"Hotels mit Geschichte" präsentieren wir in unserer Sommerreihe in "Studio 9". Hotels erzählen Geschichte und Geschichten, sind Erinnerungsorte und vermitteln Einblicke in den Alltag fremder Kulturen. Hotels regen nicht nur die Fantasie an, beispielsweise von Schriftstellern. Sie erzählen auch von großen Krisen, von Kriegen oder Konferenzen, in denen sich die Weltgeschichte spiegelte.
Symbol der Hoffnung in Mosambik
Kolonialzeit, Unabhängigkeitskampf, Bürgerkrieg, Wiederaufbau und Wirtschaftsaufschwung. Die Geschichte des südostafrikanischen Mosambik ist wechselhaft. In kaum einem Gebäude ist sie so deutlich präsent, wie im palastartigen Luxushotel Polana in der Hauptstadt Maputo.
"Welcome to Polana Serena Hotel"
Formvollendet begrüßt Chefportier Luís Nhaca jeden einzelnen Gast. Stets freundlich lächelnd - und das schon seit über 35 Jahren:
"Schon mein Vater hat als Portier im Polana gearbeitet. Es war mir eine Ehre, in seinen Fußstapfen zu folgen. Denn das Polana ist Teil der Geschichte Maputos. Es ist das älteste - und wenn ich das so ausdrücken darf – auch das beste Hotel in ganz Mosambik."
Kerzengerade steht der 55-Jährige vor dem Eingang des palastartigen Gebäudes. An seinem schwarzen Zylinder und seiner bordeauxroten Livree hat er Anstecker angebracht, die ihm Gäste aus aller Welt geschenkt haben. Geschäftsleute, Prominente, Künstler, Staatsmänner.
"Ich habe viele schöne Erinnerungen. Einmal kam unser ehemaliger Präsident Armando Guebuza nach einem Staatsbankett auf mich zu, schüttelte meine Hand und sagte: "Nhaca, Sie sind ein hervorragender Botschafter für unser Land." Eine solche Anerkennung, noch dazu von einem Staatsoberhaupt, ist natürlich wundervoll."
Zeitreise in die portugiesische Kolonialvergangenheit
Der Gang durch das Foyer gleicht einer Zeitreise in die portugiesische Kolonialvergangenheit: weißer Marmor, antike Holzmöbel, Kronleuchter, Flügeltüren zum Pool. In diesem luxuriösen Ambiente sollen sich neben den Reichen und Schönen, während des Zweiten Weltkriegs auch Spione getummelt haben, erzählt Luís Nhaca schmunzelnd. Aber natürlich hätten sie keine sichbaren Spuren hinterlassen. Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden zeigen deshalb nur Pferdekutschen und Damen mit Sonnenschirmen, die in der gepflegten Parkanlage lustwandeln.
"Als ich 1979 hier meine Arbeit aufnahm, sah das Hotel nicht so schön aus wie damals, oder so prächtig wie heute. Denn nachdem wir hier in Mosambik die Unabhängigkeit errungen hatten, brach der Bürgerkrieg aus. Das waren schlimme Zeiten. Maputo galt zwar als sicher, weil vor allem in der Provinz gekämpft wurde, aber es fehlte auch hier an allem. Manchmal gab es nicht einmal mehr Brot. Aber in den letzten Jahren hat sich die Situation wieder spürbar verbessert: Die Touristen kehren zurück. Das Polana ist liebevoll restauriert worden. Die Stadt entwickelt sich. Das ist der Fortschritt, auf den wir gewartet haben."
Dank eines Rohstoffbooms wächst die mosambikanische Wirtschaft kräftig. Überall in Maputo wird gebaut. Selbst die malerische Aussicht vom Pool des Polana auf die Bucht des Indischen Ozeans wird durch Baukräne verstellt.
Ein guter Ort für Geschäftsabschlüsse
Auf den antiken Möbeln im Salon haben es sich Frauen in Cocktailkleidern und Männer in teuren Anzügen bei einem Drink bequem gemacht. Ein guter Ort für lukrative Geschäftsabschlüsse oder prestigeträchtige Veranstaltungen. Im Ballsaal, der in den Krisenjahren in ein Spielkasino umfunktioniert worden war, hängen wieder prächtige Kronleuchter. Auf der Terrasse plätschert ein überdimensionaler Springbrunnen. Hier könne man wunderbar eine Auszeit vom sonst ziemlich chaotischen Alltag in Maputo nehmen, meint Eneida Pitroce. Wie viele Einheimische gönnt sich die junge Frau hier gern einen Fünfuhrtee. Das koloniale Flair empfindet sie dabei nicht als Widerspruch:
"Das Polana steht für Geschichte und für Kultur. Das Hotel gab es schon lange, bevor ich geboren wurde. Für uns Mosambikaner ist es ein Teil unserer Geschichte. Es ist eines der Gebäude, das die Jahrzehnte überdauert hat. Damit repräsentiert es alles, was wir erreicht haben. Es ist keine Ruine. Wir haben es erhalten. Selbst während der Kriege, in Zeiten voller Schmerz und Leid. Es verkörpert also all das, was wir selbst durchgehalten haben. Wir alle stehen noch immer."
So hat sich das Polana von einem Monument der Kolonialzeit auf wundersame Weise zu einem Symbol für die Widerstandskraft der Einheimischen und ihre Hoffnungen für die Zukunft gewandelt.