Juristin Sabine Lautenschläger

„Ich halte nichts von versteckten Botschaften“

34:27 Minuten
Sabine Lautenschläger gestikuliert während eines Interviews.
Befürchtet, dass die hohe Inflation nicht schnell vorübergeht und warnt vor einer Lohn-Preis-Spirale: Sabine Lautenschläger. © picture alliance / Herbert Neubauer / APA / picturedesk.com
Moderation: Annette Riedel · 10.05.2022
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Als erste oder einzige Frau in der Führungsetage: Sabine Lautenschläger kennt das, ihre Karriere führte sie in die höchsten Gremien von Bundesbank und EZB. Doch als Beweis für echte Gleichberechtigung sieht sie ihren beruflichen Werdegang nicht.
Kurz nachdem Sabine Lautenschläger auf dem Chefinnensessel Platz genommen hatte, brach die Krise aus. 2008 - die gelernte Juristin Lautenschläger war gerade Exekutivdirektorin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geworden - drückte die Lehman-Pleite das internationale Finanzsystem an den Rand des Abgrunds.
„Ich kam nicht mehr nach Hause, mein Mann hat mir dann einen Koffer gebracht“, erinnert sie sich. Pausenlos musste sie den Zustand von rund 2000 Kreditinstituten in Deutschland im Auge behalten.

Klare Ansagen

Hier wie auch bei ihren weiteren Karrierestationen als Vizepräsidentin der Bundesbank und Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) war ihr eine klare und offene Kommunikation immer wichtig: „Ich halte nichts von versteckten Botschaften.“, betont sie. Resolut und durchsetzungsfähig habe sie außerdem sein müssen, sagt Sabine Lautenschläger. Gerade als Frau.

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Als Beispiel dafür, dass die Gleichberechtigung in den Führungsetagen voranschreitet, sieht sie ihre Karriere allerdings nicht. Dafür habe sie zu viel Glück gebraucht, sagt die Juristin. Noch immer entschieden zumeist Männer darüber, wer ganz nach oben komme. Und die hätten oft Probleme mit dem etwas anderen Führungsstil von Frauen.
Hinzu kämen überkommene gesellschaftliche Erwartungen. Von Lehrern ihrer Tochter musste sich Lautenschläger als "Rabenmutter" bezeichnen lassen – was ihren Ehemann noch mehr ärgerte als sie selbst. Denn der kümmerte sich um Haushalt und Kind und fragte: „Bin ich gar nichts wert?“

Macht, Kampf und Rücktritt

Als Mitentscheiderin über die Geldpolitik der EZB hatte Lautenschläger Macht, doch das reizte sie nicht. Mit Macht sei auch immer Kampf verbunden, ist ihre Erfahrung. Im Herbst 2019 kämpfte sie nicht mehr, trat von ihrem Direktorenposten bei der EZB zurück.
Die „sehr lockere Geldpolitik“ der EZB, eine langfristige Festlegung auf Anleihekäufe und niedrige Zinsen, habe sie damals nicht mehr mittragen können, sagt sie. Heute schaut sie mit Sorge auf die hohe Inflation, die sie nicht für eine vorübergehende Erscheinung hält.
Derzeit hat Lautenschläger ein ganzes „Portfolio“ von Funktionen, von denen ihr eine besonders am Herzen liegt: Ehrenamtlich engagiert sie sich beim Financial Services Volunteer Corps. Die Organisation berät Entwicklungsländer beim Aufbau eines modernen Finanzwesens - einschließlich Geldpolitik, Bankenaufsicht und dem Kampf gegen Korruption.
(pag)
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