Der Partytalk, der keiner ist
09:42 Minuten
Der Hype um die Audio-Plattform Clubhouse könnte größer kaum sein. Wer es schließlich rein schafft, fühlt sich wie auf einer großen Party und plaudert ungezwungen drauf los. Aber jeder kann zuhören, warnt Journalist Richard Gutjahr.
"Clubhouse macht total süchtig", resümiert der Journalist Richard Gutjahr seine Erfahrungen mit diesem neuen sozialen Medium. Mitmachen können bislang nur iPhone-Besitzer und auch erst nach Einladung durch einen bereits registrierten Nutzer – mit ein Grund für den momentanen Hype um diese App.
Vorstellen muss man sich das Ganze wie eine große Party, die in verschiedenen Räumen stattfindet. In diesen treffen sich fremde Menschen und sprechen miteinander über verschiedene Themen. Das Besondere hier ist, dass man tatsächlich miteinander spricht. Man kann von einer Diskussionsrunde zur nächsten zappen und auch überall selbst etwas beisteuern.
Trügerische Intimität
"Das Trügerische an dieser App ist: Sie schafft eine unheimliche Intimität, eine unheimliche Nähe. Man wird da richtig eingesogen. Wenn man die Augen schließt, könnte man tatsächlich der Meinung sein, die Leute stehen wirklich gerade an einer Hotelbar, alle miteinander, also physisch, und reden miteinander."
Und so fallen dann die Hemmschwellen, wie Gutjahr erklärt, und man plaudert etwas offener als auf Facebook oder im Radio. Doch der Chat ist öffentlich. Jeder kann mithören.
Noch gibt es wenig Erfahrung mit diesem neuen sozialen Medium. Genau hier setzen Early Adopter wie rechte Aktivisten ein. "Sie haben die Chancen des Webs früh erkannt und sehr schnell begriffen, dass man dieses Vakuum, das da noch herrscht, schnell mit eigenen Themen füllen kann", sagt Gutjahr.
Ein neues Berufsfeld etabliert sich
Das Problem ist nun, dass man nicht sofort erkennt, mit wem man es da zu tun hat. Deswegen plädiert Gutjahr dafür, die Moderatoren der einzelnen Räume stärker in die Pflicht zu nehmen, sie müssten zumindest die Menschen, die mitdiskutieren wollen, anmoderieren. Die Moderatoren erteilen nämlich den Nutzern, die etwas sagen wollen, das Wort.
Langfristig, glaubt Gutjahr, könnte sich ein neues Berufsbild etablieren, ähnlich dem des Community-Managers, der mit den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook notwendig wurde. Es könnte also bald Clubhouse-Moderatoren geben.
"Die Kunst wird sein, das Ding nicht so professionell zu moderieren, dass die Leute sagen: Das habe ich jeden Sonntagabend auch bei Anne Will."
(ckr)