Ian McEwan: "Maschinen wie ich"
Aus dem Englischen von Bernhard Robben
Diogenes, Zürich 2019
416 Seiten, 25 Euro
Ein Roboter mit Prinzipien
02:59 Minuten
Der technische Fortschritt muss nicht zur Bedrohung für uns werden, findet der britische Schriftsteller Ian McEwan. Künstliche Menschen könnten sogar moralischer sein als wir. Sein neuer Roman "Maschinen wie ich" sorgt deshalb für Diskussionen.
"Der erste wirklich funktionsfähige, künstliche Mensch mit überzeugender Intelligenz und glaubhaftem Äußeren, mit lebensechter Motorik und Mimik kam auf den Markt, eine Woche ehe unsere Truppen zu ihrer hoffnungslosen Falkland-Mission aufbrachen", heißt es in Ian McEwans Roman "Maschinen wie ich".
"Adam kostete 86.000 Pfund. Ich brachte ihn in einem gemieteten Transporter zu meiner schäbigen Wohnung in North Clapham. Zwölf Exemplare dieser ersten Produktionsreihe hießen Adam, dreizehn Eve. Die Eves waren nach einer Woche schon ausverkauft."
Charlie, Anfang 30, der eigentlich nichts so richtig auf die Reihe kriegt, kauft nach dem Tod seiner Mutter mit dem Erlös aus dem Verkauf des Elternhauses einen Roboter. Gleichzeitig verliebt er sich in seine Nachbarin Miranda, und gemeinsam programmieren sie den ziemlichen lebensechten Androiden.
Charlie, Anfang 30, der eigentlich nichts so richtig auf die Reihe kriegt, kauft nach dem Tod seiner Mutter mit dem Erlös aus dem Verkauf des Elternhauses einen Roboter. Gleichzeitig verliebt er sich in seine Nachbarin Miranda, und gemeinsam programmieren sie den ziemlichen lebensechten Androiden.
Charlie, Miranda und Adam leben fortan in einer Dreierbeziehung. Adam kümmert sich klaglos um den Abwasch, darüber hinaus mischt er sich aber immer mehr in das Leben von Charlie und Miranda ein. Als es den beiden zu bunt wird, und sie den Abschaltknopf drücken wollen, wehrt sich Adam ziemlich resolut, und Charlie landet mit gebrochenem Handgelenk in der Notfallaufnahme des Krankenhauses.
Ian McEwan beschreibt in seinem neuen Buch Fluch und Segen künstlicher Intelligenz: "Die moderne Vorlage für die Bedrohung durch Technologie und Wissenschaft ist Mary Shelleys Frankenstein", sagt der britische Schriftsteller.
"Das Monster wird dort zum Mörder und zu einer andauernden Warnung. Ich sehe das etwas anders. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Erfinder dieser künstlichen Menschen ihnen unsere allerbesten Eigenschaften geben. Vielleicht finden wir uns sogar zwischen Wesen wieder, die freundlicher und moralischer sind als wir."
Wer hat Recht: Mensch oder Roboter?
Genau das wird hier zum Problem. Miranda hat ein dunkles Geheimnis, das sie nicht offenbaren möchte. Doch Adam ist ein Roboter mit Prinzipien, aufrichtig, gesetzestreu – und bringt dadurch Miranda in ernste Schwierigkeiten.
Leser des Buches, das bereits vor einigen Wochen auf Englisch erschien, streiten darüber, wer am Ende Recht hat: Miranda oder Adam. Der Autor freut sich darüber. Diese Wirkung habe er sich erträumt, er sei selber hin- und hergerisssen, sagte McEwan der BBC.
McEwan hat ein spannendes, amüsantes und kluges Buch über künstliche Intelligenz geschrieben. Und quasi nebenbei wirbelt er die britische Geschichte kräftig durcheinander. Denn natürlich gab es in den 1980er-Jahren noch keine hoch entwickelten Roboter, und auch keine selbstfahrenden Autos. Die Briten siegten im Falkland-Krieg. Und die nationale Begeisterung sicherte Margaret Thatcher die Wiederwahl.
In McEwans Buch aber verlieren die Briten kläglich gegen die Argentinier, und der linke Labour-Politiker Tony Benn (nicht etwa Tony Blair!) zieht in die Downing Street ein.
Der Autor, der den Brexit für einen blöden Fehler hält, schärft so den Blick dafür, dass häufig Kleinigkeiten und Zufälle den Lauf der Geschichte entscheiden. Außerdem habe er einfach Lust auf solche Spielereien gehabt – Prognosen für die Zukunft seien doch immer falsch, sagt McEwan, da könne man doch auch einmal über die Vergangenheit etwas Falsches schreiben.