"Ich bin eine erstklassige Schriftstellerin zweiter Güte"
Vicki Baum sagte immer, sie schreibe eigentlich nur des Geldes wegen. Dafür hat sie ein bemerkenswertes Oeuvre hinterlassen - Dutzende von Romanen und Novellen, hinzu kommen die vielen Feuilletons, die sie als Redakteurin des Ullstein-Verlags zwischen 1926 und 1931 verfasste. Weltruhm brachte ihr "Menschen im Hotel", mehrfach verfilmt, in Hollywood sogar mit Greta Garbo.
"Meine lieben Kinder,
ich habe den Tod immer als einen so natürlichen, einfachen, erfüllenden und eigentlich wünschenswerten Teil des Lebens angesehen, dass ich das ganze Getue darum nie verstanden habe. Ich bin sicher, dass ihr meine Abneigung gegen den falschen Pomp und schlechten Geschmack einer Beisetzung teilt. Deshalb kein Begräbnis für mich, keine Blumen, keine Gedächtnisreden, keine öffentlichen Tränen."
Vicki Baum starb am 29. August 1960. Sie war 72 Jahre alt geworden. Von ihrer Krankheit, Leukämie, hatte sie lange gewusst, aber sowenig Aufhebens davon gemacht, wie es ihrem Lebensmotto entsprach: Nimm dich nicht so wichtig! Das sagte und schrieb sie oft, so oft, dass der Verdacht nahe lag, hier reiße sich jemand am Riemen, der zu Narzissmus oder Grandiosität gerade neigt. Aber bei Vicki Baum mochte dahinter eine gesunde Reaktion auf den Jammer ihrer Kindheit gesteckt haben: die Mutter nervenkrank; der Vater ein überängstlicher und rigider Hypochonder; die Großmutter eine geübte Schaukranke, die ihre Familie mit Herzanfällen tyrannisierte. Sich aus diesem Terror einer ansonsten gutbürgerlichen Familie selbst befreit zu haben, mag Vicki Baums Selbstbild als Kämpferin begründet haben. Ein weiterer Grund, sich nicht allzu wichtig zu nehmen, war, paradoxerweise, ihr großer Erfolg. Die Romane, mit denen Vicki Baum berühmt wurde, tragen das Etikett "Trivialliteratur".
"Ich weiß, was ich wert bin. Ich bin eine erstklassige Schriftstellerin zweiter Güte."
Ja, Vicki Baums Bücher sind unterhaltsam, kalkuliert, geradlinig und manchmal unerträglich klischeehaltig. Aber sogenannte Trivialliteratur hat jederzeit die Chance, ihre Leser zum Denken anzuregen. Vicki Baums prägnanter, fantasiereicher, bildungsgesättigter Stil, die Fülle genauer Beobachtungen und mancher frappierende Gedanke verbieten den Vergleich mit fast allem, was heute Saison für Saison an leichter Lektüre auf den Markt geworfen wird.
Aufgewachsen war Vicki Baum in Wien, umgeben von Musik und Geist des Fin de Siècle. Zunächst zur Harfenistin ausgebildet, spielte sie schon mit 15 im Orchester. Der schwierigen Familie konnte sie nun entfliehen, dabei half auch eine kurze Ehe mit einem verkrachten Literaten, dem sie mit eigenen Geschichten aushalf. So entdeckte sie, dass sie erzählen konnte; und als sie, diesmal war es für immer, den Dirigenten Hans Lert heiratete, die Harfe aufgab und zwei Söhne bekam, da sattelte sie ganz aufs Schreiben um. Der Roman "stud. chem. Helene Willführ", mit dem sie sich an das brisante Abtreibungsthema herantraute, machte sie bekannt. 1926 ging sie zum Ullstein-Verlag nach Berlin.
Berlin, wo 1929 das Buch erschien, das sie bis heute weltberühmt machte.
"Grand Hotel Portier bitte! Sehr wohl gnädige Frau, sofort! Page Nr 68 ..."
In "Menschen im Hotel" versammelte Vicki Baum geschickt verschiedene Schicksale an einem Ort - "abgedroschene Situationen, abgedroschene Figuren" sagte sie selbst. Aber es waren Typen, die ihrer Zeit, den unruhigen 20er Jahren entsprachen, gezeichnet von Krieg und Unsicherheit. Die nicht mehr ganz so berühmte Ballerina; der verarmte Baron; die illusionslose Stenotypistin; der lebenssüchtige kleine Angestellte; der ruinierte Geschäftsmann.
"Post für mich gekommen?" - "Diesmal leider nicht Herr Doktor." - "Guten Tag Krengelein, Otto, mein Name." - "Meinen Schlüssel bitte, Nr. 76." - "Bitte gnädige Frau!"
Mit Menschen im Hotel traf Vicki Baum den realistischen, neusachlichen Geist der Zeit, zu dem sie in Berlin gefunden hatte.
"Erst in Berlin, in diesen kurzen 20er-Jahren, war ich zum ersten Mal in meiner Zeit zu Hause."
Diese nüchterne pessimistische Hellsicht erreichte sie nicht mehr. Berlin Hotel, eine ähnlich konstruierte Geschichte, die am Ende des Zweiten Weltkriegs spielt, wirkt dagegen eindimensional - aber da schrieb Vicki Baum schon auf Englisch in Amerika, wohin sie bereits 1931 mit Mann und Kindern gegangen war. Sie, die ihre jüdische Abkunft ungern zum Thema machte und sich gar als unpolitisch bezeichnete, hatte früher als andere begriffen, was kommen würde in Deutschland.
ich habe den Tod immer als einen so natürlichen, einfachen, erfüllenden und eigentlich wünschenswerten Teil des Lebens angesehen, dass ich das ganze Getue darum nie verstanden habe. Ich bin sicher, dass ihr meine Abneigung gegen den falschen Pomp und schlechten Geschmack einer Beisetzung teilt. Deshalb kein Begräbnis für mich, keine Blumen, keine Gedächtnisreden, keine öffentlichen Tränen."
Vicki Baum starb am 29. August 1960. Sie war 72 Jahre alt geworden. Von ihrer Krankheit, Leukämie, hatte sie lange gewusst, aber sowenig Aufhebens davon gemacht, wie es ihrem Lebensmotto entsprach: Nimm dich nicht so wichtig! Das sagte und schrieb sie oft, so oft, dass der Verdacht nahe lag, hier reiße sich jemand am Riemen, der zu Narzissmus oder Grandiosität gerade neigt. Aber bei Vicki Baum mochte dahinter eine gesunde Reaktion auf den Jammer ihrer Kindheit gesteckt haben: die Mutter nervenkrank; der Vater ein überängstlicher und rigider Hypochonder; die Großmutter eine geübte Schaukranke, die ihre Familie mit Herzanfällen tyrannisierte. Sich aus diesem Terror einer ansonsten gutbürgerlichen Familie selbst befreit zu haben, mag Vicki Baums Selbstbild als Kämpferin begründet haben. Ein weiterer Grund, sich nicht allzu wichtig zu nehmen, war, paradoxerweise, ihr großer Erfolg. Die Romane, mit denen Vicki Baum berühmt wurde, tragen das Etikett "Trivialliteratur".
"Ich weiß, was ich wert bin. Ich bin eine erstklassige Schriftstellerin zweiter Güte."
Ja, Vicki Baums Bücher sind unterhaltsam, kalkuliert, geradlinig und manchmal unerträglich klischeehaltig. Aber sogenannte Trivialliteratur hat jederzeit die Chance, ihre Leser zum Denken anzuregen. Vicki Baums prägnanter, fantasiereicher, bildungsgesättigter Stil, die Fülle genauer Beobachtungen und mancher frappierende Gedanke verbieten den Vergleich mit fast allem, was heute Saison für Saison an leichter Lektüre auf den Markt geworfen wird.
Aufgewachsen war Vicki Baum in Wien, umgeben von Musik und Geist des Fin de Siècle. Zunächst zur Harfenistin ausgebildet, spielte sie schon mit 15 im Orchester. Der schwierigen Familie konnte sie nun entfliehen, dabei half auch eine kurze Ehe mit einem verkrachten Literaten, dem sie mit eigenen Geschichten aushalf. So entdeckte sie, dass sie erzählen konnte; und als sie, diesmal war es für immer, den Dirigenten Hans Lert heiratete, die Harfe aufgab und zwei Söhne bekam, da sattelte sie ganz aufs Schreiben um. Der Roman "stud. chem. Helene Willführ", mit dem sie sich an das brisante Abtreibungsthema herantraute, machte sie bekannt. 1926 ging sie zum Ullstein-Verlag nach Berlin.
Berlin, wo 1929 das Buch erschien, das sie bis heute weltberühmt machte.
"Grand Hotel Portier bitte! Sehr wohl gnädige Frau, sofort! Page Nr 68 ..."
In "Menschen im Hotel" versammelte Vicki Baum geschickt verschiedene Schicksale an einem Ort - "abgedroschene Situationen, abgedroschene Figuren" sagte sie selbst. Aber es waren Typen, die ihrer Zeit, den unruhigen 20er Jahren entsprachen, gezeichnet von Krieg und Unsicherheit. Die nicht mehr ganz so berühmte Ballerina; der verarmte Baron; die illusionslose Stenotypistin; der lebenssüchtige kleine Angestellte; der ruinierte Geschäftsmann.
"Post für mich gekommen?" - "Diesmal leider nicht Herr Doktor." - "Guten Tag Krengelein, Otto, mein Name." - "Meinen Schlüssel bitte, Nr. 76." - "Bitte gnädige Frau!"
Mit Menschen im Hotel traf Vicki Baum den realistischen, neusachlichen Geist der Zeit, zu dem sie in Berlin gefunden hatte.
"Erst in Berlin, in diesen kurzen 20er-Jahren, war ich zum ersten Mal in meiner Zeit zu Hause."
Diese nüchterne pessimistische Hellsicht erreichte sie nicht mehr. Berlin Hotel, eine ähnlich konstruierte Geschichte, die am Ende des Zweiten Weltkriegs spielt, wirkt dagegen eindimensional - aber da schrieb Vicki Baum schon auf Englisch in Amerika, wohin sie bereits 1931 mit Mann und Kindern gegangen war. Sie, die ihre jüdische Abkunft ungern zum Thema machte und sich gar als unpolitisch bezeichnete, hatte früher als andere begriffen, was kommen würde in Deutschland.