Hunger ist "das größte lösbare Problem der Welt"
Das Hungerproblem in der Welt sei eigentlich lösbar, sagt Ralf Südhoff vom Welternährungsprogramm der UNO, z.B. indem man mit lokal angepassten Techniken Kleinbauern hilft. Andererseits erhalte seine Organisation nur rund zweit Drittel der benötigten Mittel und müsse immer kurzfristig bei Katastrophen einspringen, so dass derzeit keine dauerhafte Lösung erreicht werden könne.
Torsten Jabs: Afrika bleibt eine Problemzone, genauso wie Südasien. Am Telefon begrüße ich jetzt Ralf Südhoff, den Leiter des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms. Guten Tag, Herr Südhoff!
Ralf Südhoff: Guten Tag!
Jabs: Herr Südhoff, wie arbeiten Sie daran, die Hungerprobleme in der Welt zu lösen?
Südhoff: Für uns von den Vereinten Nationen ist in der Tat der Hunger das größte lösbare Problem der Welt. Und da stecken eigentlich beide Herausforderungen drin. Auf der einen Seite ist es mit Sicherheit die größte Herausforderung in der Entwicklungszusammenarbeit dieser Tage, auf der anderen Seite ist das Problem im Grunde sehr, sehr einfach zu lösen.
Wichtig dabei zu wissen ist als Erstes, dass in der Tat drei der vier hungernden Menschen weltweit paradoxerweise Kleinbauern sind, Viehzüchter, Landarbeiter, Menschen, die also selbst Nahrung produzieren. Sie werden aber so wenig befähigt, das in einem Maße tun zu können, dass sie zumindest ihre Familien ernähren können, dass sie ein bisschen Überschüsse für ihre Dörfer und Gemeinden produzieren, dass somit der Hunger in weiten Teilen besiegt werden könnte.
Wir haben ja heute zum Beispiel die Herausforderung, dass Nahrungsmittel so teuer sind wie selten zuvor, aber gerade diese Produzenten profitieren davon nicht. Und das könnten wir sehr, sehr leicht ändern.
Jabs: Wie kann man denn die Kleinbauern zum Beispiel unterstützen?
Südhoff: Beispielsweise arbeiten wir massiv daran, dass wir Kleinbauern mit lokal angepassten Techniken in der Tat befähigen, ihre Felder zu bewässern. Das lokal Angepasste ist aber das entscheidende Beispiel, die entscheidende Facette dabei, denn in der Tat, vielfach bewegen sie sich natürlich in Gegenden, wo es keinen Strom gibt, wo es wenig Infrastruktur gibt. Wenn diese Bauern aber einfache Techniken lernen, Bewässerungskanäle zu bauen, mit einfachen Handpumpen diese tatsächlich auch mit Wasser zu tränken, den Fluss, der häufig sehr, sehr in der Nähe ist, auch zu nutzen, dann ist für diese Bauern schon sehr, sehr viel gewonnen.
Zum Zweiten haben Sie grundsätzlich darüber hinaus eine Ernährungshilfe heute, die ganz andere Möglichkeiten hat als früher, weil es Techniken gibt beispielsweise in Krisen. In Westafrika haben wir massive Dürren immer wieder durch den vor allem ja auch von uns angetriebenen Klimawandel. Wenn wir diese Menschen befähigen, in diesen Dürrezeiten auf der einen Seite auf ihren Feldern zu bleiben, indem wir sie kurzfristig unterstützen, gleichzeitig aber verpflichten in dieser Zeit, gemeinsame Projekte voranzubringen, Bewässerungskanäle, Straßen zu reparieren, neue Felder anzulegen, dann sind diese Menschen in der Tat gewappnet, mit der nächsten Dürre viel, viel besser klarzukommen. Und das ist sehr erfolgreich.
Jabs: Wie schwer ist es insgesamt, auf Notsituationen oder vielleicht sogar noch auf Katastrophen, wie wir es gehört haben, zu reagieren?
Südhoff: Die Herausforderung selbst für uns als größte Hilfsorganisation der Welt ist, dass natürlich immer wieder wir nicht wissen, mit wie vielen Mitteln können wir eigentlich arbeiten? Ich gebe Ihnen ein Beispiel, das Budget des Welternährungsprogramms der UNO ist komplett freiwillig finanziert, von Regierungen, privaten Spendern, Unternehmen. Wir haben mittlerweile, müssen wir davon ausgehen, am Ende des Jahres nur 60 Prozent der Mittel, die wir bräuchten, um unseren Auftrag zu erfüllen. Und diesen Auftrag bekommen wir von denselben Regierungen in unserem Bord, was zu uns sagt, unterstützt, wenn es irgend geht, zumindest die 90, 100 Millionen hungerndsten Menschen weltweit.
Gleichzeitig erhalten wir, wenn es gut geht, nur rund zwei Drittel der Mittel, die wir dafür bräuchten, und müssen dann immer wieder Programme kürzen, immer wieder streichen. Beispielsweise Schulkinder, denen wir eine Bildung ermöglichen wollen, können wir dann kurzfristig nicht unterstützen, weil wir auf Krisen reagieren müssen und erst einmal Leben retten müssen. Und diese Kurzatmigkeit der Hilfe, die macht es natürlich immer wieder schwer, dann dauerhaft das Problem zu lösen, obwohl wir alle Werkzeuge, alles Know-how und auch die Leute vor Ort dafür hätten.
Jabs: Einschätzungen von Ralf Südhoff, dem Leiter des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms. Vielen Dank für das Gespräch!
Südhoff: Sehr gerne!
Jabs: Das war unser Tagesthema zum Welthungerindex 2013. Statistisch gesehen sind seit Beginn unserer Sendung um 12:07 Uhr bisher rund 85 Kinder an den Folgen des Hungers gestorben.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ralf Südhoff: Guten Tag!
Jabs: Herr Südhoff, wie arbeiten Sie daran, die Hungerprobleme in der Welt zu lösen?
Südhoff: Für uns von den Vereinten Nationen ist in der Tat der Hunger das größte lösbare Problem der Welt. Und da stecken eigentlich beide Herausforderungen drin. Auf der einen Seite ist es mit Sicherheit die größte Herausforderung in der Entwicklungszusammenarbeit dieser Tage, auf der anderen Seite ist das Problem im Grunde sehr, sehr einfach zu lösen.
Wichtig dabei zu wissen ist als Erstes, dass in der Tat drei der vier hungernden Menschen weltweit paradoxerweise Kleinbauern sind, Viehzüchter, Landarbeiter, Menschen, die also selbst Nahrung produzieren. Sie werden aber so wenig befähigt, das in einem Maße tun zu können, dass sie zumindest ihre Familien ernähren können, dass sie ein bisschen Überschüsse für ihre Dörfer und Gemeinden produzieren, dass somit der Hunger in weiten Teilen besiegt werden könnte.
Wir haben ja heute zum Beispiel die Herausforderung, dass Nahrungsmittel so teuer sind wie selten zuvor, aber gerade diese Produzenten profitieren davon nicht. Und das könnten wir sehr, sehr leicht ändern.
Jabs: Wie kann man denn die Kleinbauern zum Beispiel unterstützen?
Südhoff: Beispielsweise arbeiten wir massiv daran, dass wir Kleinbauern mit lokal angepassten Techniken in der Tat befähigen, ihre Felder zu bewässern. Das lokal Angepasste ist aber das entscheidende Beispiel, die entscheidende Facette dabei, denn in der Tat, vielfach bewegen sie sich natürlich in Gegenden, wo es keinen Strom gibt, wo es wenig Infrastruktur gibt. Wenn diese Bauern aber einfache Techniken lernen, Bewässerungskanäle zu bauen, mit einfachen Handpumpen diese tatsächlich auch mit Wasser zu tränken, den Fluss, der häufig sehr, sehr in der Nähe ist, auch zu nutzen, dann ist für diese Bauern schon sehr, sehr viel gewonnen.
Zum Zweiten haben Sie grundsätzlich darüber hinaus eine Ernährungshilfe heute, die ganz andere Möglichkeiten hat als früher, weil es Techniken gibt beispielsweise in Krisen. In Westafrika haben wir massive Dürren immer wieder durch den vor allem ja auch von uns angetriebenen Klimawandel. Wenn wir diese Menschen befähigen, in diesen Dürrezeiten auf der einen Seite auf ihren Feldern zu bleiben, indem wir sie kurzfristig unterstützen, gleichzeitig aber verpflichten in dieser Zeit, gemeinsame Projekte voranzubringen, Bewässerungskanäle, Straßen zu reparieren, neue Felder anzulegen, dann sind diese Menschen in der Tat gewappnet, mit der nächsten Dürre viel, viel besser klarzukommen. Und das ist sehr erfolgreich.
Jabs: Wie schwer ist es insgesamt, auf Notsituationen oder vielleicht sogar noch auf Katastrophen, wie wir es gehört haben, zu reagieren?
Südhoff: Die Herausforderung selbst für uns als größte Hilfsorganisation der Welt ist, dass natürlich immer wieder wir nicht wissen, mit wie vielen Mitteln können wir eigentlich arbeiten? Ich gebe Ihnen ein Beispiel, das Budget des Welternährungsprogramms der UNO ist komplett freiwillig finanziert, von Regierungen, privaten Spendern, Unternehmen. Wir haben mittlerweile, müssen wir davon ausgehen, am Ende des Jahres nur 60 Prozent der Mittel, die wir bräuchten, um unseren Auftrag zu erfüllen. Und diesen Auftrag bekommen wir von denselben Regierungen in unserem Bord, was zu uns sagt, unterstützt, wenn es irgend geht, zumindest die 90, 100 Millionen hungerndsten Menschen weltweit.
Gleichzeitig erhalten wir, wenn es gut geht, nur rund zwei Drittel der Mittel, die wir dafür bräuchten, und müssen dann immer wieder Programme kürzen, immer wieder streichen. Beispielsweise Schulkinder, denen wir eine Bildung ermöglichen wollen, können wir dann kurzfristig nicht unterstützen, weil wir auf Krisen reagieren müssen und erst einmal Leben retten müssen. Und diese Kurzatmigkeit der Hilfe, die macht es natürlich immer wieder schwer, dann dauerhaft das Problem zu lösen, obwohl wir alle Werkzeuge, alles Know-how und auch die Leute vor Ort dafür hätten.
Jabs: Einschätzungen von Ralf Südhoff, dem Leiter des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms. Vielen Dank für das Gespräch!
Südhoff: Sehr gerne!
Jabs: Das war unser Tagesthema zum Welthungerindex 2013. Statistisch gesehen sind seit Beginn unserer Sendung um 12:07 Uhr bisher rund 85 Kinder an den Folgen des Hungers gestorben.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.