"Ich bin überrascht, wie gut sie das macht"
Der Komponist Hans Hammerschmid findet die schauspielerischen und sängerischen Leistungen von Heike Makatsch in dem neuen Knef-Film überzeugend. Makatsch komme der Knef "sehr nahe", sagte Hammerschmid, der unter anderem das Lied "Für mich soll’s rote Rosen regnen" komponiert hat.
Liane von Billerbeck: Sie war einer der ersten deutschen Stars nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit Filmen wie "Die Mörder sind unter uns" und "Die Sünderin" wurde sie berühmt. Hildegard Knef. Sie hat am Broadway Karriere gemacht und auch in unnachahmlicher Weise gesungen – als die größte Sängerin ohne Stimme, wie man immer sagte. Heute kommt ein Film über sie in die Kinos, "Hilde" heißt er, mit Heike Makatsch in der Rolle der Schauspielerin und Sängerin. Ohne die Kompositionen des Mannes, der jetzt mein Gesprächspartner sein wird, wäre die Knef wohl nicht halb so berühmt geworden. Hans Hammerschmid, von dem die Noten für "Für mich soll’s rote Rosen regnen", "17 Millimeter fehlen mir zum Glück" stammen, auch "Ich brauch Tapetenwechsel" und "Von nun an ging’s bergab" hat er komponiert. Mit Hans Hammerschmid bin ich jetzt telefonisch in München verbunden. Ich grüße Sie!
Hans Hammerschmid: Guten Tag!
von Billerbeck: Zuerst mal ganz herzlichen Glückwunsch und alles Gute zu Ihrem heutigen Geburtstag!
Hammerschmid: Danke schön, ja, kommt immer was dazwischen.
von Billerbeck: Heute kommt auf jeden Fall erst mal der Film unter dem Titel "Hilde" in die Kinos. Bekannt ist sie aber eher als Hildegard Knef oder die Knef. Wer war sie für Sie – die Knef oder Hilde?
Hammerschmid: Hilde. Sie war für mich Hilde, weil ich sie natürlich ganz persönlich kennengelernt habe. Wir haben neun Jahre miteinander gearbeitet, und da lernt man sich sehr gut kennen.
von Billerbeck: Heike Makatsch hat ja für diesen Film die Art der Knef, zu reden und sich zu bewegen, ganz genau studiert. Sie haben den Film schon gesehen – ist ihr das gelungen?
Hammerschmid: Ja, sehr. Sie kommt sehr nahe, und ich habe gestern bekommen eine CD, wo sie drauf singt, und sie singt auch viele meiner Lieder. Und ich bin wirklich überrascht, wie gut sie das macht.
von Billerbeck: Für dieses Album, das jetzt erschienen ist zu diesem Film, da haben Sie auch ein neues Lied beigesteuert, das heißt "After Eight" und das klingt so.
(Musik)
"After Eight" war das, gesungen von Heike Makatsch und komponiert von Hans Hammerschmid. Ein neues Lied für die Film-Hilde, von Ihnen die Musik, von wem ist der Text und wie kam es dazu?
Hammerschmid: Ja, es ist so. Die Makatsch war im Gespräch und hat auch dann die Rolle bekommen. Und der Mann der Knef hat mir einen Text geschickt aus dem Nachlass von ihr, ob wir da etwas draus machen könnten. Und da habe ich mich sehr bemüht, weil das war ein sehr komplizierter Text. Die Auflösung war wirklich schwer, weil das teils also sehr unrhythmisch war. Und da habe ich dann ein Lied draus gemacht.
von Billerbeck: Diesen Text kannten Sie vorher nicht?
Hammerschmid: Habe ich nie gehört, habe ich nie gesehen. Er ist in Englisch, und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, aber es war sehr schwierig.
von Billerbeck: Heike Makatsch hat ja auch den unnachahmlichen Stil der Knef zu singen geübt, und sie hat sich auch dazu geäußert:
Heike Makatsch: Ich dachte mir immer, ja, Hildegard Knef ist ne alte Dame, war irgendwann mal jung, da hat sie, glaube ich, mal Schlager gesungen. So. Und dann, nachdem ich mich lange mit ihren Liedern befasst habe, die, ich finde, so wie wir es auch erzählen in unserer Geschichte, ihr künstlerischer Zenit waren, sehe ich die Lieder als wirklich poetische Werke an, die unerreicht interpretiert wurden von ihr. Ich wüsste keine vergleichbare Künstlerin, die deutsche Chansons singt, so eigenwillig und so intuitiv gefühlt und richtig und wahrhaftig.
von Billerbeck: Herr Hammerschmid, wie fanden Sie denn die Art, wie Heike Makatsch gesungen hat?
Hammerschmid: Also erst einmal muss ich dazusagen, dass Hilde Knef nie eine alte Dame war. Sie war bis zum Schluss jung, ich habe sie ja immer wieder gesehen, immer wieder gesprochen und so, aber sie war nie eine alte Dame. Sie war immer ihrer Zeit voraus und war also absolut nicht totzukriegen. Sie hat immer nur nach vorne geschaut und hat also nie Altersbeschwerden angekündigt, es sei denn, sie war wirklich krank. Aber sie war nie eine alte Dame und sie war so weit vorn im Formulieren von Texten wie niemand anderer in Deutschland.
von Billerbeck: Und wie hat Heike Makatsch nun diese nie alte Dame sängerisch umgesetzt, wie hat sie das in dem Film gemacht? Wie hat Ihnen das gefallen?
Hammerschmid: Sehr gut. Also ich war überrascht, wirklich wahr, ich muss es ganz ehrlich sagen. Es ist ja eine wahnsinnig schwere Sache, sich in jemanden hineinzudenken und ihn dann also zu interpretieren. Ich war wirklich überrascht.
von Billerbeck: Was den Film betrifft, da sind die Zeitungen ja nicht gerade des Lobes voll. Also Heike Makatsch wird immer für gut befunden, aber der Film insgesamt nicht so. Der sei ohne Tiefe und die Brüche in der Persönlichkeit der Knef, die bleiben eher vage, heißt es. Teilen Sie diese Meinung?
Hammerschmid: Eigentlich nicht. Der Film, man müsste ihn mehr als Collage sehen, weil es sind viele Zeitabschnitte. Und es ist ganz klar, dass da Brüche sind. Aber ich finde das eigentlich überhaupt nicht. Ich finde, dass der Film sehr gut gelungen ist.
von Billerbeck: Wird denn der Film der Rolle gerecht, die die Knef so in der ja eher piefigen Bundesrepublik der 60er-Jahre gespielt hat?
Hammerschmid: Wissen Sie, diese Rolle, glaube ich, haben die Journalisten auch erfunden. Es gibt an jedem Menschen etwas auszusetzen. Nobody is perfect, auch die Knef natürlich. Aber die Stärken überwiegen natürlich, weil sie wirklich sehr stark kreativ war und immer etwas Neues hatte. Ich war doch sehr viel mit ihr beisammen, wir haben auch teilweise zusammengelebt. Wir waren miteinander auf Urlaub, wir waren zusammen in den USA, wir haben Konzerte gehabt und so. Die Knef war immer positiv und immer vorne voran. Und es ist natürlich klar, dass da manchmal sich jemand ein bisschen zu weit aus dem Fenster lehnt in Kommentaren. Sie wollen halt anecken und wollen auch den Künstler herausfordern. Und da passieren natürlich auch Fauxpas. Wie der Film ist, kann ich Ihnen sagen: Hervorragend gespielt sind die Szenen mit dem David Cameron. Ich habe geglaubt, ich bin bei denen in der Wohnung.
von Billerbeck: Ein Titel, den Sie 1968 für die Knef komponiert haben, der wurde so was ihr Markenzeichen. Hier ist er:
(Musik)
Das war der Titel "Für mich soll’s rote Rosen regnen", Hildegard Knef sang ihn 1968, komponiert von Hans Hammerschmid, der ist gerade im Deutschlandradio Kultur zu Gast. Herr Hammerschmid, warum war es eigentlich genau dieser Titel, der sie so bekannt gemacht hat?
Hammerschmid: Ja, am Anfang haben wir das ja nicht gewusst. Es wurden mir viele Texte vorgelegt, auch viele Storys, wo wir Texte draus miteinander formuliert haben. Warum, das weiß kein Mensch. Kein Mensch kann irgendwie sagen, wieso passiert das und das. Sie können einen Hit nicht planen. Es hat sich ergeben. Es hat natürlich die Interpretation von der Knef dazu geholfen, diesen Titel so gut zu verkaufen.
von Billerbeck: Die Knef war ja auch berüchtigt dafür, nicht nur ihre Männer, sondern auch ihre Produzenten nach Bedarf zu heuern und zu feuern. Wie ist es Ihnen denn in diesen neun Jahren mit ihr als Komponist ergangen?
Hammerschmid: Das, glaube ich, ist gar nicht wahr, sie hat niemanden gefeuert. Wir haben also, wie gesagt, ungefähr 117 Titel zusammen komponiert, und es wären noch viele gute Titel dagewesen, die nicht bekannt geworden sind. Es waren ja lauter …
von Billerbeck: Vielleicht können Sie die jetzt Heike Makatsch mal geben?
Hammerschmid: Ja, das wär’ vielleicht ganz gut. Aber es ist so, diese Titel sind lauter Storys, viel Erlebtes, glaube ich, auf jeden Fall. Immer, wenn man sie wieder liest, denkt man, ja, es könnte so gewesen sein. In dieser Hinsicht war die Hilde unheimlich kreativ und hat sehr gut formuliert, sehr scharf manchmal, aber gut.
von Billerbeck: Man konnte Anfang der 70er-Jahre das Gefühl haben, dass sich Hildegard Knef quasi noch mal auf dem Absatz umgedreht hat und mit den zwei folgenden Platten, ja, Schritt gehalten hat mit dem gewandelten Zeitgeist. Sie hat dann nicht mehr Schlager und Swing gesungen, sondern, ja, so was wie Balladen. Man könnte sie fast als Deutschlands erste Singer-Songwriterin bezeichnen. Wie offen war die Knef für diesen Wandel?
Hammerschmid: Sehr. Die Knef wollte immer was Neues machen. Sie war immer der Zeit voraus. Wissen Sie, sie hat natürlich viele Musiken gehört, die aus Amerika gekommen sind oder aus England und so, und hat sie umgemünzt auf die Möglichkeiten, die sie hatte, auch in dieser Richtung zu arbeiten. Also voranzugehen und nicht im alten Chansonstil zu bleiben.
von Billerbeck: Nun haben Sie neun Jahre, sagen Sie, mit ihr zusammengearbeitet. Wann endete diese Zusammenarbeit und vor allem aus welchen Gründen?
Hammerschmid: Aus welchen Gründen, das sage ich Ihnen ehrlich, ich bin in ein anderes Geschäft eingestiegen, ich habe für Serien komponiert, hatte auch sehr wenig Zeit, auch ist die Knef weggezogen. Solange sie in Österreich gelebt hat, habe ich sie immer wieder besucht, aber dann ist sie übersiedelt nach Berlin, und da war sie auch mit ganz anderen Leuten umgeben. Sie hat ja auch dann den Paul von Schell geheiratet. Und damit haben wir uns ein bisschen entfernt.
von Billerbeck: Bedauern Sie das?
Hammerschmid: Ich bedauere es schon, aber ich verstehe es auch. Man kann ja nicht mit dem Komponisten sein ganzes Leben lang verheiratet sein. Und sie ist auch nach Amerika gegangen. Wir haben zwar telefoniert, aber es war eigentlich gar nicht so der Wille da, viel Neues zu machen.
von Billerbeck: Heute kommt der Film "Hilde" mit Heike Makatsch in der Hauptrolle in die Kinos. Der Komponist Hans Hammerschmid war mein Gesprächspartner, aus dessen Feder die wohl größten Hits von Hildegard Knef stammen. Herr Hammerschmid, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Hans Hammerschmid: Guten Tag!
von Billerbeck: Zuerst mal ganz herzlichen Glückwunsch und alles Gute zu Ihrem heutigen Geburtstag!
Hammerschmid: Danke schön, ja, kommt immer was dazwischen.
von Billerbeck: Heute kommt auf jeden Fall erst mal der Film unter dem Titel "Hilde" in die Kinos. Bekannt ist sie aber eher als Hildegard Knef oder die Knef. Wer war sie für Sie – die Knef oder Hilde?
Hammerschmid: Hilde. Sie war für mich Hilde, weil ich sie natürlich ganz persönlich kennengelernt habe. Wir haben neun Jahre miteinander gearbeitet, und da lernt man sich sehr gut kennen.
von Billerbeck: Heike Makatsch hat ja für diesen Film die Art der Knef, zu reden und sich zu bewegen, ganz genau studiert. Sie haben den Film schon gesehen – ist ihr das gelungen?
Hammerschmid: Ja, sehr. Sie kommt sehr nahe, und ich habe gestern bekommen eine CD, wo sie drauf singt, und sie singt auch viele meiner Lieder. Und ich bin wirklich überrascht, wie gut sie das macht.
von Billerbeck: Für dieses Album, das jetzt erschienen ist zu diesem Film, da haben Sie auch ein neues Lied beigesteuert, das heißt "After Eight" und das klingt so.
(Musik)
"After Eight" war das, gesungen von Heike Makatsch und komponiert von Hans Hammerschmid. Ein neues Lied für die Film-Hilde, von Ihnen die Musik, von wem ist der Text und wie kam es dazu?
Hammerschmid: Ja, es ist so. Die Makatsch war im Gespräch und hat auch dann die Rolle bekommen. Und der Mann der Knef hat mir einen Text geschickt aus dem Nachlass von ihr, ob wir da etwas draus machen könnten. Und da habe ich mich sehr bemüht, weil das war ein sehr komplizierter Text. Die Auflösung war wirklich schwer, weil das teils also sehr unrhythmisch war. Und da habe ich dann ein Lied draus gemacht.
von Billerbeck: Diesen Text kannten Sie vorher nicht?
Hammerschmid: Habe ich nie gehört, habe ich nie gesehen. Er ist in Englisch, und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, aber es war sehr schwierig.
von Billerbeck: Heike Makatsch hat ja auch den unnachahmlichen Stil der Knef zu singen geübt, und sie hat sich auch dazu geäußert:
Heike Makatsch: Ich dachte mir immer, ja, Hildegard Knef ist ne alte Dame, war irgendwann mal jung, da hat sie, glaube ich, mal Schlager gesungen. So. Und dann, nachdem ich mich lange mit ihren Liedern befasst habe, die, ich finde, so wie wir es auch erzählen in unserer Geschichte, ihr künstlerischer Zenit waren, sehe ich die Lieder als wirklich poetische Werke an, die unerreicht interpretiert wurden von ihr. Ich wüsste keine vergleichbare Künstlerin, die deutsche Chansons singt, so eigenwillig und so intuitiv gefühlt und richtig und wahrhaftig.
von Billerbeck: Herr Hammerschmid, wie fanden Sie denn die Art, wie Heike Makatsch gesungen hat?
Hammerschmid: Also erst einmal muss ich dazusagen, dass Hilde Knef nie eine alte Dame war. Sie war bis zum Schluss jung, ich habe sie ja immer wieder gesehen, immer wieder gesprochen und so, aber sie war nie eine alte Dame. Sie war immer ihrer Zeit voraus und war also absolut nicht totzukriegen. Sie hat immer nur nach vorne geschaut und hat also nie Altersbeschwerden angekündigt, es sei denn, sie war wirklich krank. Aber sie war nie eine alte Dame und sie war so weit vorn im Formulieren von Texten wie niemand anderer in Deutschland.
von Billerbeck: Und wie hat Heike Makatsch nun diese nie alte Dame sängerisch umgesetzt, wie hat sie das in dem Film gemacht? Wie hat Ihnen das gefallen?
Hammerschmid: Sehr gut. Also ich war überrascht, wirklich wahr, ich muss es ganz ehrlich sagen. Es ist ja eine wahnsinnig schwere Sache, sich in jemanden hineinzudenken und ihn dann also zu interpretieren. Ich war wirklich überrascht.
von Billerbeck: Was den Film betrifft, da sind die Zeitungen ja nicht gerade des Lobes voll. Also Heike Makatsch wird immer für gut befunden, aber der Film insgesamt nicht so. Der sei ohne Tiefe und die Brüche in der Persönlichkeit der Knef, die bleiben eher vage, heißt es. Teilen Sie diese Meinung?
Hammerschmid: Eigentlich nicht. Der Film, man müsste ihn mehr als Collage sehen, weil es sind viele Zeitabschnitte. Und es ist ganz klar, dass da Brüche sind. Aber ich finde das eigentlich überhaupt nicht. Ich finde, dass der Film sehr gut gelungen ist.
von Billerbeck: Wird denn der Film der Rolle gerecht, die die Knef so in der ja eher piefigen Bundesrepublik der 60er-Jahre gespielt hat?
Hammerschmid: Wissen Sie, diese Rolle, glaube ich, haben die Journalisten auch erfunden. Es gibt an jedem Menschen etwas auszusetzen. Nobody is perfect, auch die Knef natürlich. Aber die Stärken überwiegen natürlich, weil sie wirklich sehr stark kreativ war und immer etwas Neues hatte. Ich war doch sehr viel mit ihr beisammen, wir haben auch teilweise zusammengelebt. Wir waren miteinander auf Urlaub, wir waren zusammen in den USA, wir haben Konzerte gehabt und so. Die Knef war immer positiv und immer vorne voran. Und es ist natürlich klar, dass da manchmal sich jemand ein bisschen zu weit aus dem Fenster lehnt in Kommentaren. Sie wollen halt anecken und wollen auch den Künstler herausfordern. Und da passieren natürlich auch Fauxpas. Wie der Film ist, kann ich Ihnen sagen: Hervorragend gespielt sind die Szenen mit dem David Cameron. Ich habe geglaubt, ich bin bei denen in der Wohnung.
von Billerbeck: Ein Titel, den Sie 1968 für die Knef komponiert haben, der wurde so was ihr Markenzeichen. Hier ist er:
(Musik)
Das war der Titel "Für mich soll’s rote Rosen regnen", Hildegard Knef sang ihn 1968, komponiert von Hans Hammerschmid, der ist gerade im Deutschlandradio Kultur zu Gast. Herr Hammerschmid, warum war es eigentlich genau dieser Titel, der sie so bekannt gemacht hat?
Hammerschmid: Ja, am Anfang haben wir das ja nicht gewusst. Es wurden mir viele Texte vorgelegt, auch viele Storys, wo wir Texte draus miteinander formuliert haben. Warum, das weiß kein Mensch. Kein Mensch kann irgendwie sagen, wieso passiert das und das. Sie können einen Hit nicht planen. Es hat sich ergeben. Es hat natürlich die Interpretation von der Knef dazu geholfen, diesen Titel so gut zu verkaufen.
von Billerbeck: Die Knef war ja auch berüchtigt dafür, nicht nur ihre Männer, sondern auch ihre Produzenten nach Bedarf zu heuern und zu feuern. Wie ist es Ihnen denn in diesen neun Jahren mit ihr als Komponist ergangen?
Hammerschmid: Das, glaube ich, ist gar nicht wahr, sie hat niemanden gefeuert. Wir haben also, wie gesagt, ungefähr 117 Titel zusammen komponiert, und es wären noch viele gute Titel dagewesen, die nicht bekannt geworden sind. Es waren ja lauter …
von Billerbeck: Vielleicht können Sie die jetzt Heike Makatsch mal geben?
Hammerschmid: Ja, das wär’ vielleicht ganz gut. Aber es ist so, diese Titel sind lauter Storys, viel Erlebtes, glaube ich, auf jeden Fall. Immer, wenn man sie wieder liest, denkt man, ja, es könnte so gewesen sein. In dieser Hinsicht war die Hilde unheimlich kreativ und hat sehr gut formuliert, sehr scharf manchmal, aber gut.
von Billerbeck: Man konnte Anfang der 70er-Jahre das Gefühl haben, dass sich Hildegard Knef quasi noch mal auf dem Absatz umgedreht hat und mit den zwei folgenden Platten, ja, Schritt gehalten hat mit dem gewandelten Zeitgeist. Sie hat dann nicht mehr Schlager und Swing gesungen, sondern, ja, so was wie Balladen. Man könnte sie fast als Deutschlands erste Singer-Songwriterin bezeichnen. Wie offen war die Knef für diesen Wandel?
Hammerschmid: Sehr. Die Knef wollte immer was Neues machen. Sie war immer der Zeit voraus. Wissen Sie, sie hat natürlich viele Musiken gehört, die aus Amerika gekommen sind oder aus England und so, und hat sie umgemünzt auf die Möglichkeiten, die sie hatte, auch in dieser Richtung zu arbeiten. Also voranzugehen und nicht im alten Chansonstil zu bleiben.
von Billerbeck: Nun haben Sie neun Jahre, sagen Sie, mit ihr zusammengearbeitet. Wann endete diese Zusammenarbeit und vor allem aus welchen Gründen?
Hammerschmid: Aus welchen Gründen, das sage ich Ihnen ehrlich, ich bin in ein anderes Geschäft eingestiegen, ich habe für Serien komponiert, hatte auch sehr wenig Zeit, auch ist die Knef weggezogen. Solange sie in Österreich gelebt hat, habe ich sie immer wieder besucht, aber dann ist sie übersiedelt nach Berlin, und da war sie auch mit ganz anderen Leuten umgeben. Sie hat ja auch dann den Paul von Schell geheiratet. Und damit haben wir uns ein bisschen entfernt.
von Billerbeck: Bedauern Sie das?
Hammerschmid: Ich bedauere es schon, aber ich verstehe es auch. Man kann ja nicht mit dem Komponisten sein ganzes Leben lang verheiratet sein. Und sie ist auch nach Amerika gegangen. Wir haben zwar telefoniert, aber es war eigentlich gar nicht so der Wille da, viel Neues zu machen.
von Billerbeck: Heute kommt der Film "Hilde" mit Heike Makatsch in der Hauptrolle in die Kinos. Der Komponist Hans Hammerschmid war mein Gesprächspartner, aus dessen Feder die wohl größten Hits von Hildegard Knef stammen. Herr Hammerschmid, ich danke Ihnen für das Gespräch.