Hype auf Ackerböden
Investitionen in Ackerflächen gelten als krisensicher. Waren es früher Staaten, die Länder kolonisierten, sind es heute Konzerne. Wir verlieren Boden für die Landwirtschaft, während die hungrige Menschheit wächst: So lautet die Kernaussage des neuen Buches von Wilfried Bommert.
So lautet die Kernaussage des neuen Öko-Reißers von Wilfried Bommert, "Bodenrausch." Ursache ist ein vielfältiges Gemisch ökonomischer und natürlicher Ursachen, das der Autor beklemmend dicht und hervorragend recherchiert ins Blickfeld nimmt.
Der Run auf die Böden der Welt begann im Krisenjahr 2008, als sich spekulative Fonds auf die Landwirtschaft stürzten. Eine Traumrendite von dreißig Prozent ist für Boden-Börsianer bis heute keine Seltenheit. Land für Land arbeitet der Autor heraus, in welchem Umfang und unter welchen Umständen fruchtbares Land bereits den Besitzer gewechselt hat.
Im Fadenkreuz der Bodenkäufer stehen vor allem "failed states", in Auflösung begriffene Gemeinwesen wie Uganda, Nigeria oder der Kongo. Warlords und herrschende Cliquen verhökern bedenkenlos Ackerböden an internationale Investoren. Aber auch im friedlichen Ostfriesland und im Münsterland kaufen Kapitalanleger Hektar um Hektar.
Was in Europa das gute Geld besorgt, erledigen in armen Ländern Entrechtung und Vertreibung. In verstörenden Passagen schildert Wilfried Bommert, wie ganze Dörfer mit brutaler Gewalt oder vertraglichen Tricks von ihren Äckern vertrieben werden. In Pakistan sichert die Regierung saudi-arabischen Investoren sogar militärischen Beistand zu, sollten Getreidetransporte vom eigenen Hunger-Prekariat angegriffen werden.
Voran getrieben wird der weltweite Hype auf Ackerböden vom Hunger auf Fleisch, einer wachsenden Weltbevölkerung und dem Anbau von Biospritpflanzen. Zudem lassen Klimawandel und Versalzung die hauchdünne Erdschicht des blauen Planeten immer knapper werden, die aus natürlichen Gründen ohnehin kontinuierlich schrumpft.
Reportage und Dokumentation, Datenmaterial, Grafiken und Tabellen kombiniert der Autor zu einem eindringlichen und packenden Grundlagenwerk über eines der heißesten Öko-Themen dieser Tage. Doch Wilfried Bommert klagt nicht nur an; er formuliert auch politische Forderungen und Lösungsvorschläge.
Natürlich gehören dazu weniger Fleischkonsum, die Abkehr vom Biosprit und der Stopp der Massenvernichtung von Lebensmitteln in Handel und privaten Haushalten. Auch eine internationale Konvention, um spekulativen Landgeschäften Einhalt zu gebieten, und die Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft durch die Weltbank hält Wilfried Bommert für dringend geboten.
Und wie steht es um die Herstellung neuer Böden? Projekte dazu gibt es tatsächlich, sowohl in der universitären Agrarforschung wie in der Biolandwirtschaft. Die Erfolge sind bislang mager. Das Terra-preta-Rezept der ausgerotteten Amazonas-Indianer enthält einen Faktor X - ihm kam bislang kein Forscher auf die Schliche.
Besprochen von Susanne Billig
Wilfried Bommert: Bodenrausch - Die globale Jagd nach den Äckern der Welt
Eichborn Verlag, Berlin 2012
384 Seiten, 19,99 Euro
Der Run auf die Böden der Welt begann im Krisenjahr 2008, als sich spekulative Fonds auf die Landwirtschaft stürzten. Eine Traumrendite von dreißig Prozent ist für Boden-Börsianer bis heute keine Seltenheit. Land für Land arbeitet der Autor heraus, in welchem Umfang und unter welchen Umständen fruchtbares Land bereits den Besitzer gewechselt hat.
Im Fadenkreuz der Bodenkäufer stehen vor allem "failed states", in Auflösung begriffene Gemeinwesen wie Uganda, Nigeria oder der Kongo. Warlords und herrschende Cliquen verhökern bedenkenlos Ackerböden an internationale Investoren. Aber auch im friedlichen Ostfriesland und im Münsterland kaufen Kapitalanleger Hektar um Hektar.
Was in Europa das gute Geld besorgt, erledigen in armen Ländern Entrechtung und Vertreibung. In verstörenden Passagen schildert Wilfried Bommert, wie ganze Dörfer mit brutaler Gewalt oder vertraglichen Tricks von ihren Äckern vertrieben werden. In Pakistan sichert die Regierung saudi-arabischen Investoren sogar militärischen Beistand zu, sollten Getreidetransporte vom eigenen Hunger-Prekariat angegriffen werden.
Voran getrieben wird der weltweite Hype auf Ackerböden vom Hunger auf Fleisch, einer wachsenden Weltbevölkerung und dem Anbau von Biospritpflanzen. Zudem lassen Klimawandel und Versalzung die hauchdünne Erdschicht des blauen Planeten immer knapper werden, die aus natürlichen Gründen ohnehin kontinuierlich schrumpft.
Reportage und Dokumentation, Datenmaterial, Grafiken und Tabellen kombiniert der Autor zu einem eindringlichen und packenden Grundlagenwerk über eines der heißesten Öko-Themen dieser Tage. Doch Wilfried Bommert klagt nicht nur an; er formuliert auch politische Forderungen und Lösungsvorschläge.
Natürlich gehören dazu weniger Fleischkonsum, die Abkehr vom Biosprit und der Stopp der Massenvernichtung von Lebensmitteln in Handel und privaten Haushalten. Auch eine internationale Konvention, um spekulativen Landgeschäften Einhalt zu gebieten, und die Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft durch die Weltbank hält Wilfried Bommert für dringend geboten.
Und wie steht es um die Herstellung neuer Böden? Projekte dazu gibt es tatsächlich, sowohl in der universitären Agrarforschung wie in der Biolandwirtschaft. Die Erfolge sind bislang mager. Das Terra-preta-Rezept der ausgerotteten Amazonas-Indianer enthält einen Faktor X - ihm kam bislang kein Forscher auf die Schliche.
Besprochen von Susanne Billig
Wilfried Bommert: Bodenrausch - Die globale Jagd nach den Äckern der Welt
Eichborn Verlag, Berlin 2012
384 Seiten, 19,99 Euro