"Ich brauch keine Millionen"
Die Filmmuseen in Potsdam und Berlin werden zu wahren Schatzkammern der Filmgeschichte. In den letzten Jahren sind zum Beispiel die Schenkungen, Nachlässe und Archive von Marlene Dietrich, Heinz Rühmann oder Alfred Hischmeier zusammengekommen. Nun wurde dem <papaya:link href="http://www.filmmuseum-potsdam.de/" text="Filmmuseum Potsdam" title="Filmmuseum Potsdam" target="_blank" /> der Nachlass des Komponisten Peter Kreuder übergeben. Zu den Ausstellungsstücken zählen Originalpartituren, Fotos und zahlreiche Dokumente.
Er gehört zu den erfolgreichsten deutschen Komponisten der Neuzeit. Am 18. August dieses Jahres wäre er 100 geworden. Peter Kreuder, der so mancher singenden Diva zum Erfolg verholfen hat.
Die Anregung zur Nachlassübergabe ist Michael Borge von der Edition-Meisel zu verdanken. Diese Edition besteht als Musikverlag seit 1926 und verlegt heute die Kompositionen Peter Kreuders. Er konnte dessen Witwe in den USA überzeugen, den entscheidenden Schritt zu tun. Sehr zur Freude von Guido Altendorf, dem Kurator des Filmmuseums Potsdam, der sich glücklich schätzt über den Neuzugang am Abend und an einen wenig bekannten, aber nachhaltigen Impuls für Kreuders künstlerische Karriere erinnert
Altendorf: "Als Assistent von Hollaender hat er Hollaenders Musik arrangiert und auch die Musikaufnahmen geleitet und er schreibt, er taucht auch einmal selbst kurz auf in einer Szene in diesem Kabarett "Blauer Engel" am Klavier"."
Peter Kreuder avanciert Mitte der 30er Jahre zu einem gefragten Filmkomponisten. Bei 188 Spielfilmen hat er die Musik geschrieben. Für die Nationalsozialisten wurde er zunehmend unentbehrlich, weil sie mit seinen optimistischen Schlagern die Moral im Lande hochhalten und vom Kriegsalltag ablenken wollten. Kreuder geriet in Zwiespalt. Ihm gelingt es, nach Schweden zu entkommen, aber bald wird ihm von deutscher Seite bedeutet, zurückzukommen, da sonst seine daheimgebliebene Familie ins KZ käme. Kreuder, alles andere als ein Befürworter des Systems, beugt sich und erhält fortan öfter Depeschen wie diese, die jetzt ebenfalls im Filmmuseum Potsdam zu lesen sind. Depeschen, bei denen man nie wusste, ob man je lebend wieder herauskommt. Zitat:
"Auf ausdrückliche Weisung von Herrn Reichsminister Dr. Goebbels haben Sie sich am Dienstag, dem 21.12. 1943 um 11 Uhr bei Herrn Ministerialdirektor Hinkel im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin-Wilhelmplatz 8, Hauptportal zu einer Besprechung einzufinden. Stop. Berufliche oder sonstige Behinderungen können Ihr Ausbleiben nicht rechtfertigen."
Unter den ausgestellten Exponaten befinden sich außerdem viele Originalpartituren. Ungewöhnlich sind allerdings die echten Bierdeckel - mit Kompositionsskizzen, denn der kreative Kreuder nutzte alles, um Ideen festzuhalten. Sie warten noch auf musikwissenschaftliche Erschließung. Am schönsten sind die vielen Fotos – private Aufnahmen, die man kaum kennt, Schnappschüsse mit Kollegen, die er mochte. Stars ohne Ende: Lilli Palmer, Marlene Dietrich , Friedrich Holländer, Hans Moser, Josephine Baker…
Zur Fülle des Hintergrundmaterials, das sich im Nachlass befindet, sind auch Versuche des Komponisten zu erwähnen, gegen den Missbrauch eigener Arbeit durch andere vorzugehen, ein Vorhaben, dem weniger Erfolg beschieden war, wie seine Ehefrau Ingrid Kreuder registrieren musste:
"Die Muppetshow ist einwandfrei gestohlen, die Anfangsmelodie von "Ich brauche keine Millionen". Wir hätten Millionen gebraucht, gegen die zu klagen und die hatten wir nicht."
Noch ein anderes markantes Beispiel ist in die Musikgeschichte eingegangen.
Ingrid Kreuder: "Das war die DDR-Hymne, die wurde ja auch sehr entlehnt von "Good Bye, Jonny". Das hat mein Mann mitbekommen. 1952, da war er von Südamerika zum ersten Mal kurz zurück und hat in Leipzig ein Konzert gegeben und dann seine Evergreens gespielt und wie er "Good bye, Jonny" spielte, sah er, dass Leute so zögern und einer stand auf und der andere wusste nicht so genau und dann hat er weitergespielt und dann war das für Peter erledigt und in der Pause kam ein Funktionär und sagte "Sie, das geht nicht, dass Sie unsere Hymne verjazzen und da hat er zum ersten Mal erfahren, dass die DDR-Hymne "Good bye, Jonny" ist."
Allerdings wurde schon zu Lebzeiten Peter Kreuders von Fachleuten entgegen gehalten, dass jenes erwähnte Hanns-Eisler-Motiv aus "Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt" bereits in der Kantatenfassung von Brechts "Mutter" aus dem Jahr 1935 vorkommt. Dort gibt es wiederum starke Berührungen zu Felix Mendelsohn-Bartholdys Schauspielmusik "Athalia" von 1848. Dieser Teil des Themas Plagiat ist also vom Tisch, auch weil Hymne und Staat abhanden gekommen sind. Auf der neuen CD zum 100. Geburtstag Peter Kreuders wird der beliebte Song in einer Interpretation von Freddy Quinn aufgelegt. Ursprünglich hatte es Hans Albers in dem Film "Wasser für Canitoga" im Jahr 1939 gesungen. Mit der Musik zu Willi Forsts Ehemelodram "Mazurka" gelang Kreuder der erste Welterfolg. Das war vier Jahre zuvor - für ihn der Durchbruch und zugleich allerdings auch das Comeback einer in Deutschland einmal sehr beliebten, aber Mitte der 30er Jahre fast vergessenen Stummfilmschauspielerin – von Pola Negri, die extra aus Hollywood für die Dreharbeiten zurückgeholt wurde.
Ingrid Kreuder: "Sie war ja ein reiner Stummfilmstar und das war ja auch dann das Lustige, denn sie musste dann singen. Sie konnte gar nicht singen und das ist im Original noch. Pola Negri sang "Ich fühl in mir, ich spür in mir das wilde, heiße …" aber "Blut" konnte sie nicht mehr. Da war es aus und da kam dann eine andere junge Sängerin. Hilde Seib, die sang dann den Rest Koloratur und alles andere und als sie wieder anfing "Ich fühl in mir, ich spür in mir…" dann war es wieder die Stimme Pola Negris."
Mit dem anderen Star, mit Zarah Leander wollte er später noch einmal an alte Erfolge anknüpfen, brachte in 60er und 70er zwei Musicals heraus. Aber zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass er neben der Diva sich als Schöpfer der Musik ein wenig ins Abseits gestellt fühlte. 1981 dann eine schicksalhafte Duplizität . Als Peter Kreuder im Fernsehen den Nachruf auf die Dame mit der dunklen Stimme vernimmt, trinkt er auf Zarahs Wohl ein Glas Champagner … und stirbt noch in derselben Nacht.
Die Sonderaustellung mit dem Nachlass Peter Kreuders ist bis zum 25. September im Filmmuseum Potsdam zu sehen
Filmmuseum Potsdam
Marstall/Breite Straße 1 A,
14467 Potsdam
Die Anregung zur Nachlassübergabe ist Michael Borge von der Edition-Meisel zu verdanken. Diese Edition besteht als Musikverlag seit 1926 und verlegt heute die Kompositionen Peter Kreuders. Er konnte dessen Witwe in den USA überzeugen, den entscheidenden Schritt zu tun. Sehr zur Freude von Guido Altendorf, dem Kurator des Filmmuseums Potsdam, der sich glücklich schätzt über den Neuzugang am Abend und an einen wenig bekannten, aber nachhaltigen Impuls für Kreuders künstlerische Karriere erinnert
Altendorf: "Als Assistent von Hollaender hat er Hollaenders Musik arrangiert und auch die Musikaufnahmen geleitet und er schreibt, er taucht auch einmal selbst kurz auf in einer Szene in diesem Kabarett "Blauer Engel" am Klavier"."
Peter Kreuder avanciert Mitte der 30er Jahre zu einem gefragten Filmkomponisten. Bei 188 Spielfilmen hat er die Musik geschrieben. Für die Nationalsozialisten wurde er zunehmend unentbehrlich, weil sie mit seinen optimistischen Schlagern die Moral im Lande hochhalten und vom Kriegsalltag ablenken wollten. Kreuder geriet in Zwiespalt. Ihm gelingt es, nach Schweden zu entkommen, aber bald wird ihm von deutscher Seite bedeutet, zurückzukommen, da sonst seine daheimgebliebene Familie ins KZ käme. Kreuder, alles andere als ein Befürworter des Systems, beugt sich und erhält fortan öfter Depeschen wie diese, die jetzt ebenfalls im Filmmuseum Potsdam zu lesen sind. Depeschen, bei denen man nie wusste, ob man je lebend wieder herauskommt. Zitat:
"Auf ausdrückliche Weisung von Herrn Reichsminister Dr. Goebbels haben Sie sich am Dienstag, dem 21.12. 1943 um 11 Uhr bei Herrn Ministerialdirektor Hinkel im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin-Wilhelmplatz 8, Hauptportal zu einer Besprechung einzufinden. Stop. Berufliche oder sonstige Behinderungen können Ihr Ausbleiben nicht rechtfertigen."
Unter den ausgestellten Exponaten befinden sich außerdem viele Originalpartituren. Ungewöhnlich sind allerdings die echten Bierdeckel - mit Kompositionsskizzen, denn der kreative Kreuder nutzte alles, um Ideen festzuhalten. Sie warten noch auf musikwissenschaftliche Erschließung. Am schönsten sind die vielen Fotos – private Aufnahmen, die man kaum kennt, Schnappschüsse mit Kollegen, die er mochte. Stars ohne Ende: Lilli Palmer, Marlene Dietrich , Friedrich Holländer, Hans Moser, Josephine Baker…
Zur Fülle des Hintergrundmaterials, das sich im Nachlass befindet, sind auch Versuche des Komponisten zu erwähnen, gegen den Missbrauch eigener Arbeit durch andere vorzugehen, ein Vorhaben, dem weniger Erfolg beschieden war, wie seine Ehefrau Ingrid Kreuder registrieren musste:
"Die Muppetshow ist einwandfrei gestohlen, die Anfangsmelodie von "Ich brauche keine Millionen". Wir hätten Millionen gebraucht, gegen die zu klagen und die hatten wir nicht."
Noch ein anderes markantes Beispiel ist in die Musikgeschichte eingegangen.
Ingrid Kreuder: "Das war die DDR-Hymne, die wurde ja auch sehr entlehnt von "Good Bye, Jonny". Das hat mein Mann mitbekommen. 1952, da war er von Südamerika zum ersten Mal kurz zurück und hat in Leipzig ein Konzert gegeben und dann seine Evergreens gespielt und wie er "Good bye, Jonny" spielte, sah er, dass Leute so zögern und einer stand auf und der andere wusste nicht so genau und dann hat er weitergespielt und dann war das für Peter erledigt und in der Pause kam ein Funktionär und sagte "Sie, das geht nicht, dass Sie unsere Hymne verjazzen und da hat er zum ersten Mal erfahren, dass die DDR-Hymne "Good bye, Jonny" ist."
Allerdings wurde schon zu Lebzeiten Peter Kreuders von Fachleuten entgegen gehalten, dass jenes erwähnte Hanns-Eisler-Motiv aus "Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt" bereits in der Kantatenfassung von Brechts "Mutter" aus dem Jahr 1935 vorkommt. Dort gibt es wiederum starke Berührungen zu Felix Mendelsohn-Bartholdys Schauspielmusik "Athalia" von 1848. Dieser Teil des Themas Plagiat ist also vom Tisch, auch weil Hymne und Staat abhanden gekommen sind. Auf der neuen CD zum 100. Geburtstag Peter Kreuders wird der beliebte Song in einer Interpretation von Freddy Quinn aufgelegt. Ursprünglich hatte es Hans Albers in dem Film "Wasser für Canitoga" im Jahr 1939 gesungen. Mit der Musik zu Willi Forsts Ehemelodram "Mazurka" gelang Kreuder der erste Welterfolg. Das war vier Jahre zuvor - für ihn der Durchbruch und zugleich allerdings auch das Comeback einer in Deutschland einmal sehr beliebten, aber Mitte der 30er Jahre fast vergessenen Stummfilmschauspielerin – von Pola Negri, die extra aus Hollywood für die Dreharbeiten zurückgeholt wurde.
Ingrid Kreuder: "Sie war ja ein reiner Stummfilmstar und das war ja auch dann das Lustige, denn sie musste dann singen. Sie konnte gar nicht singen und das ist im Original noch. Pola Negri sang "Ich fühl in mir, ich spür in mir das wilde, heiße …" aber "Blut" konnte sie nicht mehr. Da war es aus und da kam dann eine andere junge Sängerin. Hilde Seib, die sang dann den Rest Koloratur und alles andere und als sie wieder anfing "Ich fühl in mir, ich spür in mir…" dann war es wieder die Stimme Pola Negris."
Mit dem anderen Star, mit Zarah Leander wollte er später noch einmal an alte Erfolge anknüpfen, brachte in 60er und 70er zwei Musicals heraus. Aber zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass er neben der Diva sich als Schöpfer der Musik ein wenig ins Abseits gestellt fühlte. 1981 dann eine schicksalhafte Duplizität . Als Peter Kreuder im Fernsehen den Nachruf auf die Dame mit der dunklen Stimme vernimmt, trinkt er auf Zarahs Wohl ein Glas Champagner … und stirbt noch in derselben Nacht.
Die Sonderaustellung mit dem Nachlass Peter Kreuders ist bis zum 25. September im Filmmuseum Potsdam zu sehen
Filmmuseum Potsdam
Marstall/Breite Straße 1 A,
14467 Potsdam