Hund-zu-Hund mit der Krankenschwester
Man muss sich auf die schräge Fantasie dieses Autors einlassen, um wertzuschätzen, was Padgett Powell treibt. Wenn es in einer Story "Mit diesen Sinnfickern bin ich durch" heißt, dann darf man das wörtlich nehmen. Harry Rowohlt hat Powells Geschichten kongenial-derb übersetzt.
Man ist geneigt, sich Padget Powells Story-Sammelband aus dem Jahr 1998 in der Form seines wunderbar komischen Questionnaires "Roman in Fragen" zu nähern. Wir befinden uns in diesem jetzt erst hierzulande veröffentlichten frühen Buchs des heute 61-Jährigen, wie es der deutsche Titel schon sagt, auf einer Art Wertstoffhof oder Müllhalde in die Brüche gegangener Liebesbeziehungen.
"Aliens of Affection" nannte Powell das Buch im Original – ein anspielungsreicher Titel, bezieht er sich doch auf ein Delikt aus dem amerikanischen Recht: "alienation of affection", wörtlich zu übersetzen mit "Entfremdung von Zuneigung", meint das vorsätzliche und schädliche Stören, ja das Zum-Scheitern-Bringen eines Eheverhältnisses durch Dritte. Tatsächlich tauchen in Powells Buch auch sogenannte "Fremdlinge der Zuneigung" auf, ziemlich bizarre Wesen, die sagen:
"Es gibt Amor, und es gibt uns. Wir entfremden Zuneigung."
Seltsame Burschen, diese "Schrate", die da in einem Burggraben hocken, "einen riesigen Schrottplatz gebrochener Herzen" bewachen, bei Trennungen "Beistand und Vorschub" gleichermaßen leisten und anscheinend die Oberaufsicht darüber inne haben, wer mit wem wie viel "intime Qualitätszeit" verbringt.
"Aliens of Affection" nannte Powell das Buch im Original – ein anspielungsreicher Titel, bezieht er sich doch auf ein Delikt aus dem amerikanischen Recht: "alienation of affection", wörtlich zu übersetzen mit "Entfremdung von Zuneigung", meint das vorsätzliche und schädliche Stören, ja das Zum-Scheitern-Bringen eines Eheverhältnisses durch Dritte. Tatsächlich tauchen in Powells Buch auch sogenannte "Fremdlinge der Zuneigung" auf, ziemlich bizarre Wesen, die sagen:
"Es gibt Amor, und es gibt uns. Wir entfremden Zuneigung."
Seltsame Burschen, diese "Schrate", die da in einem Burggraben hocken, "einen riesigen Schrottplatz gebrochener Herzen" bewachen, bei Trennungen "Beistand und Vorschub" gleichermaßen leisten und anscheinend die Oberaufsicht darüber inne haben, wer mit wem wie viel "intime Qualitätszeit" verbringt.
Komik und Kopulationsdrang fallen wunderbar in eins
Man muss sich schon einlassen auf die schräge Fantasie dieses Autors, um wertzuschätzen, was er da treibt. Wenn es in einer anderen Story mal heißt "Mit diesen Sinnfickern bin ich durch", dann darf man das wörtlich nehmen. Stripperinnen, "Etappenhuren", Verlagslektoren, Hausfrauen, College-Professoren und junge Lawn-Boys in all ihrer "Geilsamkeit" bevölkern dieses Buch. Auch Schwerstbeschädigte, die aus ihrem Bett heraus die Krankenschwester zum Beischlaf auffordern mit den Worten: "Ich würde dich gern mal Hund-zu-Hund."
"Kackenocheins", um's mit Harry Rowohlts kongenial-derber Übersetzung zu sagen, da fallen Komik und Kopulationsdrang ja wunderbar in eins, und man darf den Erfindungsreichtum Rowohlts ein weiteres Mal preisen (und betonen, dass das nicht misogyn zu verstehen ist): "Kaktussige Damen" ist schon eine sehr schöne Wortschöpfung. Und dass man es – recht zynisch – "hormonelle Demenz" nennen kann, wenn junge Männer auf ältere Frauen stehen, war uns auch neu.
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Padgett Powell es dem Leser nicht einfach macht. Das gilt vor allem für die längste der hier versammelten Geschichten: Sie handelt von einem offenkundig aus der Klapsmühle Geflohenen, der durch Mexiko irrt und lüstern vor sich hin bramarbasiert. Großer Schwafler, der er ist, kommt ausgerechnet er zum Schluss, zu viel Konversation zwischen den Partnern sei "eindeutig der Hauptruin von Beziehungen: Ich rate herzhaft von Gelaber ab. Es muss natürlich Minimalkommunikation geben, aber in der Schlacht der Geschlechter, wie in jedem Krieg, sollten die Kommuniqués taktisch, kurz, und wenn möglich, chiffriert sein."
Das Problem ist nur, dass Powells Figuren in ihrem Redetrieb solcherlei Beschränkung nicht immer selbst auferlegen. Mitunter wäre das von Vorteil gewesen. So verliert man sich schon mal "in dem ganzen Rundfunkorchester von Unsinn, der von jedem auf Erden gesendet wird".
Besprochen von Knut Cordsen
"Kackenocheins", um's mit Harry Rowohlts kongenial-derber Übersetzung zu sagen, da fallen Komik und Kopulationsdrang ja wunderbar in eins, und man darf den Erfindungsreichtum Rowohlts ein weiteres Mal preisen (und betonen, dass das nicht misogyn zu verstehen ist): "Kaktussige Damen" ist schon eine sehr schöne Wortschöpfung. Und dass man es – recht zynisch – "hormonelle Demenz" nennen kann, wenn junge Männer auf ältere Frauen stehen, war uns auch neu.
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Padgett Powell es dem Leser nicht einfach macht. Das gilt vor allem für die längste der hier versammelten Geschichten: Sie handelt von einem offenkundig aus der Klapsmühle Geflohenen, der durch Mexiko irrt und lüstern vor sich hin bramarbasiert. Großer Schwafler, der er ist, kommt ausgerechnet er zum Schluss, zu viel Konversation zwischen den Partnern sei "eindeutig der Hauptruin von Beziehungen: Ich rate herzhaft von Gelaber ab. Es muss natürlich Minimalkommunikation geben, aber in der Schlacht der Geschlechter, wie in jedem Krieg, sollten die Kommuniqués taktisch, kurz, und wenn möglich, chiffriert sein."
Das Problem ist nur, dass Powells Figuren in ihrem Redetrieb solcherlei Beschränkung nicht immer selbst auferlegen. Mitunter wäre das von Vorteil gewesen. So verliert man sich schon mal "in dem ganzen Rundfunkorchester von Unsinn, der von jedem auf Erden gesendet wird".
Besprochen von Knut Cordsen
Padgett Powell: Schrottplatz der gebrochenen Herzen. Storys
Aus dem amerikanischen Englisch von Harry Rowohlt
Berlin Verlag, 300 Seiten, 19,99 Euro
Aus dem amerikanischen Englisch von Harry Rowohlt
Berlin Verlag, 300 Seiten, 19,99 Euro