"Ich bin nur ein Teil des großen Ganzen"

Von Detlef Grumbach |
Michael Sollorz und Anke Stelling reagieren auf das Phänomen, die eigene Individualität übergeordneten Ideen oder Sachzwängen zu opfern, seinen Platz und sein Selbstwertgefühl in klaren Hierarchien von Befehl und Gehorsam zu finden.
Nichts wird in modernen westlichen Gesellschaften größer geschrieben als Individualismus, die eigene, unverwechselbare Identität und die persönliche Freiheit.

Und doch reagieren Autorinnen und Autoren auf ein anderes Phänomen: das Bedürfnis nach einer eigenen Bedeutsamkeit, die ihre Wurzeln in der Unterordnung hat; danach, eine Aufgabe zu erfüllen, die eigene Individualität übergeordneten Ideen oder Sachzwängen zu opfern, seinen Platz und sein Selbstwertgefühl in klaren Hierarchien von Befehl und Gehorsam zu finden.

Im Zentrum der Sendung stehen Michael Sollorz und Anke Stelling. Sollorz erzählt in "Die Eignung" von einem Angehörigen der kasernierten Volkspolizei, dem die Wende den Boden unter den Füßen wegzieht und der seinen Platz wieder in einer "Elite-Einheit" sucht. Anke Stelling gestaltet in "Horchen" eine Frauenfigur, deren Suche nach der eigenen Identität ins Leere läuft, weil sie die "Freiheit", die sie eigentlich schätzt, auch als "Beliebigkeit" empfindet, die sich deshalb auch nach einer Autorität und einer klar vorgegebenen Richtung sehnt.

Was macht diese und auch die Figuren anderer Romane anfällig für dieses Phänomen? Wirkt Individualismus als Gegengift? Oder hinterlässt vielleicht gerade er die Leere, die eine Suche nach autoritären Strukturen begünstigt?

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