Wie sieht die Ernährung der Zukunft aus?
Gut sieben Milliarden Menschen leben heute auf der Erde und mehr als 800 Millionen von ihnen werden nicht satt. Bis 2050 steigt die Weltbevölkerung auf fast zehn Milliarden Menschen. Wie können sie sich ausreichend ernähren?
Das Milleniumsziel der UNO, die Zahl der Hungernden bis zum Jahr 2015 zu halbieren, ist bei Weitem nicht erreicht: Noch immer leiden etwa 805 Millionen Menschen an Hunger, so der aktuelle Welthungerindex.
Wie können wir immer mehr Menschen satt bekommen?
"Ernährung ist eine hochpolitische Angelegenheit", sagt der Journalist Stefan Kreutzberger. "
"Wenn die Zahl der Hungernden auf der Welt steigt, dann liegt das nicht am Mangel, sondern an der ungleichen und unfairen globalen und sozialen Verteilung."
Bereits mit seinem Buch "Die Essensvernichter" und dem Film "Taste the Waste" beschäftigte er sich – gemeinsam mit dem Filmemacher Valentin Thurn – mit der Überproduktion von Nahrung auf der einen und dem Mangel an Essen auf der anderen Seite. Nun hat das Autoren-Duo ein neues Buch herausgebracht "Harte Kost". Darin begeben sie sich auf die Suche nach Lösungen für die Ernährung der Welt.
Konsumverzicht in Industrieländern nötig
Kreutzberger kritisiert nicht nur die zunehmend industrialisierte Landwirtschaft, mit dem Einsatz von Pestiziden und Gentechnik, er mahnt auch die reichen Staaten wie Deutschland zu mehr Konsumverzicht:
"Es ist ein enormer Ressourcenverbrauch: Wenn wir alle so weitermachen wie in Deutschland, bräuchten wir drei Erden – die haben wir aber nicht! Wir können nicht beliebig weiter auf Wachstum setzen und die Ernährungsindustrie ankurbeln."
Stattdessen setzt er auf die Stärkung der Kleinbauern, auch in den Entwicklungsländern.
"Die Lebensmittelindustrie muss anders produzieren: Weg von der Massenproduktion und den Monopolen, hin zu biologischer und regionaler Landwirtschaft, wie es früher ja auch war."
Mehr Technologie statt Kleinbauern
"Der Hunger in der Welt kann bis 2030 besiegt werden. Dies ist ein ambitioniertes, aber erreichbares Ziel", sagt Prof. Dr. Joachim von Braun.Der Agrarökonom ist Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn. Der Vorsitzende des von der Bundesregierung eingesetzten Bioökonomierates sieht allerdings andere Lösungen als Stefan Kreutzberger: Neun oder zehn Milliarden Menschen seien mit dem Ertrag von Kleinbauern nicht zu ernähren.
Diese hierzulande verbreitete sentimentale Liebe zu den Kleinbauern negiere, wie hart und menschenverachtend diese Arbeit oft sei. In wohl keinem Zweig gebe es zudem so viel Kinderarbeit. Viele Kleinbauern seien auch daran interessiert, effektiver anzubauen:
"Wir müssen weg von der Hacke und hin zu mehr Technologie."
Mangel an wichtigen Nährstoffen weit verbreitet
Braun, der auch Vizepräsident der Welthungerhilfe ist, setzt eher auf Effizienz in der Landwirtschaft, auf moderne Technologien in der Pflanzenzucht – auch den Einsatz der "grünen Gentechnik".
"Die Hungerbekämpfung ist leider immer komplexer geworden. Es geht längst nicht mehr nur um die Reaktion auf Naturkatastrophen. Der Hunger darf außerdem nicht nur als Kalorienmangel verstanden werden, von dem ca. 805 Millionen Menschen betroffen sind. Hinzu kommt: Rund zwei Milliarden Menschen leiden an Mangel anderer essenzieller Nährstoffe wie Eisen und Vitamin A. Sie sind deswegen oft krank und können nicht gut arbeiten und lernen. Das nennt man versteckten Hunger."
Seine Forderungen: "In der Landwirtschaft müssen die Produktion und die Einkommen gesteigert werden. Wichtig sind außerdem Programme zur Bereitstellung von Nahrung mit ausreichenden Nährstoffen für Arme und die Einkommenstransferprogramme, wie Brasilien und Mexiko sie haben."
Stefan Kreutzberger, Valentin Thurn: "Harte Kost. Wie unser Essen produziert wird – Auf der Suche nach Lösungen für die Ernährung der Welt", Ludwig-Verlag, Erscheinungsdatum: 10. November 2014