"Ich kann auch was anderes zeichnen"
Bloß nicht auf Pasta und die Kochnische reduziert werden! Das hatte sich die Illustratorin Larissa Bertonasco aus Hamburg erhofft. Doch in die Falle läuft man schnell, wenn man bereits mit so großem Erfolg ein Kochbuch geschrieben, gezeichnet und auf den Markt gebracht hat.
Wenn sie zeichnet, dann hört sie gerne laute Musik. Larissa Bertonasco sitzt in ihrem lichtdurchfluteten Atelier im Dachgeschoss eines alten Fabrikhofs, schön gelegen an einem kleinen Kanal, dem Hamburger Goldbekufer. Über ihren Lichttisch gebeugt, zieht sie mit dem Pinsel die sanften Konturen einer molligen Frau nach. Schminkt ihr mit Buntstift eine leichte Röte auf die Wangen. Schneidet aus einem indischen Bilderbuch einen Vogel aus, den sie neben die Figur klebt. Und schreibt in geschwungenen Buchstaben ihren Namen über die Figur. Larissa Bertonasco. Illustratorin.
"Man ist schon sehr bei sich in so einem Moment, wenn man so ein Bild malt."
Die Wörter und kurzen Texte in ihren Bildern sind Larissa Bertonascos Markenzeichen. Und die Collageelemente. Die Acrylbilder werden angereichert durch bunte Muster, Oblaten oder Bildern aus ihrer Schatzkammer:
"Früher hatte ich meine Schnipsel und Gesammeltes in so Schuhkartons,und dann hatte ich zwei Schuhkartons und dann sind die aus allen Nähten geplatzt. Und dann hatte ich die Idee, das in diesem Hängeregister zu machen und dann habe ich das auch ein bisschen sortiert, um mich überhaupt zurechtzufinden, nach, alles was mit Punkten zu tun hat, große Punkte, kleine, rote, blaue, grüne. Hier, dieses Orangen-Papier finde ich auch super. Wenn ich irgendwo bin, frage ich beim türkischen Obsthändler: 'Oh, darf ich das Papier haben!?' Oder ich kaufe einfach ne Orange, um das Papier zu bekommen."
Larissa Bertonasco ist überhaupt nicht mollig, auch wenn sie sich selbst so malt. Im Gegenteil. Trotzdem erkennt man sie in ihren Figuren sofort wieder; die dunklen Augenbrauen, die sich schmal und lang von der Nasenwurzel Richtung Schläfe strecken. Das symmetrische Gesicht, der rote Lippenstift. Ihre Wurzeln, das ist unverkennbar, liegen in Italien, genauer: in Finale Ligure.
"Finale Ligure liegt genau hier auf der Hälfte zwischen Genua und Frankreich, so ungefähr. Und Finale liegt eben direkt am Meer, so ein richtiger Badeort."
Hier riecht es nach Meer und Holz, nach Rosmarin und Salbei. Aber auch nach Mottenkugeln und Spiritus. Nach Kindheit eben. Nach der Nonna, der Großmutter, bei der die Tochter einer Deutschen und eines Italieners ihre Ferien verbrachte. Richtig erlebt hat die gebürtige Heilbronnerin das Land ihres Vaters aber erst nach dem Abitur. Als sie ein Jahr in Siena Italienisch studierte.
"Italien steht immer für, ist so toll, alle sitzen draußen und trinken Wein und sind so gut gekleidet und sehen gut aus, und in Italien sind alle glücklich, und irgendwie hat man so dieses Bild von Italien. Dolce Vita und Geschmack und Genuss. Und es stimmt ja auch ganz viel davon. Aber ich bin dann auch mit der Realität konfrontiert worden und dem Alltag und hab echt gemerkt zum ersten Mal so: Ey, Deutschland ist irgendwie ein ganz schön tolles Land."
Zu spießig, zu unfrei erlebt die junge Frau das katholische Italien. 1992, mit zwanzig, zieht sie nach Hamburg, jobbt, beginnt zu studieren. Irgendwas mit Kunst sollte es sein:
"Freunde oder die mit mir zur Schule gegangen sind und BWL studiert haben oder Jura: Ich hab das gar nicht verstanden. Ich dachte immer, alles was Spaß macht im Leben ist doch die Kunst. Alles andere war für mich echt wahnsinnig öde, hätte ich nie im Leben dran gedacht, was anderes zu machen."
Was genau ist erst mal nebensächlich, es hätte Bühnenbild werden können oder Theater, vielleicht Fotografie. Letztlich entscheidet sie sich mit Anfang zwanzig für ein Studium der Illustration.
Kurz vor Ende des Studiums ist sie wieder auf der Buchmesse, dieses Mal hat sie ihre Diplomarbeit in der Mappe: Ein Kochbuch mit den Rezepten italienischer Köstlichkeiten aus den Töpfen ihrer Nonna. Illustriert und mit kleinen Geschichten versehen von der Enkelin Larissa Bertonasco. Ein angesehener Verlag bringt "La nonna, la cucina, la vita" raus – mit großem Erfolg, gerade wurde die elfte Auflage gedruckt.
"Das war ein irgendwie ein ziemlich weicher Einstieg ins Berufsleben und das hätte ich wirklich nicht gedacht, also es ist ja nicht so, wenn man Illustration studiert, dass man weiß, ja, danach finde ich auf jeden Fall nen Job und verdien wahnsinnig viel Kohle. Sondern man ist ja eher unsicher, und ich hab mich, glaube ich, auch so ein bisschen gefürchtet, fertig zu werden mit studieren weil ich immer dachte, o Gott, was mach ich denn dann, dann muss ich mir noch einen neuen Job suchen, mit dem man Geld verdienen kann."
Die Angst war unbegründet. Nach dem Erfolg von "La nonna" reißt weder der Strom an Aufträgen noch der an Ideen ab. Larissa Bertonasco malt für Zeitschriften wie Brigitte und Chrismon, illustriert Buchtitel oder private Aufträge. Eins ist ihr besonders wichtig: Nicht nur auf Pasta reduziert zu werden.
"Ich kann auch was anderes zeichnen als Tomaten und Kochtöpfe"
Am liebsten würde die 38-Jährige mal wieder eigene Texte schreiben. Aber dazu bleibt im Moment keine Zeit. Auch wenn sich Familie und Beruf gut vereinbaren lassen: Ihr Mann ist freischaffender Künstler, die Wohnung der Familie nur wenige Meter vom Atelier entfernt.
"Mittlerweile denke ich eben auch, alles hat im Leben so seine Zeit. Und jetzt habe ich Familie und zwei Kinder und habe total Lust, Zeit mit denen zu verbringen. Natürlich könnte ich die wegorganisieren, aber ich denke, im Alter wird's mir noch langweilig genug sein."
Service:
Der Kochkunst ihrer italienischen Großmutter hat Larissa Bertonasco in "La nonna, la cucina, la vita", erschienen im Gerstenberg Verlag, ein Denkmal gesetzt. Zuletzt ist das von ihr illustrierte Kochbuch "La cucina verde", die vegetarische Küche Italiens, bei Jacoby & Stuart erschienen.
"Man ist schon sehr bei sich in so einem Moment, wenn man so ein Bild malt."
Die Wörter und kurzen Texte in ihren Bildern sind Larissa Bertonascos Markenzeichen. Und die Collageelemente. Die Acrylbilder werden angereichert durch bunte Muster, Oblaten oder Bildern aus ihrer Schatzkammer:
"Früher hatte ich meine Schnipsel und Gesammeltes in so Schuhkartons,und dann hatte ich zwei Schuhkartons und dann sind die aus allen Nähten geplatzt. Und dann hatte ich die Idee, das in diesem Hängeregister zu machen und dann habe ich das auch ein bisschen sortiert, um mich überhaupt zurechtzufinden, nach, alles was mit Punkten zu tun hat, große Punkte, kleine, rote, blaue, grüne. Hier, dieses Orangen-Papier finde ich auch super. Wenn ich irgendwo bin, frage ich beim türkischen Obsthändler: 'Oh, darf ich das Papier haben!?' Oder ich kaufe einfach ne Orange, um das Papier zu bekommen."
Larissa Bertonasco ist überhaupt nicht mollig, auch wenn sie sich selbst so malt. Im Gegenteil. Trotzdem erkennt man sie in ihren Figuren sofort wieder; die dunklen Augenbrauen, die sich schmal und lang von der Nasenwurzel Richtung Schläfe strecken. Das symmetrische Gesicht, der rote Lippenstift. Ihre Wurzeln, das ist unverkennbar, liegen in Italien, genauer: in Finale Ligure.
"Finale Ligure liegt genau hier auf der Hälfte zwischen Genua und Frankreich, so ungefähr. Und Finale liegt eben direkt am Meer, so ein richtiger Badeort."
Hier riecht es nach Meer und Holz, nach Rosmarin und Salbei. Aber auch nach Mottenkugeln und Spiritus. Nach Kindheit eben. Nach der Nonna, der Großmutter, bei der die Tochter einer Deutschen und eines Italieners ihre Ferien verbrachte. Richtig erlebt hat die gebürtige Heilbronnerin das Land ihres Vaters aber erst nach dem Abitur. Als sie ein Jahr in Siena Italienisch studierte.
"Italien steht immer für, ist so toll, alle sitzen draußen und trinken Wein und sind so gut gekleidet und sehen gut aus, und in Italien sind alle glücklich, und irgendwie hat man so dieses Bild von Italien. Dolce Vita und Geschmack und Genuss. Und es stimmt ja auch ganz viel davon. Aber ich bin dann auch mit der Realität konfrontiert worden und dem Alltag und hab echt gemerkt zum ersten Mal so: Ey, Deutschland ist irgendwie ein ganz schön tolles Land."
Zu spießig, zu unfrei erlebt die junge Frau das katholische Italien. 1992, mit zwanzig, zieht sie nach Hamburg, jobbt, beginnt zu studieren. Irgendwas mit Kunst sollte es sein:
"Freunde oder die mit mir zur Schule gegangen sind und BWL studiert haben oder Jura: Ich hab das gar nicht verstanden. Ich dachte immer, alles was Spaß macht im Leben ist doch die Kunst. Alles andere war für mich echt wahnsinnig öde, hätte ich nie im Leben dran gedacht, was anderes zu machen."
Was genau ist erst mal nebensächlich, es hätte Bühnenbild werden können oder Theater, vielleicht Fotografie. Letztlich entscheidet sie sich mit Anfang zwanzig für ein Studium der Illustration.
Kurz vor Ende des Studiums ist sie wieder auf der Buchmesse, dieses Mal hat sie ihre Diplomarbeit in der Mappe: Ein Kochbuch mit den Rezepten italienischer Köstlichkeiten aus den Töpfen ihrer Nonna. Illustriert und mit kleinen Geschichten versehen von der Enkelin Larissa Bertonasco. Ein angesehener Verlag bringt "La nonna, la cucina, la vita" raus – mit großem Erfolg, gerade wurde die elfte Auflage gedruckt.
"Das war ein irgendwie ein ziemlich weicher Einstieg ins Berufsleben und das hätte ich wirklich nicht gedacht, also es ist ja nicht so, wenn man Illustration studiert, dass man weiß, ja, danach finde ich auf jeden Fall nen Job und verdien wahnsinnig viel Kohle. Sondern man ist ja eher unsicher, und ich hab mich, glaube ich, auch so ein bisschen gefürchtet, fertig zu werden mit studieren weil ich immer dachte, o Gott, was mach ich denn dann, dann muss ich mir noch einen neuen Job suchen, mit dem man Geld verdienen kann."
Die Angst war unbegründet. Nach dem Erfolg von "La nonna" reißt weder der Strom an Aufträgen noch der an Ideen ab. Larissa Bertonasco malt für Zeitschriften wie Brigitte und Chrismon, illustriert Buchtitel oder private Aufträge. Eins ist ihr besonders wichtig: Nicht nur auf Pasta reduziert zu werden.
"Ich kann auch was anderes zeichnen als Tomaten und Kochtöpfe"
Am liebsten würde die 38-Jährige mal wieder eigene Texte schreiben. Aber dazu bleibt im Moment keine Zeit. Auch wenn sich Familie und Beruf gut vereinbaren lassen: Ihr Mann ist freischaffender Künstler, die Wohnung der Familie nur wenige Meter vom Atelier entfernt.
"Mittlerweile denke ich eben auch, alles hat im Leben so seine Zeit. Und jetzt habe ich Familie und zwei Kinder und habe total Lust, Zeit mit denen zu verbringen. Natürlich könnte ich die wegorganisieren, aber ich denke, im Alter wird's mir noch langweilig genug sein."
Service:
Der Kochkunst ihrer italienischen Großmutter hat Larissa Bertonasco in "La nonna, la cucina, la vita", erschienen im Gerstenberg Verlag, ein Denkmal gesetzt. Zuletzt ist das von ihr illustrierte Kochbuch "La cucina verde", die vegetarische Küche Italiens, bei Jacoby & Stuart erschienen.