Hugo Race & The Fatalists: "24 hours from Nowhere"
Glitterhouse Records
Vom Psycho-Blues zum Düster-Folk
Seine Karriere startete Hugo Race als Gitarrist bei Nick Cave & The Bad Seeds. Seiner Vorliebe für düsteren Blues ist der der australische Weltenbummler später auch in anderen Formationen und Solo treu geblieben. Jetzt ist er zurückgekehrt nach Melbourne – und gibt sich beinahe altersmilde.
Bluesrock hat er gemacht, Punk hat er gemacht, Weltmusik und jetzt Folk: Doch egal, in welchem musikalischen Umfeld Hugo Race sich gerade bewegt, als Typ ist er sich immer treu geblieben. Er liebt die dunklen Klänge.
Seine raue, oft nur gehauchte Stimme gibt seinen Songs etwas Mysteriöses, schwer Fassbares. Sie vermitteln den Eindruck eines Suchenden, eines Mannes, der mehr Fragen mit sich herumträgt als Antworten.
"Alles was ich tue, hat mit dem Reisen zu tun, mit der Erfahrung des ständigen Unterwegsseins. Das war auch diesmal wieder so, bei '24 hours to nowhere'. Bevor ich das Album aufgenommen habe, habe ich es mir vorgestellt wie einen Film. Bilder von Weite und Isolation spielten dabei eine große Rolle - Dinge, die viel mit Australien zu tun haben. Im Grunde ist '24 hours to nowhere' also ein Album, in dem ich mich mit der Rückkehr in meine Heimat auseinandersetze. Wie es sich anfühlt, nach Hause zu kommen, nach so vielen Jahren, was ich über Australien denke und was es bedeutet, Australier zu sein."
Zurück zu den musikalischen Wurzeln
Dass Hugo Race mit Anfang 50 nach Australien zurückgekehrt ist, hat vor allem etwas mit seinen Kindern zu tun, die mittlerweile volljährig sind: Er wollte sich nicht völlig von ihnen entfremden, sagt er. Außerdem liegen hier, in der Stadt Melbourne, seine musikalischen Wurzeln: Anfang der 80er-Jahre stieß er als junger Gitarrist zu Nick Cave und seinen Bad Seeds – gerade, als die sich anschickten, mit ihrem düsteren Psycho-Blues die Welt zu erobern.
Auch wenn sich ihre Wege bereits nach dem ersten Album wieder trennten, befreundet sind Hugo Race und Nick Cave noch immer. Wenn er an die Zeit mit den Bad Seeds zurückdenkt, verspürt Race vor allem eines: Dankbarkeit.
"Mit Nick Cave zu arbeiten war für mich wie eine Ausbildung, wie eine Einführung ins Musikbusiness. Die Bands, in denen ich davor gespielt hatte, waren alles lokale Postpunk–Bands, mit denen ich in Melbourne aufgetreten bin und vielleicht noch in Sydney. Mit den 'Bad Seeds' dagegen konnte ich um die ganze Welt touren. Ich habe damals viele Leute kennengelernt, und die haben mir wiederum geholfen, der Musiker zu werden, der ich heute bin."
"The Fatalists" heißt die neue Band von Hugo Race und sie besteht aus Musikern, die er noch aus seiner Zeit in Italien kennt – dem Gitarrist Antonio Gramentieri beispielsweise und dem Schlagzeuger Diego Sapignoli. Mit ihnen geht der Australier die Dinge ruhiger an als mit den "Bad Seeds" oder auch mit seinen alten Bandkollegen von "The True Spirit".
Fast ein wenig altersmilde
Er klingt nicht mehr so gehetzt, arbeitet jetzt auch mal mit Streichern oder singt im Duett mit der australischen Folksängerin Angie Hart. Fast klingt es, als sei Race ein wenig altersmilde geworden.
In Australien macht Hugo Race derzeit nicht nur mit seiner Musik von sich reden, sondern auch mit einem Buch, das er vor kurzem veröffentlicht hat: "Road Series" heißt es und ist eine autobiografische Road Novel. Darin verarbeitet er seine Reiseerlebnisse der letzten 30 Jahren– eine Mischung aus Bruce Chatwin und Jack Kerouac.
"Ich wollte auf keinen Fall eine klassische Rock-Autobiografhie schreiben, nach dem Motto: Meine Erinnerungen aus dem Showbiz. Ich wollte etwas darüber erzählen, wer ich bin und wie ich über bestimmte Dinge denke. Deswegen spielen politische und gesellschaftliche Themen eine große Rolle in dem Buch, Philosophie auch. Ich habe versucht, das alles in einen Erzählstrang einzubinden, der interessant genug ist, um den Leser bei der Stange zu halten. Und tatsächlich: Die Reaktionen, die ich bisher auf das Buch bekommen habe, sind positiver als alles, was ich jemals über meine Musik gehört habe. Das heißt, wenn man nur offen und ehrlich ist, dann erreicht man die Leute. Diese Erfahrung ist jetzt auch bei '24 hours to nowhere' wieder mit eingeflossen."
Doch trotz des unerwarteten literarischen Erfolgs: Musik wird Hugo Race weiterhin machen. Er brauche das Songschreiben wie die Luft zum Atmen, sagt er. Und außerdem: Wenn er nicht ab und zu mal für eine Tournee das Land verlassen könne, dann werde es ihm in Australien vermutlich bald schon wieder zu eng.