Hübner (SPD) verteidigt geplante Steuererhöhung für Spitzenverdiener
Der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Klaas Hübner, hat die Forderung nach einem höheren Steuersatz für Spitzenverdiener verteidigt. Es handele sich dabei weniger um eine Reichensteuer als um einen Innovationszuschlag. Das Geld solle in Bildung, Forschung und Entwicklung investiert werden.
Degenhardt: Am Telefon begrüße ich nun den Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD. Guten Morgen Herr Hübner.
Hübner: Guten Morgen.
Degenhardt: Entdeckt sich die SPD gerade neu als Interessenvertreter der kleinen Leute?
Hübner: Nun, das sind wir, glaube ich, immer gewesen, das ist keine neue Entdeckung und was wir dort machen, beim Zuschlag für die Spitzenverdiener, das halte ich für sinnvoll. Ich würde weniger von einer Reichensteuer sprechen, viel mehr von einem Innovationszuschlag, denn wir müssen alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, dass wir in den Spitzentechnologien der Zukunft wieder eine Weltgeltung von Platz eins bis drei erlangen. Dazu müssen wir mehr Geld investieren in Bildung, Forschung und Entwicklung und daher ist der Zuschlag wirklich gerechtfertig, wenn er wirklich verwand wird für die benannten Bereiche, wenn er nicht verwand wir zum Schließen von Haushaltslöchern und wenn er vor allem nur genommen wird von Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit, das heißt, Unternehmer und Selbständige müssen davon befreit bleiben, denn die brauchen ihre Gewinne, um die Innovation in ihren Betrieben selber generieren zu können.
Degenhardt: Gleichwohl hat es bei Ihnen gestern, und wahrscheinlich wird es das auch die nächsten Tage geben, eine Diskussion gegeben über die Reichensteuer, oder wie Sie das sagen, Innovationssteuer. Der Kanzler ist dafür, andere sind noch zu überzeugen. Schon jetzt stehen ja die oberen zehn Prozent der Steuerzahler für über 50 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens. Reicht Ihnen das nicht?
Hübner: Wie gesagt, es geht darum, dass wir hier explizit alles das stärken müssen, das was wir alles unter Innovation zu fassen haben. Wir haben leider den Forschungs- und Bildungsetat nicht so weit ausweiten können, wie wir es geplant hatten, weil die Union im Bundesrat unseren Finanzierungsvorschlag blockiert hat, nämlich die Streichung der Eigenheimzulage. So lange wir dort nicht weiterkommen, müssen wir nach anderen Wegen suchen, weil es in der Tat eine gesellschaftliche Aufgabe ist, dass wir in den innovativen Bereichen, in dem Hochtechnologiebereich Deutschland wieder nach vorne bringen. Da muss man dann halt zu solchen Mitteln greifen. Insofern halte ich das für völlig gerechtfertigt.
Degenhardt: Warum fangen Sie dann nicht mit dem Abbau von Subventionen an?
Hübner: Das haben wir getan. Es liegen 17,5 Milliarden Euro im Vermittlungsausschuss momentan zwischen Bundestag und Bundesrat, wo wir vorgeschlagen haben, Subventionen abzubauen. Das ist bis heute von der Union blockiert worden. Ich sehe auch nicht, dass sich das aufheben wird, dass die Union da einen Kursschwenk einleiten wird. Insofern können wir aber nicht mehr warten. Wir müssen Geld lockern für diese neuen Technologien. Insofern ist dieser Vorschlag meines Erachtens die einzige richtige Konsequenz.
Degenhardt: Wie wollen Sie denn die Finanznot des Staates in den Griff bekommen, wenn nicht mit einer Mehrwertsteuer? Denn die haben Sie ja abgelehnt.
Hübner: Eine Mehrwertsteuererhöhung ist in der jetzigen konjunkturellen Phase, glaube ich, völlig kontraproduktiv. Sie würde den Einzelhandel tief treffen und das bisschen, was wir an Aufschwung haben, endgültig abwürgen. Außerdem ist eine Mehrwertsteuer auch nicht immer eine gerechte Steuer, weil die kleineren Einkommen überproportional stark daran beteiligt sind, weil sie ja sehr viel mehr konsumieren von ihrem Einkommen, deswegen halte ich das nicht für gerechtfertig, zumal ja die Union die Mehrwertsteuer, so weit ich das verstanden habe, auch nur erhöhen möchte, um ihre Gesundheitsprämie zu finanzieren. Das heißt also im Klartext: der günstige Satz der Gesundheitsprämie für einen Herr Ackermann oder für einen Topmanager, der genauso viel bezahlen soll, wie eine Verkäuferin, wird dann praktisch subventioniert durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Das ist keine soziale Politik.
Degenhardt: Reichensteuer, oder wie Sie sagen Innovationssteuer, dann der Mindestlohn, die Nachbesseren bei den für längere Zeit Arbeitslosen, also die Erhöhung des Arbeitslosengeldes II - die Fortsetzung von Hartz IV ist das nicht. Verabschiedet sich die SPD vom Schröderschen Reformkurs?
Hübner: Nein, überhaupt nicht. Der Weg bleibt ja eingehalten. Aber wir sind auch nicht so blind, dass wir nicht sehen, dass aktuelle Entwicklungen manchmal sich nicht so einstellen, wie Politik, wie wir uns das gewünscht haben. Da muss man an manchen Stellen leicht nachsteuern. Das haben wir getan beim Arbeitslosengeld I, wir haben nicht den wirtschaftlichen Aufschwung, den wir uns erhofft haben, und wir haben momentan noch nicht die Möglichkeit, im großen Umfang ältere Arbeitnehmer zu vermitteln. Hier muss eine Verlängerung der Übergangsfrist der Bezugsdauer des AG I bis zu 32 Monaten zu verlängern, genauso auch, was die Angleichung Ost/West anbelangt, was das ALG II anbelangt. Der Unterschied zwischen Ost und West ist vor allem in den Mieten zu sehen. Die werden aber ohnehin separat bezahlt, und werden nicht durch den ALG-II-Satz abgedeckt. Insofern ist es auch hier richtig, eine Angleichung vorzunehmen. Ich denke, Politik soll nicht so arrogant sein, und einfach nur das, was sie selber gewünscht hat, als Gesetz hinnehmen, sondern sie soll es an der Realität überprüfen und dort, wo die Dinge sich nicht ganz so entwickeln, wie man es sich wünscht, darf man durchaus auch nachsteuern. Das ist kein Kursverlassen.
Degenhardt: Ihre Partei, die SPD, sieht sich im Wahlkampf bekanntlich auch einem Linksbündnis von PDS und der SPD-Abspaltung WASG gegenüber. Wie groß ist die Furcht bei Ihnen, dass der Wähler der neuen Partei mehr zutraut, als der SPD?
Hübner: Ich glaube, mehr zutrauen wird man der neuen Partei nicht. Es ist die Gefahr da, dass Menschen, die von unserer Politik enttäuscht sind, die diesen Reformkurs, den wir gemacht haben, der notwendig war, aber halt auch schmerzhaft war, die sich dann von uns abgewandt haben, dass die dann dort hin laufen. Ich glaube, es hat nichts zu tun mit einem mehr Vertrauen in diese andere Partei. Es ist mehr eine Protesthaltung. Ich persönlich bin übrigens der Überzeugung, als ein Abgeordneter aus den neuen Bundesländer, dass die PDS langfristig durch dieses Bündnis gewaltig verlieren wird, weil sie ihren Regionalstatus verliert, der ihr doch sehr viele Stimmen eingebracht hat und sie wird es langfristig zu bereuen haben.
Degenhardt: Eine Frage noch - vom Programm zum Personal: Hat die SPD, Ihre Partei, jetzt ein Nachwuchsproblem? Oder anders gefragt: Wer kommt eigentlich nach Schröder, Müntefering oder Eichel oder Clement? Also mir fallen für den Bundestag höchsten Gabriel oder Nahles ein.
Hübner: Nun, die beiden bewerben sich ja auch um einen Sitz. Man muss wissen: Alter ist keine Schande und Jugend ist per se auch noch kein Verdienst. Aber was richtig ist, dass wir gut damit fahren würden, mit unserem alten Konzept, was wir hatten, unter 40 in den Bundestag heißt, rund ein Sechstel der Abgeordneten sollte durchaus unter 40 Jahre alt sein, damit sie hineinwachsen können in mehr Verantwortung, die sie dann auch übernehmen können. Ich glaube, an diesem Weg sollten wir festhalten. Richtig ist, dass wir stärker versuchen sollten, junge Leute auch zu entwickeln, auch in Politik und in Parlamenten, um auch Verantwortung zu entwickeln.
Degenhardt: Die SPD, das Wahlmanifest und das Personal: am Telefon Deutschlandradio Kultur, war der Sprecher der Seeheimer Kreises, Klaas Hübner. Vielen Dank für das Gespräch.
Hübner: Guten Morgen.
Degenhardt: Entdeckt sich die SPD gerade neu als Interessenvertreter der kleinen Leute?
Hübner: Nun, das sind wir, glaube ich, immer gewesen, das ist keine neue Entdeckung und was wir dort machen, beim Zuschlag für die Spitzenverdiener, das halte ich für sinnvoll. Ich würde weniger von einer Reichensteuer sprechen, viel mehr von einem Innovationszuschlag, denn wir müssen alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, dass wir in den Spitzentechnologien der Zukunft wieder eine Weltgeltung von Platz eins bis drei erlangen. Dazu müssen wir mehr Geld investieren in Bildung, Forschung und Entwicklung und daher ist der Zuschlag wirklich gerechtfertig, wenn er wirklich verwand wird für die benannten Bereiche, wenn er nicht verwand wir zum Schließen von Haushaltslöchern und wenn er vor allem nur genommen wird von Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit, das heißt, Unternehmer und Selbständige müssen davon befreit bleiben, denn die brauchen ihre Gewinne, um die Innovation in ihren Betrieben selber generieren zu können.
Degenhardt: Gleichwohl hat es bei Ihnen gestern, und wahrscheinlich wird es das auch die nächsten Tage geben, eine Diskussion gegeben über die Reichensteuer, oder wie Sie das sagen, Innovationssteuer. Der Kanzler ist dafür, andere sind noch zu überzeugen. Schon jetzt stehen ja die oberen zehn Prozent der Steuerzahler für über 50 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens. Reicht Ihnen das nicht?
Hübner: Wie gesagt, es geht darum, dass wir hier explizit alles das stärken müssen, das was wir alles unter Innovation zu fassen haben. Wir haben leider den Forschungs- und Bildungsetat nicht so weit ausweiten können, wie wir es geplant hatten, weil die Union im Bundesrat unseren Finanzierungsvorschlag blockiert hat, nämlich die Streichung der Eigenheimzulage. So lange wir dort nicht weiterkommen, müssen wir nach anderen Wegen suchen, weil es in der Tat eine gesellschaftliche Aufgabe ist, dass wir in den innovativen Bereichen, in dem Hochtechnologiebereich Deutschland wieder nach vorne bringen. Da muss man dann halt zu solchen Mitteln greifen. Insofern halte ich das für völlig gerechtfertigt.
Degenhardt: Warum fangen Sie dann nicht mit dem Abbau von Subventionen an?
Hübner: Das haben wir getan. Es liegen 17,5 Milliarden Euro im Vermittlungsausschuss momentan zwischen Bundestag und Bundesrat, wo wir vorgeschlagen haben, Subventionen abzubauen. Das ist bis heute von der Union blockiert worden. Ich sehe auch nicht, dass sich das aufheben wird, dass die Union da einen Kursschwenk einleiten wird. Insofern können wir aber nicht mehr warten. Wir müssen Geld lockern für diese neuen Technologien. Insofern ist dieser Vorschlag meines Erachtens die einzige richtige Konsequenz.
Degenhardt: Wie wollen Sie denn die Finanznot des Staates in den Griff bekommen, wenn nicht mit einer Mehrwertsteuer? Denn die haben Sie ja abgelehnt.
Hübner: Eine Mehrwertsteuererhöhung ist in der jetzigen konjunkturellen Phase, glaube ich, völlig kontraproduktiv. Sie würde den Einzelhandel tief treffen und das bisschen, was wir an Aufschwung haben, endgültig abwürgen. Außerdem ist eine Mehrwertsteuer auch nicht immer eine gerechte Steuer, weil die kleineren Einkommen überproportional stark daran beteiligt sind, weil sie ja sehr viel mehr konsumieren von ihrem Einkommen, deswegen halte ich das nicht für gerechtfertig, zumal ja die Union die Mehrwertsteuer, so weit ich das verstanden habe, auch nur erhöhen möchte, um ihre Gesundheitsprämie zu finanzieren. Das heißt also im Klartext: der günstige Satz der Gesundheitsprämie für einen Herr Ackermann oder für einen Topmanager, der genauso viel bezahlen soll, wie eine Verkäuferin, wird dann praktisch subventioniert durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Das ist keine soziale Politik.
Degenhardt: Reichensteuer, oder wie Sie sagen Innovationssteuer, dann der Mindestlohn, die Nachbesseren bei den für längere Zeit Arbeitslosen, also die Erhöhung des Arbeitslosengeldes II - die Fortsetzung von Hartz IV ist das nicht. Verabschiedet sich die SPD vom Schröderschen Reformkurs?
Hübner: Nein, überhaupt nicht. Der Weg bleibt ja eingehalten. Aber wir sind auch nicht so blind, dass wir nicht sehen, dass aktuelle Entwicklungen manchmal sich nicht so einstellen, wie Politik, wie wir uns das gewünscht haben. Da muss man an manchen Stellen leicht nachsteuern. Das haben wir getan beim Arbeitslosengeld I, wir haben nicht den wirtschaftlichen Aufschwung, den wir uns erhofft haben, und wir haben momentan noch nicht die Möglichkeit, im großen Umfang ältere Arbeitnehmer zu vermitteln. Hier muss eine Verlängerung der Übergangsfrist der Bezugsdauer des AG I bis zu 32 Monaten zu verlängern, genauso auch, was die Angleichung Ost/West anbelangt, was das ALG II anbelangt. Der Unterschied zwischen Ost und West ist vor allem in den Mieten zu sehen. Die werden aber ohnehin separat bezahlt, und werden nicht durch den ALG-II-Satz abgedeckt. Insofern ist es auch hier richtig, eine Angleichung vorzunehmen. Ich denke, Politik soll nicht so arrogant sein, und einfach nur das, was sie selber gewünscht hat, als Gesetz hinnehmen, sondern sie soll es an der Realität überprüfen und dort, wo die Dinge sich nicht ganz so entwickeln, wie man es sich wünscht, darf man durchaus auch nachsteuern. Das ist kein Kursverlassen.
Degenhardt: Ihre Partei, die SPD, sieht sich im Wahlkampf bekanntlich auch einem Linksbündnis von PDS und der SPD-Abspaltung WASG gegenüber. Wie groß ist die Furcht bei Ihnen, dass der Wähler der neuen Partei mehr zutraut, als der SPD?
Hübner: Ich glaube, mehr zutrauen wird man der neuen Partei nicht. Es ist die Gefahr da, dass Menschen, die von unserer Politik enttäuscht sind, die diesen Reformkurs, den wir gemacht haben, der notwendig war, aber halt auch schmerzhaft war, die sich dann von uns abgewandt haben, dass die dann dort hin laufen. Ich glaube, es hat nichts zu tun mit einem mehr Vertrauen in diese andere Partei. Es ist mehr eine Protesthaltung. Ich persönlich bin übrigens der Überzeugung, als ein Abgeordneter aus den neuen Bundesländer, dass die PDS langfristig durch dieses Bündnis gewaltig verlieren wird, weil sie ihren Regionalstatus verliert, der ihr doch sehr viele Stimmen eingebracht hat und sie wird es langfristig zu bereuen haben.
Degenhardt: Eine Frage noch - vom Programm zum Personal: Hat die SPD, Ihre Partei, jetzt ein Nachwuchsproblem? Oder anders gefragt: Wer kommt eigentlich nach Schröder, Müntefering oder Eichel oder Clement? Also mir fallen für den Bundestag höchsten Gabriel oder Nahles ein.
Hübner: Nun, die beiden bewerben sich ja auch um einen Sitz. Man muss wissen: Alter ist keine Schande und Jugend ist per se auch noch kein Verdienst. Aber was richtig ist, dass wir gut damit fahren würden, mit unserem alten Konzept, was wir hatten, unter 40 in den Bundestag heißt, rund ein Sechstel der Abgeordneten sollte durchaus unter 40 Jahre alt sein, damit sie hineinwachsen können in mehr Verantwortung, die sie dann auch übernehmen können. Ich glaube, an diesem Weg sollten wir festhalten. Richtig ist, dass wir stärker versuchen sollten, junge Leute auch zu entwickeln, auch in Politik und in Parlamenten, um auch Verantwortung zu entwickeln.
Degenhardt: Die SPD, das Wahlmanifest und das Personal: am Telefon Deutschlandradio Kultur, war der Sprecher der Seeheimer Kreises, Klaas Hübner. Vielen Dank für das Gespräch.