte sprechen, die ja in anderen Bereichen händeringend gebraucht werden."
"Es ist eine absurde Situation, wir können dadurch, dass wir jetzt gerade gar keine Kinder haben, - nächste Wochen kommen wieder drei -, aber so können wir unsere Leute gerade gar nicht alle beschäftigen. Und das ist ja sehr absurd, weil wenn wir über Pflegekräfte sprechen, die ja in anderen Bereichen händeringend gebraucht werden."
Familien kommen sonst gemeinsam
Tatsächlich klingt das absurd, aber es wird verständlich, wenn man sich die Situation vor Augen führt: Normalerweise können in dieses Hospiz ganze Familien mit ihren kranken Kinder einziehen, um dort einen sogenannten Entlastungsaufenthalt zu haben. Viele freuen sich das ganze Jahr über auf diese wichtige Zeit im Hospiz, erzählt Lanfermann, und haben diese Hospizbesuche nun bewusst abgesagt.
"Unsere Koordinatorinnen haben mit jeder Familie persönlich telefoniert und das ausgelotet, auch mit jeder und jedem Ehrenamtlichen, die in diesen Familien sind, um einfach zu gucken, wie die derzeitige Situation ist, ob das aushaltbar ist für die Familien. Die meisten Familien hatten selbst ein kritisches Auge darauf und haben gesagt, sie wollen die Gefahr der Ansteckung ihrer sehr gefährdeten Kinder minimieren."
"Unsere Koordinatorinnen haben mit jeder Familie persönlich telefoniert und das ausgelotet, auch mit jeder und jedem Ehrenamtlichen, die in diesen Familien sind, um einfach zu gucken, wie die derzeitige Situation ist, ob das aushaltbar ist für die Familien. Die meisten Familien hatten selbst ein kritisches Auge darauf und haben gesagt, sie wollen die Gefahr der Ansteckung ihrer sehr gefährdeten Kinder minimieren."
Die freien Plätze sind nun für sterbende Kinder reserviert. Oder solche, die in Krisensituationen sind. Je weniger Kinder dort sind, desto geringer ist auch die Ansteckungsgefahr. Wolfgang Vorwerck, ebenfalls im Vorstand des Kindeshospizes, erklärt, warum man sich für diesen Weg entschieden hat:
"Für uns ist natürlich das Anliegen, erstmal niemanden einem unnötigen Risiko auszusetzen. Das war dann die Haltung zu sagen: Hey, alles was nicht unbedingt zwingend notwendig ist, machen wir nicht. Aber wir haben auch einen Leitsatz der heißt: Wir tragen mit im Leben und im Sterben. Und wenn wir mittragen, dann eben auch in solchen Krisensituationen und wenn nicht wir, wer dann?
"Für uns ist natürlich das Anliegen, erstmal niemanden einem unnötigen Risiko auszusetzen. Das war dann die Haltung zu sagen: Hey, alles was nicht unbedingt zwingend notwendig ist, machen wir nicht. Aber wir haben auch einen Leitsatz der heißt: Wir tragen mit im Leben und im Sterben. Und wenn wir mittragen, dann eben auch in solchen Krisensituationen und wenn nicht wir, wer dann?
Und dann war für uns klar: Für die Familien, die unter Umständen in einer lebensbedrohlichen Krise sind, aber auch in einer ganz praktischen Krise, weil sie sonst die Versorgung nicht gewährleisten können, für die bleiben wir weiterhin so gut wir können und so lange wir können präsent und aktiv."
Telefonisch stünden sie ohnehin regelmäßig mit allen Familien Kontakt, die jetzt einer großen Belastung ausgesetzt seien, auch weil viele Pflegedienste ausfallen und sie die Pflege daheim ganz alleine stemmen müssen.
"Hinzu kommt natürlich: Die Geschwister, die zuhause sind, sind ja auch häufig nicht betreut. Wenn so eine Mutter ein Kind zu betreuen hat, das schafft sie vielleicht noch, das erkrankte Kind. Aber dann sind da noch die anderen Geschwister, die auch Aufmerksamkeit fordern. Dann brechen noch die Großeltern weg. Das ist schon eine sehr besondere Situation, insofern ist das mit Doppelbelastung noch harmlos ausgedrückt."
Sterbende allein lassen?
Die Kinderhospize in Deutschland gehen unterschiedliche Wege, wie sie mit dieser Situation umgehen wollen: In manchen dürfen Angehörige eine Stunde am Tag zu Besuch kommen, andere haben einen vollkommenen Aufnahmestopp erlassen. Das Hospiz Löwenherz bereitet sich auch darauf vor, eine Extra-Corona-Station anzubieten. Das Personal dafür ist da, hat allerdings noch nicht genug Schutzkleidung. Mit Blick auf die Situation in den Alten- und Pflegeheimen kann sich Lanfermann im Moment nicht vorstellen, den Besuch Angehöriger bei sterbenden Kindern zu unterbinden:
"Wir finden, dass gerade jetzt dieses Thema palliative Versorgung Sterbender ein bisschen untergeht in den ganzen Diskussionen. Ich habe Verständnis dafür, dass die Altenheime sagen ‚Wir wollen überhaupt keine Besucher‘. Ich habe weniger Verständnis dafür, wenn auch in der Sterbesituation die Alten ohne Angehörige sein sollen. Ich habe nicht die Lösung parat, wie man das hinbekommen kann, aber ich finde es unabdingbar in einer palliativen Situation, dass die Sterbenden von ihren nächsten Angehörigen begleitet werden können."
Deshalb wird auch für die drei Kinder, die kommende Woche ins Hospiz kommen, nur die das Nötigste angeboten: kein Pool, keine Klangschalen-Therapie und körperliche Nähe nur in Schutzkleidung. Das sei auch für die schwerkranken Kinder nicht leicht, viele von ihnen können nicht sprechen, nicht verstehen, was ihnen gesagt wird. Aber sie spüren, dass etwas anders ist als sonst.
"Wir finden, dass gerade jetzt dieses Thema palliative Versorgung Sterbender ein bisschen untergeht in den ganzen Diskussionen. Ich habe Verständnis dafür, dass die Altenheime sagen ‚Wir wollen überhaupt keine Besucher‘. Ich habe weniger Verständnis dafür, wenn auch in der Sterbesituation die Alten ohne Angehörige sein sollen. Ich habe nicht die Lösung parat, wie man das hinbekommen kann, aber ich finde es unabdingbar in einer palliativen Situation, dass die Sterbenden von ihren nächsten Angehörigen begleitet werden können."
Deshalb wird auch für die drei Kinder, die kommende Woche ins Hospiz kommen, nur die das Nötigste angeboten: kein Pool, keine Klangschalen-Therapie und körperliche Nähe nur in Schutzkleidung. Das sei auch für die schwerkranken Kinder nicht leicht, viele von ihnen können nicht sprechen, nicht verstehen, was ihnen gesagt wird. Aber sie spüren, dass etwas anders ist als sonst.