"Ich bin gegen Extremismus von beiden Seiten"
Die linken Veranstalter einer Gedenkfeier zum 20. Jahrestag rassistischer Übergriffe in Hoyerswerda hätten sich ebenso problematisch verhalten, wie die rechtsextremen Pöbeler, die ihre Gedenkminute störten, sagt Hoyerswerdas Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU).
Stephan Karkowsky: Da hat sich das sächsische Städtchen Hoyerswerda 20 Jahre lang redlich bemüht: nichts kleingeredet, nichts verschwiegen, stattdessen immer wieder selbst daran erinnert an die fünf Tage dauernden fremdenfeindlichen Angriffe auf Asylbewerber 1991. – Und ausgerechnet zum 20. Gedenktag machen die örtlichen Neonazis wieder alles kaputt und grölen ihre Parolen mitten hinein in eine feierliche Gedenkminute vor dem Ort der Schande. Darüber möchte ich nun mit dem Oberbürgermeister von Hoyerswerda sprechen, guten Morgen, Herr Skora!
Stefan Skora: Guten Morgen!
Karkowsky: Wie kommt es denn, dass sich die Rechten noch immer so wohlfühlen in Hoyerswerda?
Skora: Ja gut, man muss das mal relativieren, weil Sie gerade da von einer öffentlichen Gedenkminute gesprochen haben. Es war eine Demonstration von einer Initiative "Pogrom 91", die aufgerufen hatte. Es war weder eine städtische Veranstaltung noch etwas anderes in diesem Punkte. Und die fand an einem authentischen Ort, der noch vorhanden ist, statt. Wir haben darauf hingewiesen, dass wir die Bezeichnung "Pogrom 91" als eine Beleidigung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hoyerswerda auffassen, und gesagt, wir stehen hinter diesen Aussagen nicht. Wir stehen aber dazu, dass diese rassistischen Ausschreitungen des Jahres 1991 zu unserer Geschichte gehören.
Das macht es schwierig und ich war natürlich auch enttäuscht darüber, dass Hoyerswerda wieder als, ich sage mal, Demonstrationsort für viele Auswärtige – das muss man bei dieser Demonstration ja sagen, genutzt wurde. Aber es ist das demokratische Recht, wenn man Versammlung anmeldet, dass man die auch ordentlich durchführen kann.
Karkowsky: Ist Relativieren die richtige Reaktion auf diesen Vorfall?
Skora: Ich habe die Frage jetzt nicht ganz verstanden, Entschuldigung?
Karkowsky: Sie haben gesagt, das muss man relativieren ...
Skora: ... Ja nein, die Aussage muss man relativieren. Diese Veranstaltung, die dort stattgefunden hat, das war im Rahmen einer angemeldeten Demonstration von außerhalb, das muss man auch ganz deutlich sagen.
Karkowsky: Ändert das denn ...
Skora: ... insbesondere von den Linken auch ...
Karkowsky: ... ja, ändert das denn irgendwas daran? Ich meine, wenn es eine Anmeldung der Stadt gewesen wäre und die Rechten hätten das entsprechend gestört, wäre das, gibt es irgendeinen Unterschied?
Skora: Ja, da muss man immer sehen, wir haben ja auch eine Veranstaltung "Stilles Gedenken" am Lausitzer Platz dann durchgeführt um 15:30 Uhr, da ist so etwas nicht vorgekommen. Das muss man auch einfach sehen, dass dort zwei verschiedene Ansichten aufeinanderprallen, einmal von links und einmal von rechts. Und beides Gedankengut gibt es in den Köpfen der Menschen in unserer Stadt, genau so, wie in jeder anderen Stadt in Deutschland.
Karkowsky: Welche Ansicht von links kritisieren Sie denn, die da aufeinanderprallt?
Skora: Also, die Radikale, deswegen habe ich das Wort "Pogrom" verwendet, denn die Initiative nannte sich ja "Pogrom 91", die das angemeldet hat. Und ich teile diese Bezeichnung für die Ereignisse von 1991, sie als Pogrom zu bezeichnen, nicht.
Karkowsky: Ist es denn für Sie unerträglicher im Sinne der Stadt Hoyerswerda, dass es eine Initiative gibt, die sich "Pogrom 91" nennt, als dass dort Neonazis sich hinstellen und pöbeln?
Skora: Das ist für mich beides unerträglich, das will ich noch mal ganz deutlich sagen in dem Sinne. Ich finde das Wort "Pogrom" nicht gut, weil ich das mit Mord und Völkermord verbinde, aus der Historie heraus, und das Zweite ist natürlich auch, Neonazis und dieses Gedankengut teile ich auch nicht und das ist genau so. Also, ich sage immer, ich bin gegen Extremismus von beiden Seiten.
Karkowsky: Am Samstag – das war jetzt gerade am Wochenende, bei dieser Demonstration –, da sollen 250 Demonstranten, Antifaschisten von Neonazis angepöbelt worden sein, in mehrere Autos der Demonstranten wurden von den Nazis Hakenkreuze eingeritzt, mehrere sollen den Hitlergruß gezeigt haben, und das alles, ohne dass die Polizei eingriff. Haben Sie das auch so erlebt?
Skora: Nein, ich habe es weder so erlebt, noch können diese Aussagen ... Das sind Aussagen, die von der Initiative auf der Internetseite verbreitet werden. Die kann ich weder bestätigen noch negieren. Also, ich war nicht dabei, die Polizei hat dies auch nicht so bestätigt.
Karkowsky: Sie hören den Bürgermeister von Hoyerswerda Stefan Skora im "Radiofeuilleton". Schon damals, vor 20 Jahren, wurde das Verhalten der Polizei kritisiert, die habe die Asylbewerber nicht ausreichend geschützt. Und auch diesmal, so berichtet diese Bürgerinitiative, wären vor allem die Linksdemonstranten polizeilich drangsaliert worden, die Neonazis hingegen wären nicht ausreichend ferngehalten worden von der Gedenkfeier. Haben Sie den Eindruck, der Geist von 1991 ist immer noch da in Hoyerswerda?
Skora: Also, ich kann diese Berichterstattung, die wie gesagt, Sie zitieren ja jetzt Texte aus der Internetseite von "Pogrom 91", ich kann das nicht teilen, auch nach meiner Rücksprache nach dem Ende der Demonstration mit der Polizei ist mir dieses alles nicht bekannt. Also, deswegen ... Ich sage mal, diese Fragen kommen ... ganz konkret sollte schon mal die Polizei dann auch beantworten, das kann ich nicht sagen. Ich habe schon mal erwähnt: Wir haben 37.000 Menschen in der Stadt, das habe ich jetzt in den letzten Interviews immer wieder gesagt, ich kann nicht in 37.000 Köpfe hineinschauen.
Es wird Gedankengut geben, mit dem ich nicht einverstanden bin … in jeder Richtung. Ich verstehe mich als demokratisch orientierter Mensch und da passt alles so was nicht hinein und wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Also, natürlich bin ich enttäuscht, dass dieses Bild jetzt auch wieder nach 20 Jahren verbreitet wird, aber ich muss auch damit erst einmal leben, weil die Demonstration, die angemeldet worden ist, wurde auch durchgeführt. Und dass sich andere finden, die mit dieser Art und Weise der Demonstration nicht einverstanden sind, das ist nun mal die demokratische Spielregel. Auch wenn es für mich als Oberbürgermeister sehr bitter ist, dieses Erscheinungsbild.
Karkowsky: Wir versuchen es mal andersrum: Vorigen Freitag erst hatten wir hier im "Radiofeuilleton" ein Interview mit Manuel Nhacuton, vor 20 Jahren war das eines der Opfer im Asylbewerberheim. Jetzt kam der mit einer Filmemacherin zurück und wurde wie früher angepöbelt, obwohl Sie der Filmemacherin Julia Oelkers zuvor versichert hatten, die Stadt sei sicher. Und sie sagt:
O-Ton Julia Oelkers: ... nach fünf Minuten schon: Wir sind da kaum aufgetaucht, dann gab es schon rassistische Pöbeleien, die wurden als "Buschneger" beschimpft, geh nach Hause nach Afrika, was wollt ihr hier, von den Leuten, die da rumstanden, oder aus den Fenstern raus, also, es war eine sehr unangenehme Situation.
Karkowsky: War auch hier das Problem, dass ein Filmteam vor Ort war?
Skora: Ich weiß nicht, wie sie vor Ort dort aufgetreten ist, ich habe mit den Gästen und mit ihr anderthalb Stunden ein Interview an der Ausstellung an der orange box bei uns durchgeführt, habe dann auf die Fragen, ob man durch unsere Stadt gehen könnte zusammen, habe ich gesagt, na, selbstverständlich, wir hatten jetzt zeitgleich auch das Stadtfest. Das hatte man aber abgelehnt, man wollte unbedingt an diesen sozialen Brennpunkt, an diesen historischen Ort, der noch vorhanden ist, wo das Vertragsarbeiterwohnheim war. Was sich dort dann abgespielt hat, das kann ich nur so zur Kenntnis nehmen, wie sie es jetzt gesagt hat und wie die Bilder sind, die sie dann auch mit dem Kamerateam verbreitet hat.
Karkowsky: Aber Sie merken schon, dass Ihre Argumentation in die Richtung geht, es sind immer die, es ist das Fehlverhalten der Demonstranten, die provoziert haben, hier ist es vielleicht das Fehlverhalten des Kamerateams?
Skora: Also, bei dem Kamerateam sage ich ganz eindeutig: So, wie ich es erlebt habe in der bedrängenden Situation auch mir gegenüber, sehe ich auch schon eine gewisse Interessenlage. Und man muss, wenn man sich die Historie mal anguckt, 91, auch jetzt, was jetzt am letzten Wochenende passiert ist, vorrangig, die Demonstranten kamen aus Berlin. Das soll man nicht vergessen, also eine gewisse Ehrlichkeit muss mal in diesem Landesverfahren (Anm. d. Red.: schwer verständlich) auch dabei sein.
Karkowsky: Welche Interessenlage sehen Sie denn da?
Skora: Ja, dass man, ich sage mal, gewisse Dinge auch bewusst provoziert.
Karkowsky: Und das, was von den Neonazis in der Stadt kommt, alsodass Schwarzafrikaner nicht durch die Stadt gehen können, ohne als "Buschneger" beschimpft zu werden, das ist ganz normal demokratisches Recht der Bürger?
Skora: Das ist überhaupt kein demokrat ... Deswegen habe ich ja gesagt, auch dieses Gedankengut lehne ich konsequent ab, das finde ich nicht in Ordnung. Aber ich sage, ich war in diesem Moment nicht dabei, ich kann das jetzt nicht beurteilen, wie die Situation selber war. Aber das lehne ich genau so ab. Also, das ist unakzeptabel und daran merkt man, dass ein Prozess, der jetzt seit 20 Jahren in Gang ist, dass die 20 Jahre eben noch nicht ausreichen, um dieses Gedankengut und dieses Verhalten auch aus den Köpfen herauszubekommen.
Karkowsky: Wie kommt das denn? Sie sagen doch immer, Sie hätten sich redlich bemüht, immer dagegen anzukämpfen, trotzdem haben Sie es nicht geschafft, die Rechten fühlen sich nach wie vor wohl in Hoyerswerda. Wie kommt das?
Skora: Also, wissen Sie, es gibt sehr viele Menschen, die sich in Hoyerswerda wohlfühlen. Das klingt ja so, das, was Sie jetzt gerade sagten, als wenn sich nur die Rechten in Hoyerswerda wohlfühlen. Also, das würde ich mal schon von uns weisen in dem Punkte, da bin ich anderer Meinung. Aber ich sagte schon, wir haben rechtes und linkes extremistisches Gedankengut auch in unserer Stadt, da müssen wir noch intensiver daran arbeiten. Aber ich wehre mich dagegen zu sagen, dass sich bei uns nur die Rechten wohlfühlen.
Karkowsky: 20 Jahre nach den Angriffen Rechtsradikaler auf Asylbewerber im sächsischen Hoyerswerda gibt es auch jetzt wieder Pöbeleien dort. Das war der Oberbürgermeister Stefan Skora, Ihnen vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Stefan Skora: Guten Morgen!
Karkowsky: Wie kommt es denn, dass sich die Rechten noch immer so wohlfühlen in Hoyerswerda?
Skora: Ja gut, man muss das mal relativieren, weil Sie gerade da von einer öffentlichen Gedenkminute gesprochen haben. Es war eine Demonstration von einer Initiative "Pogrom 91", die aufgerufen hatte. Es war weder eine städtische Veranstaltung noch etwas anderes in diesem Punkte. Und die fand an einem authentischen Ort, der noch vorhanden ist, statt. Wir haben darauf hingewiesen, dass wir die Bezeichnung "Pogrom 91" als eine Beleidigung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hoyerswerda auffassen, und gesagt, wir stehen hinter diesen Aussagen nicht. Wir stehen aber dazu, dass diese rassistischen Ausschreitungen des Jahres 1991 zu unserer Geschichte gehören.
Das macht es schwierig und ich war natürlich auch enttäuscht darüber, dass Hoyerswerda wieder als, ich sage mal, Demonstrationsort für viele Auswärtige – das muss man bei dieser Demonstration ja sagen, genutzt wurde. Aber es ist das demokratische Recht, wenn man Versammlung anmeldet, dass man die auch ordentlich durchführen kann.
Karkowsky: Ist Relativieren die richtige Reaktion auf diesen Vorfall?
Skora: Ich habe die Frage jetzt nicht ganz verstanden, Entschuldigung?
Karkowsky: Sie haben gesagt, das muss man relativieren ...
Skora: ... Ja nein, die Aussage muss man relativieren. Diese Veranstaltung, die dort stattgefunden hat, das war im Rahmen einer angemeldeten Demonstration von außerhalb, das muss man auch ganz deutlich sagen.
Karkowsky: Ändert das denn ...
Skora: ... insbesondere von den Linken auch ...
Karkowsky: ... ja, ändert das denn irgendwas daran? Ich meine, wenn es eine Anmeldung der Stadt gewesen wäre und die Rechten hätten das entsprechend gestört, wäre das, gibt es irgendeinen Unterschied?
Skora: Ja, da muss man immer sehen, wir haben ja auch eine Veranstaltung "Stilles Gedenken" am Lausitzer Platz dann durchgeführt um 15:30 Uhr, da ist so etwas nicht vorgekommen. Das muss man auch einfach sehen, dass dort zwei verschiedene Ansichten aufeinanderprallen, einmal von links und einmal von rechts. Und beides Gedankengut gibt es in den Köpfen der Menschen in unserer Stadt, genau so, wie in jeder anderen Stadt in Deutschland.
Karkowsky: Welche Ansicht von links kritisieren Sie denn, die da aufeinanderprallt?
Skora: Also, die Radikale, deswegen habe ich das Wort "Pogrom" verwendet, denn die Initiative nannte sich ja "Pogrom 91", die das angemeldet hat. Und ich teile diese Bezeichnung für die Ereignisse von 1991, sie als Pogrom zu bezeichnen, nicht.
Karkowsky: Ist es denn für Sie unerträglicher im Sinne der Stadt Hoyerswerda, dass es eine Initiative gibt, die sich "Pogrom 91" nennt, als dass dort Neonazis sich hinstellen und pöbeln?
Skora: Das ist für mich beides unerträglich, das will ich noch mal ganz deutlich sagen in dem Sinne. Ich finde das Wort "Pogrom" nicht gut, weil ich das mit Mord und Völkermord verbinde, aus der Historie heraus, und das Zweite ist natürlich auch, Neonazis und dieses Gedankengut teile ich auch nicht und das ist genau so. Also, ich sage immer, ich bin gegen Extremismus von beiden Seiten.
Karkowsky: Am Samstag – das war jetzt gerade am Wochenende, bei dieser Demonstration –, da sollen 250 Demonstranten, Antifaschisten von Neonazis angepöbelt worden sein, in mehrere Autos der Demonstranten wurden von den Nazis Hakenkreuze eingeritzt, mehrere sollen den Hitlergruß gezeigt haben, und das alles, ohne dass die Polizei eingriff. Haben Sie das auch so erlebt?
Skora: Nein, ich habe es weder so erlebt, noch können diese Aussagen ... Das sind Aussagen, die von der Initiative auf der Internetseite verbreitet werden. Die kann ich weder bestätigen noch negieren. Also, ich war nicht dabei, die Polizei hat dies auch nicht so bestätigt.
Karkowsky: Sie hören den Bürgermeister von Hoyerswerda Stefan Skora im "Radiofeuilleton". Schon damals, vor 20 Jahren, wurde das Verhalten der Polizei kritisiert, die habe die Asylbewerber nicht ausreichend geschützt. Und auch diesmal, so berichtet diese Bürgerinitiative, wären vor allem die Linksdemonstranten polizeilich drangsaliert worden, die Neonazis hingegen wären nicht ausreichend ferngehalten worden von der Gedenkfeier. Haben Sie den Eindruck, der Geist von 1991 ist immer noch da in Hoyerswerda?
Skora: Also, ich kann diese Berichterstattung, die wie gesagt, Sie zitieren ja jetzt Texte aus der Internetseite von "Pogrom 91", ich kann das nicht teilen, auch nach meiner Rücksprache nach dem Ende der Demonstration mit der Polizei ist mir dieses alles nicht bekannt. Also, deswegen ... Ich sage mal, diese Fragen kommen ... ganz konkret sollte schon mal die Polizei dann auch beantworten, das kann ich nicht sagen. Ich habe schon mal erwähnt: Wir haben 37.000 Menschen in der Stadt, das habe ich jetzt in den letzten Interviews immer wieder gesagt, ich kann nicht in 37.000 Köpfe hineinschauen.
Es wird Gedankengut geben, mit dem ich nicht einverstanden bin … in jeder Richtung. Ich verstehe mich als demokratisch orientierter Mensch und da passt alles so was nicht hinein und wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Also, natürlich bin ich enttäuscht, dass dieses Bild jetzt auch wieder nach 20 Jahren verbreitet wird, aber ich muss auch damit erst einmal leben, weil die Demonstration, die angemeldet worden ist, wurde auch durchgeführt. Und dass sich andere finden, die mit dieser Art und Weise der Demonstration nicht einverstanden sind, das ist nun mal die demokratische Spielregel. Auch wenn es für mich als Oberbürgermeister sehr bitter ist, dieses Erscheinungsbild.
Karkowsky: Wir versuchen es mal andersrum: Vorigen Freitag erst hatten wir hier im "Radiofeuilleton" ein Interview mit Manuel Nhacuton, vor 20 Jahren war das eines der Opfer im Asylbewerberheim. Jetzt kam der mit einer Filmemacherin zurück und wurde wie früher angepöbelt, obwohl Sie der Filmemacherin Julia Oelkers zuvor versichert hatten, die Stadt sei sicher. Und sie sagt:
O-Ton Julia Oelkers: ... nach fünf Minuten schon: Wir sind da kaum aufgetaucht, dann gab es schon rassistische Pöbeleien, die wurden als "Buschneger" beschimpft, geh nach Hause nach Afrika, was wollt ihr hier, von den Leuten, die da rumstanden, oder aus den Fenstern raus, also, es war eine sehr unangenehme Situation.
Karkowsky: War auch hier das Problem, dass ein Filmteam vor Ort war?
Skora: Ich weiß nicht, wie sie vor Ort dort aufgetreten ist, ich habe mit den Gästen und mit ihr anderthalb Stunden ein Interview an der Ausstellung an der orange box bei uns durchgeführt, habe dann auf die Fragen, ob man durch unsere Stadt gehen könnte zusammen, habe ich gesagt, na, selbstverständlich, wir hatten jetzt zeitgleich auch das Stadtfest. Das hatte man aber abgelehnt, man wollte unbedingt an diesen sozialen Brennpunkt, an diesen historischen Ort, der noch vorhanden ist, wo das Vertragsarbeiterwohnheim war. Was sich dort dann abgespielt hat, das kann ich nur so zur Kenntnis nehmen, wie sie es jetzt gesagt hat und wie die Bilder sind, die sie dann auch mit dem Kamerateam verbreitet hat.
Karkowsky: Aber Sie merken schon, dass Ihre Argumentation in die Richtung geht, es sind immer die, es ist das Fehlverhalten der Demonstranten, die provoziert haben, hier ist es vielleicht das Fehlverhalten des Kamerateams?
Skora: Also, bei dem Kamerateam sage ich ganz eindeutig: So, wie ich es erlebt habe in der bedrängenden Situation auch mir gegenüber, sehe ich auch schon eine gewisse Interessenlage. Und man muss, wenn man sich die Historie mal anguckt, 91, auch jetzt, was jetzt am letzten Wochenende passiert ist, vorrangig, die Demonstranten kamen aus Berlin. Das soll man nicht vergessen, also eine gewisse Ehrlichkeit muss mal in diesem Landesverfahren (Anm. d. Red.: schwer verständlich) auch dabei sein.
Karkowsky: Welche Interessenlage sehen Sie denn da?
Skora: Ja, dass man, ich sage mal, gewisse Dinge auch bewusst provoziert.
Karkowsky: Und das, was von den Neonazis in der Stadt kommt, alsodass Schwarzafrikaner nicht durch die Stadt gehen können, ohne als "Buschneger" beschimpft zu werden, das ist ganz normal demokratisches Recht der Bürger?
Skora: Das ist überhaupt kein demokrat ... Deswegen habe ich ja gesagt, auch dieses Gedankengut lehne ich konsequent ab, das finde ich nicht in Ordnung. Aber ich sage, ich war in diesem Moment nicht dabei, ich kann das jetzt nicht beurteilen, wie die Situation selber war. Aber das lehne ich genau so ab. Also, das ist unakzeptabel und daran merkt man, dass ein Prozess, der jetzt seit 20 Jahren in Gang ist, dass die 20 Jahre eben noch nicht ausreichen, um dieses Gedankengut und dieses Verhalten auch aus den Köpfen herauszubekommen.
Karkowsky: Wie kommt das denn? Sie sagen doch immer, Sie hätten sich redlich bemüht, immer dagegen anzukämpfen, trotzdem haben Sie es nicht geschafft, die Rechten fühlen sich nach wie vor wohl in Hoyerswerda. Wie kommt das?
Skora: Also, wissen Sie, es gibt sehr viele Menschen, die sich in Hoyerswerda wohlfühlen. Das klingt ja so, das, was Sie jetzt gerade sagten, als wenn sich nur die Rechten in Hoyerswerda wohlfühlen. Also, das würde ich mal schon von uns weisen in dem Punkte, da bin ich anderer Meinung. Aber ich sagte schon, wir haben rechtes und linkes extremistisches Gedankengut auch in unserer Stadt, da müssen wir noch intensiver daran arbeiten. Aber ich wehre mich dagegen zu sagen, dass sich bei uns nur die Rechten wohlfühlen.
Karkowsky: 20 Jahre nach den Angriffen Rechtsradikaler auf Asylbewerber im sächsischen Hoyerswerda gibt es auch jetzt wieder Pöbeleien dort. Das war der Oberbürgermeister Stefan Skora, Ihnen vielen Dank!
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