Hubertus Butin: "Kunstfälschung. Das betrügliche Objekt der Begierde"
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
476 Seiten, 28 Euro
"Es wird eine Pleitewelle geben"
29:59 Minuten
Die Corona-Krise hat auch den Kunstmarkt kalt erwischt. Umsatzeinbrüche von bis zu 90 Prozent bedrohen die Existenzgrundlage von Künstlerinnen und Künstlern. Sollte der Staat oder die Länder nun den Kunstbetrieb retten? Gar selbst Kunst kaufen?
Kunstmessen wie die Art Cologne in dieser Woche oder die Art Basel im Juni sind abgesagt oder verschoben, das legendäre Gallery Weekend in Berlin auch. Galerien waren landesweit geschlossen und beginnen jetzt wieder zu öffnen, doch Sammlerinnen und Sammler haben derzeit anderes zu tun als Kunst zu kaufen. Hitzige Auktionen in einem vollbesetzten Saal sind derzeit undenkbar. Der Kunstmarkt steht still.
Das bedroht den Kunstbetrieb im Ganzen, glaubt der Kunsthistoriker und Kurator Hubertus Butin. "Es wird eine Pleitewelle geben", prognostiziert er im Blick auf die mittelständischen Galerien, die eigentlich die Graswurzelarbeit für das Kunstsystem leisten, die Künstler entdecken, Museumsausstellungen ermöglichen, Kataloge publizieren und Künstlerinnen und Künstlern ihren Lebensunterhalt sichern.
"Kunst und Kultur sind ein ganz wesentlicher und bedeutungsvoller Bestandteil unseres Gemeinwesens", betont Hubertus Butin. Deshalb sei es selbstverständlich und legitim, wenn jetzt Künstlerverbände und der Kulturrat ein Nothilfeprogramm für Künstlerinnen und Künstler fordern. Kunst sei nicht das Sahnehäubchen auf dem Kuchen, so Butin.
Kunst in der Krise
Deutschlandfunk Kultur: Eigentlich hätte Hubertus Butin heute keine Zeit für uns. Als Kunsthistoriker hat er lange Zeit im Atelier von Gerhard Richter gearbeitet. Heute kuratiert er Kunstausstellungen, berät Auktionshäuser, Sammler und auch das eine oder andere Landeskriminalamt, wenn es um Kunstfälschungen geht. Denn dazu hat er gerade ein tolles Buch geschrieben.
Und warum hätte er keine Zeit? Weil in dieser Woche die bedeutendste deutsche Kunstmesse, die Art Cologne, und nächste Woche das Gallery Weekend in Berlin in seinem Terminkalander gestanden hätten. Hätte, hätte, Corona – alles abgesagt, bzw. verschoben auf den September. Ob das dann stattfinden kann, ist heute mehr als fraglich. Der Kunstmarkt steht still. Manche sagen sogar: Er ist zusammengebrochen. – Herr Butin, ist das denn so? Ist der Kunstmarkt und damit die Existenzgrundlage für viele tausend Künstlerinnen und Künstler, Galeristen, Rahmenbauer, Kunstauktionäre, Kuratorinnen und Kritiker zusammengebrochen?
Hubertus Butin: Ich glaube, das ist etwas übertrieben. Also, komplett zusammengebrochen ist der Kunstbetrieb noch nicht. Aber der Kunstbetrieb ist sicherlich in einer sehr, sehr großen Krise und braucht also dringend von staatlicher Seite auf jeden Fall Unterstützung. Viele Galeristen, Künstler, natürlich auch Kinos, Theater usw. haben keine Einnahmen mehr, haben große existenzielle Sorgen. Also, das ist schon eine außergewöhnliche Krise.
Deutschlandfunk Kultur: Künstlerverbände und Kulturrat, Kulturschaffende schlagen wirklich Alarm zurzeit, sagen: "Wir müssen unbedingt staatlich gefördert werden". Mittlerweile ist das auch in der Politik angekommen. Angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise in der Kulturszene fordern die Länder mehr Einsatz vom Bund. "Es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung, um eine drohende Verarmung der Kunst- und Kulturlandschaft nach der Corona-Krise zu verhindern", heißt es zum Beispiel in einem Schreiben der Ministerrunde an die Kulturstaatsministerin Monika Grütters und den Minister für Finanzen und Wirtschaft, Olaf Scholz, sowie Peter Altmeier: "Es handelt sich um eine Sondersituation, die einen gesamtstaatlichen Kraftakt innerhalb der föderalen Ordnung einfordert."
Ist das aus Ihrer Sicht wirklich gerechtfertigt? Ich meine, die Gastronomie muss unterstützt werden, die produzierende Industrie, die Tourismusindustrie – und jetzt auch noch die Künstler?
Nothilfeprogramme für Künstler
Butin: Es ist sicherlich für den Staat, die Länder und die Kommunen schwierig, weil jetzt alle Bereiche der Gesellschaft die Hand aufhalten und dringend Unterstützung brauchen. Das kann ich schon verstehen. Aber selbstverständlich ist es völlig legitim, dass auch die Künstler und Künstlerinnen und auch die Kulturinstitutionen ebenfalls sich melden und sagen, "Wir haben große existenzielle Probleme", und um Unterstützung bitten. Also, das ist völlig legitim und ganz selbstverständlich.
Wenn man bedenkt, dass ein riesiger Konzern wie Adidas jetzt Milliarden Unterstützung bekommt, obwohl es dem Konzern – soweit ich weiß – eigentlich recht gut geht, ist es jetzt keine übertriebene Forderung, dass zum Beispiel hier in Berlin, wie ich gehört habe, im April der Senat ein Soforthilfeprogramm von dreißig Millionen Euro aufgelegt hat. Das ist relativ wenig Geld im Verhältnis zu dem, was Konzerne bekommen.
Deutschlandfunk Kultur: Insgesamt, das hat ja Kulturstaatsministerin Monika Grütters diese Woche im Kulturausschuss gesagt, habe es ja eben diese große Anstrengung für die Solo-Selbständigen, und die meisten Künstlerinnen und Künstler sind Solo-Selbständige, gegeben mit insgesamt einem Volumen im ganzen Land von 156 Mrd. Euro. Das betrifft allerdings auch Kiosk-Besitzer, Döner-Buden-BesitzerInnen, FrisörInnen usw. Da hätten die Künstler eben auch ordentlich profitiert, sagt Frau Grütters und spielt den Ball an die Länder eigentlich wieder zurück.
Butin: Ich glaube, das, was die Kulturminister der Länder momentan fordern von Frau Grütters, ist ja, dass ein gemeinsamer Notfallfond von Bund und Ländern aufgestellt wird. Ich kann mir schon vorstellen, dass das absolut sinnvoll ist, weil, Sie wissen ja, dass die Bundesländer einen Flickenteppich bilden in der Hinsicht, dass eben jedes Land seine eigene Hilfspolitik betreibt und eine sehr unterschiedliche Hilfspolitik betreibt. Meines Wissens bekommen die Künstler in Nordrhein-Westfalen nur 2.000 Euro. In Berlin konnte man aber zwischen 5.000 und 9.000 Euro bei der Investitionsbank Berlin beantragen. Das heißt, die Hilfen sehen einfach sehr unterschiedlich aus. Es wäre sicherlich gut, das entweder zu vereinheitlichen oder zumindest eben gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, den Kulturschaffenden zu helfen.
Deutschlandfunk Kultur: Statistisch gesehen ist ja die Gruppe der Bildenden Künstler, sage ich jetzt mal, eine relativ kleine. Also, so in der Statistik, also erhoben natürlich über die Einkommenssteuererklärung, sind knapp über 10.000 Bildende Künstler in Deutschland gelistet. Es gibt natürlich viel, viel mehr, wenn man die ganzen Studierenden noch dazu nimmt usw. usw.
Angesichts von, sagen wir, 143.000 FriseurInnen, denen es jetzt auch nicht gut geht, die aber weniger Lobby haben, weil sie keinen Kulturrat haben im Hintergrund, ist der Lärm der Künstler schon sehr groß. Oder?
Butin: Ja, aber trotzdem: Das ist eigentlich kein Argument, dass die Gruppe der Betroffenen kleiner ist als andere Berufsgruppen. Das ist kein Grund. Vielleicht ist aber das der Grund, warum Künstler oder der Kulturrat vielleicht etwas vehementer sich versuchen Gehör zu verschaffen. Aber legitim ist es auf jeden Fall.
Kunstmarkt ist mehr als Kommerz
Deutschlandfunk Kultur: Aber ist es nicht ein Luxus-Phänomen – Kunst?
Butin: Nein, das ist es überhaupt nicht. Kürzlich hat Herr Demandt vom Städel-Museum in Frankfurt gesagt: "Kunst ist nicht nur das Pausenbrot." – Man könnte auch sagen: "Es ist nicht nur das Sahnehäubchen auf dem Kuchen." Kunst und Kultur sind ein ganz wesentlicher und bedeutungsvoller Bestandteil unseres Gemeinwesens. Gerade jetzt in der Krise merken wir das ja auch. Ich leide sehr darunter, dass ich abends nicht ins Kino gehen kann, auf kein Konzert gehen kann, zu keinem Vortrag, nicht ins Theater usw. Also, das ist schon etwas für unsere Gesellschaft Lebensnotwendiges.
Außerdem: Stellen Sie sich vor, Berlin ohne Kultur oder mit extrem abgespeckter Kultur. Wir sind hier keine Bankenstadt. Wir sind keine Industriestadt. Die Touristen kommen doch nicht wegen der Politik oder der Natur nach Berlin, sondern wegen der Museen, Theater, Konzerthäuser, Schlösser usw. Deshalb ist es einfach zum Beispiel auch für die Städte oder für eine Stadt wie Berlin extrem wichtig, Kultur zu erhalten, zu sichern und zu fördern – eben besonders in einer solchen Krise wie jetzt.
Deutschlandfunk Kultur: Gerhart Baum, der FDP-Politiker und ehemalige Innenminister, hat kürzlich gesagt, eine umfassende Künstlerförderung in der Krise finde nicht statt, also an die Adresse von Frau Grütters. "Das entspricht in keiner Weise der Bedeutung der Kunst in einer freiheitlichen Gesellschaft gerade jetzt in der Krise." Kunst und Kultur seien in ihrer Weise systemrelevant, hat er gesagt. "Kunst ist keine Branche wie jede andere. Ihr Produkt ist einzigartig. Sie ist in besonderer Weise durch das Grundgesetz geschützt." – Ist das denn so, Kunst als der Hort des Guten, Wahren, Schönen?
Butin: Das ist jetzt vielleicht etwas altmodisch oder etwas sehr idealistisch ausgedrückt, aber ich glaube schon, dass für unsere Gesellschaft Kunst systemrelevant ist. Die Bedeutung der Kultur ist sehr groß in vielerlei Hinsicht, nicht nur wirtschaftlich. Kunst ist aber eben auch ein ganz bedeutender wirtschaftlicher Faktor für Deutschland. Ich kenne jetzt die Zahlen für unser Land nicht, aber ich weiß, dass weltweit jedes Jahr ungefähr 65 bis 68 Mrd. Dollar allein im Kunsthandel umgesetzt werden. Also, das zeigt schon deutlich, dass es ein ökonomischer Faktor ist. Aber es ist natürlich auch ein gesellschaftlicher und psychologischer Faktor. Für mich ist die sinnliche und geistige Auseinandersetzung mit Kultur extrem wichtig.
Ich meine, selbst die Menschen, die sich jetzt nicht für Bildende Kunst interessieren, die gibt es ja durchaus, aber die lesen dann mal ein Buch oder sie gehen mal ins Theater oder sie gehen auf ein Rock-Konzert oder sie gehen mal abends ins Kino. Das ist ja auch alles Kultur. – Und möchten wir das missen?
Stunde Null im Kunstsystem?
Deutschlandfunk Kultur: Nein, natürlich, Sie möchten es nicht missen, ich möchte es nicht missen, aber im Blick auf die Bildende Kunst habe ich so den Eindruck, dass Gerhart Baum aus einer ganz anderen Perspektive, aus einer Generationenperspektive das beurteilt. Der hat die Stunde Null 1945 mit erlebt und hatte da ein ganz anderes Bild eben auch von der Rolle von Kultur, als es vielleicht auch heute ist. Heute ist Kultur demokratisiert. Zwischen U und E gibt’s keinen Unterschied mehr, Sie haben Rockkonzerte und Kunstausstellungen gleichgesetzt.
Hat sich da auch was geändert im heutigen politischen Umgang mit der Kunst – jetzt im engeren Sinne, der Bildenden Kunst?
Butin: Also, der Grund, dass Herr Baum das vielleicht so etwas emphatisch oder pathetisch ausgedrückt hat, liegt vielleicht daran, dass er eben ganz andere Zeiten erlebt hat, wie den Krieg oder die Nachkriegszeit, wo eben die Kultur erstmal völlig brach lag. Und wir sind es heute gewohnt, dass Kultur einfach etwas völlig Selbstverständliches ist, und konnten uns das ja bis vor Kurzem überhaupt nicht vorstellen, dass eine solche Krise wie jetzt möglich ist.
Aber ich glaube letztendlich, dass es nichts daran ändert, ob man jetzt nun achtzig ist oder 85 oder ob man ein junger Mensch ist. Ich glaube, niemand möchte auf Kultur verzichten. Also, das ist für mich unvorstellbar.
Galerien fordern vom Land: Kunst kaufen!
Deutschlandfunk Kultur: Blicken wir nochmal zurück auf eine besondere Initiative, die mir aufgefallen ist, aus Nordrhein-Westfalen. Da haben die Galerien sich zusammengetan und einen Brandbrief an den Ministerpräsidenten Laschet geschrieben. Kunstförderung sei eben auch Ländersache. – Das haben Sie eben auch schon mit dem Flickenteppich-Bild gesagt. – Und die Galerien haben gefordert, dass das Land Kunst ankaufen solle, und zwar in einem Bereich von einem zweistelligen Millionenbetrag, um eben diese ganze Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Und es sei eine Win-Win-Situation", also, ausgehend von einem Kunsthändler Rupert Pfab, der eine Galerie in Düsseldorf betreibt: Das Land solle eben Kunst von den Galerien kaufen, von Künstlern, die in Nordrhein-Westfalen auch arbeiten. Und dann habe es auch was, einen materiellen Gegenwert und eben auch eine Unterstützung der Museen. Und das käme ja auch der Öffentlichkeit zugute. – Was halten Sie von dieser Initiative?
Butin: Das ist eine interessante Idee. Es wäre tatsächlich, wenn das umgesetzt würde, eine Win-Win-Situation für beide, also, für den Kunsthandel und das Land. Nun bin ich aber kein Galerist. Ich denke, die Betroffenen werden das vielleicht besser noch beurteilen können als ich. Aber unzweifelhaft ist, dass auch der Kunsthandel tatsächlich in einer sehr, sehr großen Krise steckt.
Dominique Lévy, eine der weltweit führenden Kunsthändlerinnen für zeitgenössische Kunst, für die ich als Autor in New York und London auch mal also als Autor arbeiten durfte, meinte kürzlich in einem Interview, aufgrund der Krise könnten im internationalen Kunsthandel 90 bis 95 Prozent weniger Geschäfte getätigt werden. Tatsächlich, manchen Galeristen und Händlern steht das Wasser bis zum Hals.
Deshalb schauen momentan auch alle sehr gebannt auf die kommenden Kunstauktionen, weil das so eine Art Gradmesser, wie die Stimmung im Land ist und ob die Geschäfte wieder beginnen.
Ich weiß, dass es in Berlin so war oder so ist, dass Galeristen zwischen 9.000 und 5.000 Euro bei der IB-Bank beantragen konnten. Das ist ja eine durchaus substantielle Hilfe, die aber irgendwann natürlich auch aufgebraucht sein wird. Zum Glück konnten diese Woche die Galerien, ich weiß nicht, ob nur in Berlin oder deutschlandweit, ich glaube deutschlandweit, wieder öffnen. Das heißt, sie können wieder ihre Ausstellung zeigen. Es können wieder die Verkäufe losgehen. Das ist natürlich eine sehr gute Situation, sowohl für die Galeristen wie auch für die Künstler und Künstlerinnen.
Ob aber die Sammler momentan große Lust haben, tatsächlich zu kaufen, das wird man dann erst sehen.
Deutschlandfunk Kultur: Die haben derzeit keine Lust, etwas zu kaufen. Das habe ich jetzt bei mehreren Galerien im Vorfeld dieses Gesprächs nachgefragt.
Butin: Das gilt wahrscheinlich für die meisten Galeristen tatsächlich, dass die Umsätze ganz extrem eingebrochen sind. Es gibt interessanterweise aber wenige Galerien, mit denen ich gesprochen habe, die genau das Gegenteil sagen, die erzählt haben, dass momentan die Umsätze größer sind als je zuvor. Weil, es gibt – allerdings wenige – Sammler, die momentan einfach die Kunst sozusagen als Investitionsobjekt entdeckt haben und ganz bewusst als Kapitalanlage nutzen wollen. Sie wissen, der deutsche Aktienindex hatte zwischenzeitlich bis zu 4.000 Punkte verloren. Das macht viele nervös, die jetzt halt dann lieber in die Kunst investieren wollen. Aber es ist zu vermuten, dass das nur wenige Sammler sind und auch nur wenige Galeristen betrifft. Den meisten geht es sicherlich sehr schlecht.
Deutschlandfunk Kultur: Haben wir mit einem Galerien-Sterben zu tun, wenn jetzt so ein Land wie Nordrhein-Westfalen nicht auf den Vorschlag der Galerien dort eingeht?
Viele Galerien werden pleite gehen
Butin: Ich glaube, ja. Ich glaube, dass wir vor einer Pleitewelle stehen, vielleicht noch nicht unmittelbar, aber mittelfristig: Die meisten Galerien haben vielleicht ein, zwei, maximal drei Monate einen finanziellen Puffer und Rücklagen. Aber dann wird es sicherlich für einige sehr eng.
Hinzu kommt ja noch, dass die ganzen Kunstmessen ausgefallen sind. Es gibt manche Händler oder sogar viele Händler, die machen ihre größten Umsätze auf den Messen. Wenn die jetzt alle nicht mehr stattfinden, die Art Cologne nicht, die Art Basel nicht, dann fallen natürlich auch auf dieser Seite sehr viele Einnahmen weg. Das wird sehr existenziell bedrohlich werden.
Deutschlandfunk Kultur: Ich habe große Sympathie für diesen Vorstoß, dass das Land Kunst kaufen soll, weil es ja da einen Gegenwert gibt. Und wenn das sozusagen museal relevante Kunst ist, könnte man ja auch sagen: "Okay, wir gucken mal in zehn Jahren und geben das als Land auch womöglich wieder in Auktionen und zumindest die Kosten holen wir wieder rein, die wir damals investieren mussten oder wollten."
Auf der anderen Seite könnte man ja auch sagen, da müsste das Land aber auch Getriebe für Autos ankaufen, um die örtlichen Zulieferer zu unterstützen oder – was weiß ich – Pizza für alle Bediensteten im Land besorgen, um die Gastronomie unterstützen. Und etwas kommt noch dazu. Also, wenn man sich die Statistiken anschaut, dann gehen in Deutschland 2,45 Mio. Menschen regelmäßig in Kunstausstellungen und Galerien und Museen – und 37 Mio. gar nicht. – Dann fragt man sich: Warum soll eigentlich die Mehrheit das Pläsier der Minderheit fördern?
Butin: Also, ich glaube nicht, dass man von einem "Pläsier der Minderheit" sprechen kann. Weil, ich habe ja vorhin auch versucht anzudeuten, dass Kultur etwas ist, was wirklich alle angeht. Klar, in die Oper geht nicht jeder. Das mag nicht jeder. Das interessiert nicht jeden. Das ist etwas Besonderes. Aber zum Beispiel ins Kino geht eigentlich fast jeder. Oder Musik hört eigentlich jeder Mensch. Also, von daher ist es unfair, nur von einem "Pläsier für die Minderheit" zu sprechen.
Soll der Kunstmarkt für sich selber sorgen?
Deutschlandfunk Kultur: Sie haben es schon angesprochen. Kunst ist eben auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Zahl, die Sie genannt haben, 67 Mrd. Dollar wurden im Kunsthandel im Jahr 2018 weltweit umgesetzt. In Deutschland waren es knapp über zwei Milliarden Euro. Nun könnte man ja sagen: Warum muss jetzt so eine starke Förderung einsetzen? Wenn man das zum Beispiel mit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 vergleicht – auch da sagte man: "Die Blase des Kunsthandels platzt. Also, Kunst als Projekt der Superreichen ist zusammengebrochen." – Und was hat sich getan? Nach wenigen Jahren, also, nach einem Jahr war der Kunsthandel wieder da und hat Umsätze generiert en masse.
Warum lässt man den Kunstbetrieb nicht einfach in den privaten Händen von Sammlern und Galeristen? Weil die Sammler sowieso ihre Sammlermuseen oder ihre umfangreichen Kunstsammlungen bestücken. Und das werden die auch in Zukunft tun, auch nach der Corona-Krise. Also, das kann doch privat bleiben – Angebot und Nachfrage.
Butin: Dazu kann ich zwei Sachen sagen: Erstens ist es so, dass – glaube ich – die Corona-Krise international eine sehr viel schlimmere und größere Krise ist als die Finanzkrise 2008. Also, die Auswirkungen werden wahrscheinlich wirtschaftlich viel größer und viel schlimmer sein.
Zweitens: Der Kunsthandel ist ja nicht eine rein private Angelegenheit, sondern es hängt ja an den Galerien und Kunsthandlungen und Auktionshäusern ein Rattenschwanz an anderen gesellschaftlichen Feldern mit dran. Es hängen die Künstler und Künstlerinnen mit dran, die davon leben. Es hängen die Kunstspediteure mit dran, die Rahmenbauer, die Messeveranstalter, Firmen, die Equipment für Galerien herstellen. Das heißt, es ist ja ein viel größerer wirtschaftlicher Zweig als jetzt nur die Galerien für sich genommen.
Von daher kann man jetzt nicht sagen, das betrifft jetzt nur einen kleinen privatwirtschaftlichen Bereich.
Deutschlandfunk Kultur: Welche Rolle haben denn Galerien und eben auch vor allen Dingen die kleinen Galerien oder die mittleren Galerien, die jetzt besonders bedroht sind? Also, um Gagosian und selbst um Johann König, eine große Galerie in Berlin, muss man sich, glaube ich, im Augenblick keine Sorgen machen. Auch Sprüth Magers wird wahrscheinlich ganz gut durch die Zeit kommen dadurch, dass die eben erstens relativ viel Kapital angehäuft haben, zwar investieren müssen, aber da muss man sich nicht die ganz großen Sorgen machen.
Sorgen muss man sich tatsächlich um die mittelständischen Galerien und die kleinen Galerien machen. Welche Bedeutung haben die denn für das Kunstsystem im Ganzen, also, wenn man jetzt mal anguckt, Galerien, Kunstvereine, kleine Institutionen, Museen?
Butin: Ich würde Ihnen in einem Punkt etwas widersprechen. Man muss sich zwar Gagosian oder Zwirner oder Hauser und Wirth keine Sorgen machen. Man muss sich aber um die Mitarbeiter Sorgen machen, weil die massenhaft gerade entlassen werden. Also, zum Beispiel in New York sind sehr, sehr viele Mitarbeiter entlassen worden, in den Auktionshäusern meines Wissens zwar noch nicht, aber in den Galerien sehr schnell. Und, "Hire and Fire", das wissen wir, geht in Amerika sehr, sehr schnell. Also, den Leuten geht es schon auch schlecht, selbst wenn es den Galeristen nach wie vor wahrscheinlich gut geht.
Deutschlandfunk Kultur: Und welche Rolle spielen die Galerien für das Kunstsystem?
Säulen des Kunstbetriebs
Butin: Also, die Galerien sind eine der tragenden Säulen des Kunstbetriebes, weil, von den Galerien leben die Künstler und Künstlerinnen.
Deutschlandfunk Kultur: Aber die Frage ist doch: Welche Arbeit leisten sie im Benefit für die Öffentlichkeit? Wenn sie Förderung wollen, müssen sie auch für die Öffentlichkeit Arbeit leisten. Und man könnte ja sagen: "Wer als Künstler nicht vorher in einer Galerie war, der wird auch nie in einem Museum landen." Also, Gerhard Richter wäre nicht Gerhard Richter, wenn es nicht irgendwann eine Produzentengalerie am Anfang gegeben hätte und dann eine ganze Reihe von bedeutenden Galerien, die dieses Werk aufgebaut, entwickelt haben, die Transporte, wahrscheinlich Kataloge, selbst Ausstellungen und so was bezahlt haben.
Butin: Ja. Sie sagen es ja selber. Die Galerien sind dafür notwendig, um überhaupt Künstler und Künstlerinnen zu entdecken, der Gesellschaft zu präsentieren, auszustellen, an die Sammler und an die Museen zu vermitteln. Das ist eine ganz wesentliche Arbeit, die die Galeristen damit machen. Ohne Galerien würde es keinen Kunstbetrieb geben.
Deutschlandfunk Kultur: Sie haben eben gesagt, dass die Auktionshäuser noch nicht Mitarbeiter entlassen haben, also, Ihres Wissens noch nicht oder nicht in großem Umfang. Hängt das auch damit zusammen, dass diese ganzen Auktionen jetzt ins Internet verlagert werden?
Gefahren des Online Handels mit Kunst
Butin: Na ja, die Auktionshäuser fahren momentan, wie wir alle, auf Sicht. Also, niemand weiß, was die nächsten zwei, drei Monate bringen werden. Aber die Auktionshäuser haben natürlich auch große Probleme. Die Termine sind verschoben worden von Mai/Juni jetzt auf Juli. Manche machen ihre Auktionen auch erst im September. Also, der Kunstmarkt wird weiter bestehen, aber die Formen des Handelns verändern sich gerade. Und mit großer Wahrscheinlichkeit ist das sogar eine langfristige Entwicklung.
Denn es wird ja die nächsten Monate kaum noch Auktionen im Saal geben mit Publikum, weil dann die Ansteckungsgefahr zu groß ist, wenn viele Leute in einem Raum zusammensitzen. Bereits im März haben die Online-Auktionen, die Sie angesprochen haben, der großen Häuser international um 63 Prozent zugenommen, auch zum Beispiel bei Christie‘s, einem der größten Häuser. Das heißt, es finden tatsächlich viele Auktionen in der Zukunft online statt.
Eigentlich müssen alle großen Häuser oder auch die kleinen Häuser, die eben keine Saalauktionen mehr durchführen, zumindest einen Plan B haben, wenn es also wirklich im Saal nicht geht, dass dann online oder verstärkt über das Telefon Auktionen stattfinden. Das wird sich verändern. Das wird zumindest teilweise bleiben.
Das bringt allerdings auch Probleme mit sich. Also, wenn jemand ein Millionen teures Objekt kaufen will, dann will er das natürlich vorher sehen und er wird es nicht online kaufen. Ob das aber trotzdem online funktionieren wird, das werden wir in London und New York jetzt im Sommer sehen, wenn die großen Auktionen stattfinden, aber ich habe da große Bedenken. Ich würde bestimmt kein Objekt kaufen für viel Geld, was ich nicht vorher selber untersucht habe und in Augenschein nehmen konnte.
Corona Zeit: Die Stunde der Kunstfälscher?
Deutschlandfunk Kultur: Was Sie jetzt gerade sagen, "selber untersucht und in Augenschein nehmen", findet vor dem Hintergrund Ihres jüngsten Buches statt. Da geht’s um Kunstfälschung. Ist jetzt die Corona-Zeit die Zeit für Kunstfälschungen, weil immer mehr online stattfindet? Und der Online-Handel mit Kunst ist sowieso in den letzten Jahren ordentlich gestiegen, habe ich in den Statistiken gesehen.
Zugleich sind Auktionshäuser und gerade das mittlere Segment, in denen Online-Handel mit Kunst stattfindet, also, die meisten Kunstwerke werden im Bereich zwischen tausend und fünftausend Euro versteigert online, da ist die Gefahr sehr groß, dass man da Fälschungen aufsitzt. Oder? Ist das jetzt die Stunde der Fälscher?
Butin: Ich glaube, das kann man jetzt momentan noch nicht absehen. Das werden wir erst in den nächsten Monaten merken, wenn die Auktionen gelaufen sind, ob da tatsächlich mehr Fälschungen auftauchen. Aber es gibt tatsächlich ein grundsätzliches Problem: Speziell bei den Online-Auktionen haben Sie in manchen Auktionshäusern jetzt nicht mehr die Möglichkeit, dort hinzugehen und das Objekt selber zu begutachten. Das heißt, Sie müssen das den Auktionshäusern überlassen und dann eben online ersteigern.
Das ist ein Problem, weil, Auktionatoren oder deren Experten rutscht natürlich auch mal eine Fälschung durch. Wenn Sie aber viel Ahnung haben oder sogar Experte sind oder ein versierter Sammler sind und sich bei der Vorbesichtigung das Objekt Ihrer Begierde angucken können, dann können Sie vielleicht selber dann entdecken, da stimmt was nicht mit dem Blatt oder mit dem Objekt. Diese Möglichkeit entfällt jetzt.
Es gibt zwar Auktionshäuser, wie zum Beispiel Ketterer in München, da können Sie wirklich den Gegenstand, den Sie ersteigern wollen, auf dem Monitor so ganz nah heranzoomen. Sie können das sehr stark vergrößern. Das hat aber natürlich seine Grenzen. Sie können die Echtheit einer Druckgrafik nicht am Bildschirm überprüfen. Sie müssen das Blatt mit einer Lupe sich angucken. Das geht aber nicht mehr. Und dann könnten theoretisch tatsächlich mehr Fälschungen sozusagen "durchrutschen" am Markt. Aber ob das wirklich passiert, das kann man jetzt noch nicht absehen.
Deutschlandfunk Kultur: Gerade der Handel mit Druckgrafiken ist ja besonders infiziert von Fälschungen. Man schätzt, dass vierzig bis fünfzig Prozent der gehandelten Druckgrafiken "dubios" sind, sage ich jetzt mal, wenn nicht gar Fälschungen sind. Zum Beispiel bei Salvadore Dali geht man von neunzig Prozent Fälschungen mittlerweile im Markt aus. Das ist natürlich gerade für – sagen wir – Ottilie Normalkonsumentin der Kunst, die vielleicht tausend Euro ausgeben möchte für ein Blatt, eine große Gefahr.
Butin: Ja gut, mit Dali haben Sie natürlich das denkbar schlimmste Beispiel überhaupt ausgewählt. Also, Dali kann man im Grunde genommen heute überhaupt nicht mehr sammeln, der Markt oder der seriöse Markt ist ziemlich zusammengebrochen, es sei denn, Sie spezialisieren sich halt auf Blätter, sagen wir mal, aus den 30er, 40er, 50er Jahren. Aber alles danach, davon sollte man eigentlich die Hände lassen.
Also, es wurde schon in den 90er Jahren von Experten gesagt, also, von den Verfassern des Werkverzeichnisses, dass 90, 95 Prozent aller gehandelten Blätter Fälschungen sind. Das ist jetzt also das denkbar schlimmste Beispiel.
Deutschlandfunk Kultur: Ja. Aber es betrifft aber auch Gerhard Richter, dessen Werk Sie ja ausnehmend gut kennen.
Zahl der Fälschungen steigt
Butin: Ja, man kann auf jeden Fall sagen, dass in den letzten Jahren die Anzahl der Fälschungen ganz erheblich zugenommen hat auf dem Markt. Das merke ich auf der einen Seite selber, wie Sie gerade sagten, anhand von Gerhard Richter, da ich sehr häufig, eigentlich jeden Monat Gutachten schreibe und mir immer mehr Fälschungen über den Weg laufen. Das sagt aber auch das Landeskriminalamt Berlin, das mir bestätigt hat, dass die Zahlen sehr stark angestiegen sind. Und ich habe auch mit Auktionshäusern gesprochen, die mir bestätigt haben, sie haben im Durchschnitt jeden Tag eine Fälschung auf dem Tisch.
Deutschlandfunk Kultur: Jeden Tag eine Fälschung auf dem Tisch?
Butin: Im Durchschnitt, ja.
Deutschlandfunk Kultur: Ja, das heißt, die Einlieferungen kommen und werden begutachtet und dann geht immer eine am Tag mindestens zurück.Was bedeutet das denn jetzt für unsere Zeit, der Corona-Zeit? Sollte man da überhaupt Auktionen abhalten, an Auktionen teilnehmen?
Butin: Na ja. Also, die Auktionen müssen abgehalten werden. Sonst werden die Auktionshäuser Pleite gehen. Das ist ganz klar. Irgendwie muss der Laden weiter am Laufen gehalten werden. Und alle arbeiten fieberhaft daran, wie das möglich ist und wie man das machen kann. Also, die Auktionen werden stattfinden, aber sie werden sicherlich nicht mehr so erfolgreich sein wie früher, zumal auch wesentlich weniger Einlieferungen stattfinden.
Deutschlandfunk Kultur: Ich dachte, jetzt müssten eigentlich ganz viele Einlieferungen stattfinden, weil es schlicht und einfach so ist, dass Leute sagen: "Okay, dann lass ich mir meinen Richter, den ich mir vor dreißig Jahren gekauft habe, versilbern oder vergolden vielmehr – "verplatinen"".
Butin: Ja, das ist noch nicht der Fall. Dass Sammler jetzt aus Finanznot ihre Kunstsammlung abstoßen, wird wahrscheinlich in den nächsten Monaten teilweise passieren. Ich glaube, die Anzahl der Verkäufe oder der versuchten Verkäufe wird zunehmen, eben aus der Finanznot heraus, aber momentan ist das in den Auktionshäusern noch nicht zu beobachten.
Deutschlandfunk Kultur: Sie haben ja gesagt, dass Sie auch Gutachten schreiben. Wie findet so was normalerweise statt? Kriegen Sie einen Auftrag von einem Auktionshaus, "gucken Sie sich dieses Blatt mal bitte an"? Dann fahren Sie hin, nehmen eine Lupe mit und das war’s?
Butin: Ja, die Auftraggeber sind sehr unterschiedliche. Meistens sind es in der Tat Auktionshäuser. Es sind aber auch private Sammler. Es sind Kunsthändler. Ich bin ab und zu auch bei Landeskriminalämtern. Das ist sehr unterschiedlich. Ja, und die bitten mich dann eben, das Objekt zu untersuchen, anzuschauen, ob es sich um ein echtes Werk handelt oder nicht. Manchmal kann ich auch direkt oder versuche ich mit Gerhard Richter auch direkt Rücksprache zu halten, wenn ich mir nicht ganz sicher bin. Aber das passiert immer mehr, weil ich leider beobachten muss, dass die Fälschungen, wie gesagt, zunehmen.
Deutschlandfunk Kultur: Werden die auch besser?
Butin: Nein, noch nicht wirklich. Also, zum Glück, muss ich sagen, habe ich noch keine wirklich raffinierten Fälschungen gesehen, wo ich dann gesagt habe oder gedacht habe: "Also, wow, die sind ja richtig gut. Das ist irgendwie beeindruckend." Das ist noch nicht der Fall, also, zumindest nicht bei Gerhard Richter. Aber es gibt natürlich andere Marktsegmente, wo extrem gute Fälschungen erstellt wurden. Das ist leider so.
Deutschlandfunk Kultur: Als 9/11 war, hat der New Yorker Bürgermeister seinen New-Yorkern zugerufen: "Don‘t be afraid go shopping." – Gilt das jetzt für die Kunst auch? Kann man die am besten stützen, indem man in die Galerien geht und kauft?
Butin: Ja, natürlich tun Sie viel für den Kunstbetrieb, wenn Sie jetzt nicht Ihre Käufe, soweit Sie es sich leisten können, völlig stoppen, sondern durchaus weiter Kunst auch sammeln. Wobei ich natürlich auch verstehen kann, wenn Leute existenzielle Sorgen haben, ist natürlich der Kunstkauf etwas, woran man auch sparen kann. Der Kunstmarkt wird weiter bestehen. Aber, wie gesagt, die Form des Handelns verändert sich gerade eben zum Beispiel in Richtung Online-Auktion.
Aber wenn man etwas kaufen will, ist es natürlich immer das Beste: Schauen Sie sich das Objekt Ihrer Begierde möglichst, wenn es irgendwie geht, im Original an.
Kunst braucht Kontakt
Deutschlandfunk Kultur: Viele Galerien gehen ja jetzt dazu über, private show-rooms im Internet zu machen. Ich habe das bei Johann König gesehen. Da kann man Objekte, die sind dann auch schon mit dem Preis hinterlegt, etwas völlig Ungewöhnliches eigentlich für den Kunstmarkt, dass man vorher auf eine Seite klickt und dann sieht, Alicja Kwade, 24.000 Euro, ein Objekt. Da sieht man dann schon, dass Kunsthändler auch andere Wege gehen zurzeit.
Butin: Ja, ich glaube, viele Kunsthändler haben momentan das Gefühl, dass sie einfach sehr offensiv mit der Situation umgehen müssen, also, dass sie jetzt mit der Kamera durch die Ausstellung durchgehen. Oder, ich glaube, Johann König lässt auch Künstler in ihren Ausstellungen Führungen machen. Und man darf dann auch Fragen an die Künstler stellen. Aber es gibt natürlich auch irgendwo Grenzen.
Also, zum Beispiel meinte Dominique Levy auch zu Recht, man könne die Art Basel nicht online stellen. Das geht nicht. Das hat man zwar versucht. Es gab dann so virtuelle Kojen. Das funktioniert aber letztendlich nicht wirklich. Die Art Basel zum Beispiel ist ja einfach auch ein gesellschaftliches Ereignis. Man trifft dort Leute. Man kann sich unterhalten. Man kann sich direkt austauschen. Man kann sich sehr schnell einen Überblick verschaffen. Das Ganze soll ja auch Spaß machen. Und das können Sie natürlich nicht alles ersetzen, wenn Sie einsam vor Ihrem Computer sitzen.
Deutschlandfunk Kultur: Kunst braucht Kontakt in kontaktarmen Zeiten! Vielen Dank, Hubertus Butin, für das Gespräch.