Gespenstische Parallelen zum Attentat auf "Charlie Hebdo"
Hat Michel Houellebecq mit seinem Roman "Soumission" die Anschläge auf das Satire-Magazin "Charlie Hebdo" vorausgesehen? Wegen der aktuellen Ereignisse hat der Autor die Werbetour für sein Buch unterbrochen. Darüber berichtet der Literaturkritiker Dirk Fuhrig.
Houellebecqs neuer Roman war am 7. Januar, dem Tag des Terroranschlags auf die Redaktion von Charlie Hebdo, erschienen. Am Freitag hat sich der Schriftsteller aus Paris zurückgezogen, wie ein Sprecher seines Verlages Flammarion bestätigte. Wie lange er wegbleiben werde, sei nicht bekannt. Er halte sich aber immer noch in Frankreich auf. Houellebecq trauere um seinen Freund Bernard Maris, der bei dem Anschlag starb. Die Werbung für seinen neuen Roman "Soumission" will Houellebecq vorläufig aussetzen.
Auf Deutsch erscheint der Roman mit dem Titel "Unterwerfung" wie geplant am 16. Januar. Der DuMont Buchverlag würde die Veröffentlichung zwar nach eigenen Angaben gern verschieben, das sei aber technisch nicht möglich. Laut Verlag wird auch eine für den 19. Januar angesetzte Lesung in Köln stattfinden. Der Roman ist eine politische Fiktion, in der im Jahr 2022 ein radikaler Muslim Präsident Frankreichs wird.
Roman skizziert Spaltung der französischen Gesellschaft
Der Literaturkritiker Dirk Fuhrig hält "Soumission" einerseits für einen "tollen, sprachlich ausgefeilten" Roman. Andererseits sei das Buch vor dem Hintergrund der in Frankreich verbreiteten Islamfeindlichkeit "brandgefährlich". Es sei natürlich eine "gespenstischen Verquickung", dass Houellebecq in seinem Roman diese Aufspaltung der französischen Gesellschaft zwischen extremen Rechten und einer islamischen Partei, die in dem Buch gegründet wird, skizziere.
Ein für Freitag Abend geplantes Interview mit Houellebecq im französischen Fernsehen wurde kurzfristig zugunsten einer Sondersendung zu den aktuellen Ereignissen abgesagt. Auch die Debatte über Houellebecqs Buch in der französischen Öffentlichkeit sei zwischenzeitlich erloschen, so Literaturkritiker Fuhrig. "Bei so einer brutalen aktuellen Lage spricht man nicht über Literatur."