Eröffnung häppchenweise
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Das für den Bau des Humboldt Forums zuständige Bundesamt musste vor einigen Wochen Probleme mit der Klimatechnik und dem Brandschutz einräumen. Die Eröffnung ist jetzt auf September 2020 verschoben worden. Das sorgt für Frust – und für Mehrkosten.
Contenance ist manchmal alles. Man sah Hartmut Dorgerloh, Generalintendant des Humboldt-Forums, seinen Ärger nicht an, als er die schlechte Botschaft verkündete: Das Prestigeprojekt der Kulturnation Deutschland ist zehn Monate im Verzug.
Statt wie geplant noch im Humboldt-Jahr im Dezember 2019, wird es erst im September 2020 seine Tore öffnen. Die dafür geplante große Elfenbeinausstellung, die pars pro toto für das Konzept des Humboldt Forums stehen sollte, die filigrane Elfenbeinkunst mit Jagd, Wilderei und Artenschutz verbinden wollte, musste verschoben werden.
Unzählige kleine Sondereröffnungen
Dorgerloh war gezwungen, allen Kooperationspartnern und Leihgebern abzusagen - darunter das Louvre, das Albert-und Victoria Museum, das Metropolitan Museum of Arts und das Nationalmuseum in Kenia. Immerhin etwas Gutes konnte er dem Desaster noch abgewinnen:
"Wir fühlen uns darin programmseitig bestärkt, dass die Eröffnungschoreografie, die wir hier vorgesehen haben, die eben sich nicht ausschließlich von Baumaßnahmen herleiten lässt, sondern auch inhaltlich und konzeptionell bedingt ist, dass wir dieses Haus von unten nach oben eröffnen, dass diese Eröffnungschoreografie Bestand hat."
Im Klartext: An der häppchenweise Eröffnung wird festgehalten, nur zeitlich verschoben. Das wird auch deswegen geboten sein, weil alle ihren großen Auftritt haben wollen. Ursprünglich sollte es zum Auftakt zwei getrennte Eröffnungen geben - die des Erdgeschosses und ersten Obergeschosses mit der Elfenbein-Sonderausstellung im Herbst - und dann im Februar zur Berlinale die große Berlin-Schau mit der Berlin-Etage und dem Humboldt-Lab, mit dem Protagonisten Michael Müller auf der Bühne.
Beides soll jetzt nach den neuen Plänen im September 2020 zusammen eröffnet werden. In zwei weiteren Etappen wird dann bis Mitte 2021 die Dauerausstellung mit den Exponaten aus dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst ihre Pforten öffnen - in unzähligen kleinen Sondereröffnungen, damit die jeweiligen Kooperationspartner der Herkunftsgesellschaften, die extra anreisen, auch gewürdigt werden.
Mehrkosten sorgen für Verdruss
Durch die Verlängerung der Baustelle wird das Projekt auch teurer. Von 20 Millionen Euro mehr ist die Rede – immer noch wenig bei einem Bauvolumen von mehr als einer halben Milliarde Euro und einer bislang siebenjährigen Bauzeit.
Doch hinzu kommen Mehrkosten, die den Nutzern entstehen. Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte GmbH, die die Ausstellung für das Land Berlin konzipiert, zeigte sich wenig begeistert:
"Im Prinzip sind wir fertig oder sind wir im Plan, und durch diese Verzögerung werden natürlich noch nicht kalkulierte Kosten entstehen. Es sind jede Menge von auch befristeten Arbeitsverträgen, die verlängert werden müssen, es gibt Leihverträge, es gibt relativ großen großen Handlungsbedarf natürlich, der jetzt dadurch entsteht."
Den neuen Termin einzuhalten, wird schwierig
Für Dorgerloh und Kulturstaatsministerin Monika Grütters kam das Unheil trotz mancher Vorboten unerwartet. Noch bis April versichert das für den Bau zuständige Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR, alles bleibe im Zeit- und Kostenrahmen.
Zum Offenbarungseid kam es kurz nach Pfingsten, als die Behörde einräumen musste, dass es Probleme mit der Klimatechnik und mit dem Brandschutz gebe. Auf einmal hieß es beim BBR, man sei immer von einer Schlüsselübergabe bis Ende 2019 ausgegangen, nicht von einem Eröffnungstermin.
Dass dazwischen viele Monate liegen, die gebraucht werden, um die Ausstellung einzurichten und das Haus für die Besucher vorzubereiten, weiß jeder, der mit Bauprojekten zu tun hat. Man fühle sich "ausgetrickst" heißt es aus Kreisen der Projektbeteiligten.
Und auch den neuen Eröffnungstermin im September 2020 zu halten, wird schwierig. Es heißt, Hunderte benötigte Bauarbeiter fehlen auf der Baustelle, zudem habe das BBR vor einem Jahr den erfahrenen Gesamtprojektleiter Volker Grübener von der Baustelle abgezogen, weil er für das neue Besucherzentrum des Bundestages gebraucht wurde. Seitdem litt die Bauaufsicht, Fehler häuften sich, Mängel wurden zu spät bemerkt.
"Ja, wir hätten gerne noch 200 Leute hier. Aber das müssen auch 200 Leute sein, die an der richtigen Stelle arbeiten und die richtigen Arbeiten ausführen. Insofern ist das nicht nur mit Masse zu erschlagen, sondern mit einem guten Baumanagement", erklärte Bauvorstand Hans-Dieter Hegner.
Humboldt-Geburtstagsfeier notfalls auf der Baustelle
Grütters will jetzt bei ihrem Kabinettkollegen Horst Seehofer Druck machen, damit das ihm unterstellte BBR mehr Personal zur Verfügung stellt. Sie will das wichtigste Kulturprojekt ihrer Amtszeit endlich eröffnen. Die große Humboldt-Geburtstagsfeier in diesem Jahr soll wie geplant am 13. und 14. September im Humboldtforum stattfinden - und sei es auf der Baustelle.
Und das Haus wird auch als politische Kulisse gebraucht. Im September 2020 plant sie, im wiedererrichteten Preußenschloss anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine große internationale Konferenz zu kolonialen Kontexten zu veranstalten - mit Kulturministerkollegen aus ganz Europa.