Berühmt und vergessen
Die Keramikerin Gertraud Möhwald
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Die ostdeutsche Bildhauerin Gertraud Möhwald prägte eine ganze Generation von Keramikerinnen und Keramikern. Ihre eigenen Arbeiten öffneten die Kunstform hin zur freien Plastik. Das war neu. Doch eine angemessene Würdigung fehlt bis heute.
Der Thüringer Künstler Werner Schubert-Deister
07:59 Minuten
Der Verband Bildender Künstler der DDR machte es ihm nicht leicht: Der Maler und Bildhauer Werner Schubert-Deister schuf abseits des offiziellen Kunstgeschehens ein umfangreiches Werk. Ein Schatz, der immer noch gehoben wird.
"Hier, das ist ein Holzschnitt mehrfarbig. Und da hat er nur eine Holzplatte gehabt und mit einer Kreissäge Strukturen hinein gezeichnet und dann eben entsprechend 'n Druck gemacht."
Es ist nicht leicht, sich einen Überblick zu verschaffen über das weitgehend unbekannte und umfangreiche Schaffen des 1921 in Hachelbich in Thüringen geborenen Künstlers Werner Schubert-Deister.
"‘Farbgrafik siebenundsiebzig, Karlheinz Stockhausen‘. An Stockhausens Musik hat er sich halt abgearbeitet. Da gibt's auch ganze Serien."
Es ist nicht leicht, sich einen Überblick zu verschaffen über das weitgehend unbekannte und umfangreiche Schaffen des 1921 in Hachelbich in Thüringen geborenen Künstlers Werner Schubert-Deister.
"‘Farbgrafik siebenundsiebzig, Karlheinz Stockhausen‘. An Stockhausens Musik hat er sich halt abgearbeitet. Da gibt's auch ganze Serien."
Jonas Deister, jüngster Sohn des 1991 verstorbenen Künstlers, versucht, die verstreuten Werke seines Vaters ausfindig und die über 6000 Arbeiten, die die Familie 1986 bei der Ausreise aus der DDR mitgenommen hat, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Musikausbildung und Kriegsdienst
Das erste Selbstporträt des Künstlers ist noch in der realistischen Tradition alter Meister gemalt. Bald beginnt er jedoch stilistisch zu experimentieren. Mit verschiedenen Techniken lässt er abstrakte, räumliche Strukturen entstehen. Mal sind es hauchdünne, organische Linien, die wie ein dreidimensionales Spinnennetz aus dem Dunkel aufleuchten. Mal sind es breit geschwungene oder scharf gezackte flächige Formen, die einen sich im Raum ausdehnenden Klang verbildlichen.
"Und ja, dadurch, dass mein Vater ja auch Musiker war, hatte er immer schon einen großen Bezug gehabt."
"Und ja, dadurch, dass mein Vater ja auch Musiker war, hatte er immer schon einen großen Bezug gehabt."
Mit 15 Jahren studiert Werner Schubert zunächst am Konservatorium in Bad Frankenhausen Klavier und Kontrabass. Unterbrochen wird seine Ausbildung 1940 durch fünf Jahre Kriegsdienst als Fallschirmjäger.
"Also er ist auch kriegsgeschädigt. Und in dem Zuge hat er auch diesen charakteristischen, dieses Hinken gehabt, woran man ihn auch erkennen konnte. Also sein Erscheinungsbild war so: der Mann im weißen Kittel mit Baskenmütze, der hinkend durch die Straßen ging."
"Also er ist auch kriegsgeschädigt. Und in dem Zuge hat er auch diesen charakteristischen, dieses Hinken gehabt, woran man ihn auch erkennen konnte. Also sein Erscheinungsbild war so: der Mann im weißen Kittel mit Baskenmütze, der hinkend durch die Straßen ging."
Trauernde Mütter als Motiv
Doch zunächst kehrt Werner Schubert zur Musik zurück. Er setzt bis 1947 sein Studium in Sondershausen und Weimar fort, verdient seinen Lebensunterhalt als Pianist einer Tanzkappelle und spielt in einer Jazzband.
Weil ihm die Musik nicht genügt, bewirbt er sich an der Hochschule für Buchkunst und Grafik in Leipzig, wo ihn die Professorin Elisabeth Voigt – eine Schülerin von Käthe Kollwitz – nach Kräften fördert. Noch arbeitet er vorwiegend gegenständlich. Seine großformatigen schwarz-weißen Grafiken zeigen aber bereits stark stilisierte Köpfe und in sich gekehrte Figuren.
"Was ich gar nicht so hier habe, das war auch so eine wiederkehrende Motivkette, die trauernden Mütter, also immer die Frau, die trauert, hat er immer wieder aufgenommen."
Das abschätzige Urteil der SED gegen sogenannte "Elendsbilder" und abstrahierende Formensprache, die gerade in den 1950er-Jahren im "Formalismus-Streit" als dekadent und zerstörerisch verurteilt wurde, scheint den Künstler nicht beeindruckt zu haben.
"Was ich gar nicht so hier habe, das war auch so eine wiederkehrende Motivkette, die trauernden Mütter, also immer die Frau, die trauert, hat er immer wieder aufgenommen."
Das abschätzige Urteil der SED gegen sogenannte "Elendsbilder" und abstrahierende Formensprache, die gerade in den 1950er-Jahren im "Formalismus-Streit" als dekadent und zerstörerisch verurteilt wurde, scheint den Künstler nicht beeindruckt zu haben.
Arbeiten fern des Kunstgeschehens
1952 wird er sowohl in den Verband Bildender Künstler der DDR, als auch in den Verein Bildender Künstler in West-Berlin aufgenommen. Er erhält aber vom VBK-Ost weder Ausstellungsmöglichkeiten noch Aufträge. Fern von allem Kunstgeschehen richtet sich Werner Schubert auf dem Gelände eines Schlachthofs in Friedrichroda ein Atelier ein.
"Das war ein ehemaliges Kühlhaus ohne Licht, aber Betonboden, ja, feuchte Wände und darin hat er mehr, würde ich mal sagen, bildhauerische Werke gemacht, weil da mehr Fläche war. Und gemalt hat er in einem besseren Schuppen."
Vom Verband ignoriert, arbeitet er an Serien zum Ungarn-Aufstand und zum Contergan-Skandal. Es entstehen fein schraffierte, rhythmische Grafiken mit Titeln wie "technologische Landschaft", später farbig expressive Mischtechniken, die er "Spannung im Raum" nennt oder farbig geschwungene Kompositionen, die er mit "Botanik" betitelt. Daneben aber auch Arbeiten zur Giftkatastrophe in Seveso, später zum Aidsvirus oder zu Tschernobyl.
"Das war ein ehemaliges Kühlhaus ohne Licht, aber Betonboden, ja, feuchte Wände und darin hat er mehr, würde ich mal sagen, bildhauerische Werke gemacht, weil da mehr Fläche war. Und gemalt hat er in einem besseren Schuppen."
Vom Verband ignoriert, arbeitet er an Serien zum Ungarn-Aufstand und zum Contergan-Skandal. Es entstehen fein schraffierte, rhythmische Grafiken mit Titeln wie "technologische Landschaft", später farbig expressive Mischtechniken, die er "Spannung im Raum" nennt oder farbig geschwungene Kompositionen, die er mit "Botanik" betitelt. Daneben aber auch Arbeiten zur Giftkatastrophe in Seveso, später zum Aidsvirus oder zu Tschernobyl.
So entstehen im Laufe der Jahre Werke, die Zustände, Gefühle, metaphysische oder wissenschaftliche Fragen sichtbar machen sollen. Viele Arbeiten bleiben ohne Titel und ohne Datum, werden nie ausgestellt.
Kirche als wichtigste Auftraggeberin
"Also in diesem Raum ist das große Kreuz, der Altar mit der Metallarbeit ist von ihm, der Ambo, der Tabernakel. Und hier das Madonnenbildnis in Holz."
Ohne Unterstützung durch den Verband wird seine wichtigste Auftraggeberin die Kirche.
"Weil das natürlich die Möglichkeit war, einen Auftrag zu bekommen, der gut bezahlt war und mit diesen Rücklagen, er sich letztlich ja auch die eigene Freiheit kaufen konnte, auch um das zu schaffen, was man machen wollte, was man eben nicht verkaufen konnte, nirgendwo, was man nicht ausstellen konnte."
Ohne Unterstützung durch den Verband wird seine wichtigste Auftraggeberin die Kirche.
"Weil das natürlich die Möglichkeit war, einen Auftrag zu bekommen, der gut bezahlt war und mit diesen Rücklagen, er sich letztlich ja auch die eigene Freiheit kaufen konnte, auch um das zu schaffen, was man machen wollte, was man eben nicht verkaufen konnte, nirgendwo, was man nicht ausstellen konnte."
Bis heute findet man seine Werke in Kirchen und Kapellen u.a. in Erfurt, Heiligenstadt und Meiningen.
"Die bildhauerischen Aufträge, auch die von der Kirche, die hat er als Brotverdienst gesehen und er sagte mal: ‚Die Deutschen wollen immer nur Tonnen und Madonnen.‘ Aber so eine kleine Zeichnung ist für ihn viel mehr wert. Aber damit hatte er keine Öffentlichkeit, hat er nie bekommen."
Erinnert sich Frau Christa Deister, die Werner Schubert 1972 heiratet.
"Wir waren keine typischen DDR-Bürger. Wir haben wie auf einer Insel gelebt und die Welt kam zu uns. Jetzt heißt Welt natürlich in Anführungsstrichen. Da kamen ja Ärzte, Doktoren, Professoren und die waren dann ganz beeindruckt von den Werken von meinem Mann, weil mein Mann anders dachte."
"Die bildhauerischen Aufträge, auch die von der Kirche, die hat er als Brotverdienst gesehen und er sagte mal: ‚Die Deutschen wollen immer nur Tonnen und Madonnen.‘ Aber so eine kleine Zeichnung ist für ihn viel mehr wert. Aber damit hatte er keine Öffentlichkeit, hat er nie bekommen."
Erinnert sich Frau Christa Deister, die Werner Schubert 1972 heiratet.
"Wir waren keine typischen DDR-Bürger. Wir haben wie auf einer Insel gelebt und die Welt kam zu uns. Jetzt heißt Welt natürlich in Anführungsstrichen. Da kamen ja Ärzte, Doktoren, Professoren und die waren dann ganz beeindruckt von den Werken von meinem Mann, weil mein Mann anders dachte."
Beschlagnahmung von Werken und hohe Geldstrafen
Die fehlende Aufmerksamkeit durch den Verband kompensiert der Künstler auch mit Aufträgen für "Kunst am Bau". 1977 erhält er einen umfangreichen Auftrag der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe Gotha.
"Und da hat mein Mann ja auch monatelang auch noch mit anderen Handwerkern gearbeitet und es war kurz vor Vollendung und dann wurde das eingerissen."
Ein weiterer Tiefschlag bahnt sich ein Jahr später an. Einem befreundeten Ehepaar aus dem Westen hat der Künstler immer wieder Werke geschenkt. Sie überreden ihn zu einer Ausstellung im Westen. Eine staatliche Genehmigung erhält Schubert-Deister jedoch nicht. Und so strengt die Staatsanwaltschaft der DDR ein Zoll- und Devisenverfahren gegen ihn an, das mit der Beschlagnahmung von 176 Werken endet, die zum Teil bis heute verschollen sind und hohen Geldstrafen.
"Wenn die Zerstörung und dieser Zoll- und Devisenstrafbefehl nicht gewesen wäre, wäre er dort geblieben. Er war ja auch dort verwurzelt."
Fünf bange Jahre vergehen, ehe man die Familie ausreisen lässt. Im niedersächsischen Borsum stirbt Werner Schubert-Deister 1991.
"Und da hat mein Mann ja auch monatelang auch noch mit anderen Handwerkern gearbeitet und es war kurz vor Vollendung und dann wurde das eingerissen."
Ein weiterer Tiefschlag bahnt sich ein Jahr später an. Einem befreundeten Ehepaar aus dem Westen hat der Künstler immer wieder Werke geschenkt. Sie überreden ihn zu einer Ausstellung im Westen. Eine staatliche Genehmigung erhält Schubert-Deister jedoch nicht. Und so strengt die Staatsanwaltschaft der DDR ein Zoll- und Devisenverfahren gegen ihn an, das mit der Beschlagnahmung von 176 Werken endet, die zum Teil bis heute verschollen sind und hohen Geldstrafen.
"Wenn die Zerstörung und dieser Zoll- und Devisenstrafbefehl nicht gewesen wäre, wäre er dort geblieben. Er war ja auch dort verwurzelt."
Fünf bange Jahre vergehen, ehe man die Familie ausreisen lässt. Im niedersächsischen Borsum stirbt Werner Schubert-Deister 1991.