Hummelschwarm Kreativwirtschaft
Die Kreativwirtschaft-Initiatve der Bundesregierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, meinen Stadtforscher Bastian Lange und Autor Holm Friebe. Beide haben ein Weißbuch über die Branche verfasst, das Ende November erscheinen wird.
Bastian Lange: Er ist sicherlich in höherem Maße auf seine eigenen Kompetenzen, Fähigkeiten und Organisationsfähigkeiten angewiesen, weil er nicht in dem Maße einen stabilen, fixierten, organisatorischen Rahmen hat, im Rahmen einer Normal ... – sage ich mal – ... anstellung.
Joachim Scholl: Nun gibt es diese schönen, schmückenden Zahlen, wie ich sie vorhin genannt habe, Milliardenumsätze, die Politik hat die Kreativwirtschaft entdeckt, nennt Kreativität einen wichtigen Rohstoff. Es gibt eine entsprechende Initiative, die der Bundesregierung zuarbeitet. Ist das gut? Bringt das was für die Kreativen?
Lange: Ja, also ich denke, es ist ein erster Schritt der Bundespolitik, mit der Initiative ihr Verhältnis zu diesen sehr kleinteiligen Strukturen, den Selbstständigen aufzubauen. Es ist ein Versuch, innerhalb der Branchen neue Kommunikationsbeziehungen zu Marktteilnehmern, zu Institutionen herzustellen, zu fragen, was braucht ihr eigentlich, was können wir für euch machen? Das ist also erst mal prinzipiell nicht schlecht.
Holm Friebe: Ich glaube, der wichtige Lernprozess ist, dass man diese Strukturen lange Zeit nicht erkannt hat, weil sie nicht so sichtbar sind und nicht so ansprechbar, also in der Chemiebranche weiß ich, da gibt es drei, vier große Firmen, mit denen kann ich mich an einen Tisch setzen. Wie redet man mit 200.000 Freiberuflern, Soloselbstständigen aus Sicht der Politik. Und in den Blick zu nehmen, dass sie auch einen erheblichen und wachsenden Anteil an der volkswirtschaftlichen Gesamtwertschöpfung haben, ist ein erster Schritt, zu verstehen, dass man vielleicht nicht immer nur in Richtung Industrieansiedlungspolitik denkt, sondern mal fragt: Was brauchen die denn eigentlich?
Und da geht es dann nicht um Fördermilliarden oder Subventionen, sondern da geht es um angepasste Förderprogramme. Da geht es aber vor allen Dingen auch darum, Hürden zu beseitigen und Schikanen, die die Politik installiert, weil sie eben immer noch das mittelständische Unternehmen als kleinste unternehmerische Einheit vor Augen hat und nicht den Soloselbstständigen, der sich mit Finanzamt, Gewerbeaufsicht und so weiter rumschlagen muss.
Scholl: Chris Dercon, der Leiter der Münchner Kunsthalle, hat in einem Interview zu dem Komplex ziemlich böse gesagt, es herrsche eine stille Übereinkunft der politischen Parteien von links wie rechts, Selbstausbeutung zu stimulieren, und das nennen sie dann Kreativwirtschaft.
Friebe: Das war ein schönes Interview, die Enthusiasmusproblematik, das ist tatsächlich eine Problematik, dass es vielen Akteuren im Feld nicht gelingt, ihre Tagessätze und Preise durchzusetzen, weil sie so leicht zu kriegen sind über die intrinsische Motivation, das heißt, man identifiziert sich so stark mit seiner Arbeit, dass man gerne bereit ist, auch zu nicht existenzsichernden Preisen zu arbeiten. Und da ist auch mein starkes Plädoyer, sich Routinen draufzuschaffen, womit man Preise und Tagessätze durchsetzt, und da fehlt einfach eine verknappende Instanz, wie sie die Gewerkschaften in anderen Bereichen geschaffen hat. Ich bin selbst Mitglied bei ver.di, die eine sehr gute Arbeit für Freie auch machen, und finde das sehr unterstützenswert. Da muss man irgendwie versuchen, sich selbst und den eigenen Enthusiasmus zu überlisten und Verhandlungsmacht aufzubauen.
Scholl: Ende November erscheint ein Weißbuch zur Kreativwirtschaft, dass Sie beide verfasst haben. Worum geht es Ihnen da?
Lange: Na, es ist der Versuch, das Feld Kreativwirtschaft aus der relativ rigiden Betrachtungsweise, gewissermaßen aus dem Korsett der Branchenlogik erst mal herauszulösen und zu fragen: Was leistet es für den Begriff und für das Feld Innovation, und wie kann es im Grunde genommen anschlussfähig gemacht werden, um auch die Leistungsfähigkeit dieses Feldes für andere Problemfelder in der Gesellschaft, in anderen Gesellschaftsfeldern irgendwo starkzumachen?
Friebe: Parallel dazu wollen wir Szenarien entwickeln, um mal zu gucken: Wo geht dieses ganze Feld eigentlich hin? Wo bewegt sich die Branche, wenn wir sie denn mal als Branche annehmen, hin, und bleibt sie noch die Branche, die wir uns jetzt mühsam zusammenpräpariert haben, um sie mal sichtbar zu machen, oder verschmilzt sie an den Rändern mit Bildung, Gesundheitswesen? Wichtiges Thema! Was leistet die Kultur an Kreativwirtschaft über den Beitrag zum Bruttosozialprodukt hinaus für andere Branchen im Hinblick auf Innovationsfähigkeit? Also inwiefern ist das, was da entsteht und was sich gar nicht mal so sehr in Zahlen niederschlägt, ein Humus oder ein Katalysator für andere Prozesse in anderen Branchen, die uns ermöglichen, besser mit den gesellschaftlichen Problemen klarzukommen?
Joachim Scholl: Nun gibt es diese schönen, schmückenden Zahlen, wie ich sie vorhin genannt habe, Milliardenumsätze, die Politik hat die Kreativwirtschaft entdeckt, nennt Kreativität einen wichtigen Rohstoff. Es gibt eine entsprechende Initiative, die der Bundesregierung zuarbeitet. Ist das gut? Bringt das was für die Kreativen?
Lange: Ja, also ich denke, es ist ein erster Schritt der Bundespolitik, mit der Initiative ihr Verhältnis zu diesen sehr kleinteiligen Strukturen, den Selbstständigen aufzubauen. Es ist ein Versuch, innerhalb der Branchen neue Kommunikationsbeziehungen zu Marktteilnehmern, zu Institutionen herzustellen, zu fragen, was braucht ihr eigentlich, was können wir für euch machen? Das ist also erst mal prinzipiell nicht schlecht.
Holm Friebe: Ich glaube, der wichtige Lernprozess ist, dass man diese Strukturen lange Zeit nicht erkannt hat, weil sie nicht so sichtbar sind und nicht so ansprechbar, also in der Chemiebranche weiß ich, da gibt es drei, vier große Firmen, mit denen kann ich mich an einen Tisch setzen. Wie redet man mit 200.000 Freiberuflern, Soloselbstständigen aus Sicht der Politik. Und in den Blick zu nehmen, dass sie auch einen erheblichen und wachsenden Anteil an der volkswirtschaftlichen Gesamtwertschöpfung haben, ist ein erster Schritt, zu verstehen, dass man vielleicht nicht immer nur in Richtung Industrieansiedlungspolitik denkt, sondern mal fragt: Was brauchen die denn eigentlich?
Und da geht es dann nicht um Fördermilliarden oder Subventionen, sondern da geht es um angepasste Förderprogramme. Da geht es aber vor allen Dingen auch darum, Hürden zu beseitigen und Schikanen, die die Politik installiert, weil sie eben immer noch das mittelständische Unternehmen als kleinste unternehmerische Einheit vor Augen hat und nicht den Soloselbstständigen, der sich mit Finanzamt, Gewerbeaufsicht und so weiter rumschlagen muss.
Scholl: Chris Dercon, der Leiter der Münchner Kunsthalle, hat in einem Interview zu dem Komplex ziemlich böse gesagt, es herrsche eine stille Übereinkunft der politischen Parteien von links wie rechts, Selbstausbeutung zu stimulieren, und das nennen sie dann Kreativwirtschaft.
Friebe: Das war ein schönes Interview, die Enthusiasmusproblematik, das ist tatsächlich eine Problematik, dass es vielen Akteuren im Feld nicht gelingt, ihre Tagessätze und Preise durchzusetzen, weil sie so leicht zu kriegen sind über die intrinsische Motivation, das heißt, man identifiziert sich so stark mit seiner Arbeit, dass man gerne bereit ist, auch zu nicht existenzsichernden Preisen zu arbeiten. Und da ist auch mein starkes Plädoyer, sich Routinen draufzuschaffen, womit man Preise und Tagessätze durchsetzt, und da fehlt einfach eine verknappende Instanz, wie sie die Gewerkschaften in anderen Bereichen geschaffen hat. Ich bin selbst Mitglied bei ver.di, die eine sehr gute Arbeit für Freie auch machen, und finde das sehr unterstützenswert. Da muss man irgendwie versuchen, sich selbst und den eigenen Enthusiasmus zu überlisten und Verhandlungsmacht aufzubauen.
Scholl: Ende November erscheint ein Weißbuch zur Kreativwirtschaft, dass Sie beide verfasst haben. Worum geht es Ihnen da?
Lange: Na, es ist der Versuch, das Feld Kreativwirtschaft aus der relativ rigiden Betrachtungsweise, gewissermaßen aus dem Korsett der Branchenlogik erst mal herauszulösen und zu fragen: Was leistet es für den Begriff und für das Feld Innovation, und wie kann es im Grunde genommen anschlussfähig gemacht werden, um auch die Leistungsfähigkeit dieses Feldes für andere Problemfelder in der Gesellschaft, in anderen Gesellschaftsfeldern irgendwo starkzumachen?
Friebe: Parallel dazu wollen wir Szenarien entwickeln, um mal zu gucken: Wo geht dieses ganze Feld eigentlich hin? Wo bewegt sich die Branche, wenn wir sie denn mal als Branche annehmen, hin, und bleibt sie noch die Branche, die wir uns jetzt mühsam zusammenpräpariert haben, um sie mal sichtbar zu machen, oder verschmilzt sie an den Rändern mit Bildung, Gesundheitswesen? Wichtiges Thema! Was leistet die Kultur an Kreativwirtschaft über den Beitrag zum Bruttosozialprodukt hinaus für andere Branchen im Hinblick auf Innovationsfähigkeit? Also inwiefern ist das, was da entsteht und was sich gar nicht mal so sehr in Zahlen niederschlägt, ein Humus oder ein Katalysator für andere Prozesse in anderen Branchen, die uns ermöglichen, besser mit den gesellschaftlichen Problemen klarzukommen?