Den Knochen auf der Schnüffelspur
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Flintstone ist Deutschlands erster zertifizierter Archäologiehund. Der gute Riecher des Altdeutschen Hütehundes soll Wissenschaftler auf die Fährte von Uraltknochen bringen. Seine Karriere begann der talentierte Schnüffler als Rettungshund.
Wenn Archäodog Flintstone einmal den Auftrag bekommen hat, dann hält ihn wenig. Flintstone, Altdeutscher Hütehund, graues, zotteliges Fell und schöne braune Augen, schnüffelt sich dann beharrlich über den Acker bei München, auf dem noch Schnee liegt. Es ist seine abendliche Trainingseinheit. Und die Parole "Bones" aus dem Mund seines Herrchens lenkt ihn.
"Dann weiß er, dass er alte historische Knochen suchen muss. Weil, er ist ja auch noch Rettungshund und sucht lebendige Leute in Trümmern, Lawinen und in der Fläche. Und da hat er ein anderes Suchgeschirr, eine andere Leine und einen anderen Suchbefehl."
Dietmar Kroepel aus Holzkirchen bei München hat vor fünf Jahren seine zwei großen Hobbys einfach miteinander verbunden.
"Flint war ja sozusagen Rettungshund. Und aus persönlichen Gründen konnte ich mit ihm das Rettungshundetraining nicht mehr machen, stand für Einsätze nicht mehr zur Verfügung und musste ihn dann mitnehmen zu einer Ausgrabung nach Italien. Und dann hat mich der Ausgrabungsleiter begrüßt mit den Worten: Ja, lässt du jetzt schon deinen Hund die Knochen suchen. Und aus diesem Scherz - eigentlich - ist die Idee entstanden: Ja, Mensch, Flint hat nichts mehr zu tun. Das wäre eine neue Aufgabe für ihn."
Aus dem Rettungshund Flintstone wurde Archäodog Flintstone. So nennt Dietmar Kroepel die Hundeschule, die er gegründet hat.
Mit Hund statt mit Silberdetektor
Konkret funktioniert das Aufsuchen archäologischer Knochen wie mit einem Silberdetektor – nur eben mit einem Hund statt Detektor, der statt Silber Skelette aufstöbert. Es ist ein Zusammenspiel aus Hund mit guter Nase und Herrchen mit einem Auge für den Hund.
"Durch die Motivation des Hundes, was finden zu wollen und suchen zu wollen, lass ich ihn erst so wie er will über das Suchfeld gehen und stecke kleine Fähnchen da rein, die mir hinterher zeigen: Wo war was, wo war er nervös, wo hat er angezeigt, wo nicht? Und wenn ich das alles abgesucht habe, dann gehe ich noch wissenschaftlich vor: Wir haben acht mal acht-Meter-Quadrate auf dem Suchfeld. Und dann suche ich jedes Quadrat nochmal einzeln ab."
Um zu Übungszwecken mal einen antiken Knochen zu vergraben, ist es noch zu kalt, sagt Kroepel: "Wir brauchen eine Temperatur von vier, fünf Grad an der Bodenoberfläche, damit es aus der Erde rausriecht. Und jetzt bei dem Frost ist das nicht möglich."
Und trotzdem muss es hier überall verführerisch riechen, Archäodog Flintstone an der langen Leine zieht es in den angrenzenden Nadelwald.
"Na, da sind wir an einer Grenze, Flint, da kehren wir um."
Jahrelang hat Dietmar Kroepel Flintstone auf die verschiedensten Gerüche trainiert und das Material immer mehr verfeinert, bis schließlich noch der reine Geruch uralter Knochen übrigblieb, ohne organisches Gewebe.
"Für mich war das erste Mal, als wir dann zur Suche gebeten wurden und er neu war und wir das erste Mal auf einem Ausgrabungsfeld waren, spektakulär. Ich habe ihn auf den Platz gelegt, und habe mit dem Grabungsleiter besprochen, was und wie wir es tun. Und irgendwann hat er es nicht mehr ausgehalten, ist los und hat sich an einer Stelle hingelegt, angezeigt, gebellt. Er war wahrscheinlich selbst so glücklich, dass er mal endlich live raus durfte. Und da ist dann ein Römerschädel gefunden worden. Das bleibt für mich das Spektakulärste an den Fällen."
Auch auf Knochen jüngeren Datums setzt Dietmar Kroepel seinen Hund manchmal an, wenn ihn die Polizei ruft zu so genannten Cold Case-Fällen.
Zehn Minuten Schnüffeln ist wie ein Halbmarathon
"Es ist uns auch schon passiert, dass irgendwo der Ablageort der Leiche war vor Jahrzehnten. Und dass durch Wildverschleppung jetzt die Knochen über Kilometer im Wald verschleppt sind. Wir hatten einen Fall, da waren wir vier, fünf Mal und haben alle 500 Meter irgendwie einen Knochen gefunden. Aber erst beim achten oder neunten Mal, nach 3,8 Kilometern, den Ablageort."
"Feiner, ja, feiner…" – nach zwanzig Minuten gibt es für Flintstone eine Streicheleinheit, die der Hund sichtlich genießt. Und sich auch verdient hat.
"Zehn Minuten richtige Riecharbeit ist wie ein Halbmarathon beim Menschen, so anstrengend ist das für den Hund. Und deshalb ist es auch ganz gut, wenn man mit ihm laufen geht, joggen geht, ihn gymnastiziert oder longiert. Dass er auf jeden Fall noch die körperliche Kondition aufbaut. Weil das kommt ihm jetzt beim Riechen zugute. … Und das sind jetzt zwei Stellen, wie du siehst, wo er nachsuchst, wo er etwas nervös wird. … Was ist denn da? Hast du da was? – Ja. Da würde ich jetzt eine Fahne reinsetzen – und mir die Stelle merken. Nein, komm weiter…"
Laut Denkmalpflege-Atlas sei das Trainingsfeld frei von antiken Siedlungsresten, sagt Dietmar Kroepel. Ganz offensichtlich ist Flintstone anderer Meinung. Vielleicht sollte man an genau dieser Stelle doch noch einmal nachbuddeln.