Ikone der Frauenbewegung
Am 9.1. 2008 wäre Simone de Beauvoir 100 Jahre alt geworden. Anlässlich dieses Jubiläums lädt Alice Schwarzer in ihrem Buch "Simone de Beauvoir" zu einem aufregenden Spaziergang durch die Lebenserinnerungen, Essays und Romane der französischen Schriftstellerin und Philosophin ein. Und Ingeborg Gleichauf legt mit "Sein wie keine andere" eine Biografie vor, die auch junge Leserinnen und Leser ansprechen dürfte.
Im Fundus literarischer und philosophischer Zitate, aus dem zum Zwecke geistreicher Verfeinerung gern geschöpft wird, findet sich auch folgender Satz: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu (gemacht)". Er stammt aus Simone de Beauvoirs berühmten Essay "Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau", der nach seinem Erscheinen 1949 vom Vatikan auf den Index gesetzt wurde.
Dabei hatte die 1908 in Paris geborene Schriftstellerin und Philosophin lediglich eine kultur- und sozialgeschichtliche Abhandlung zur Lage der Frau verfasst. Sie ahnte nicht, dass sie damit zu einer kollektiven Lektüre aufforderte, wie es sie bislang nicht gegeben hatte. "Das andere Geschlecht" wurde zu einer Art Bibel der neuen Frauenbewegung, die sich in Deutschland ab 1970 formierte und mit dem Namen Alice Schwarzer eng verbunden ist. In ihren Publikationen ("Simone de Beauvoir heute. Gespräche in 10 Jahren", 1986; "Simone de Beauvoir. Rebellin und Wegbereiterin", 1999) war Schwarzer stets bemüht, das Werk der geschätzten französischen Feministin und "Kollegin" wach zu halten und sie nicht nur als treue Wegbegleiterin an der Seite des großen Existentialisten Jean-Paul Sartre in die Geschichte eingehen zu lassen.
Zum 100. Geburtstag legt Schwarzer nun ein Lesebuch vor, mit dem sie die für sie "einflussreichste weibliche Intellektuelle des 20. Jahrhunderts" würdigen will. In 15 Kapiteln lädt sie zu einem aufregenden Spaziergang durch Simone de Beauvoirs Lebenserinnerungen, Essays und Romane ein. Beginnend mit den "Memoiren einer Tochter aus gutem Hause" (1958), liefert das Buch köstliche Appetizer aus den Romanen "Sie kam und blieb" (1943), "Die Mandarins von Paris" (1954), "Die Welt der schönen Bilder" (1966), aus Briefen an Jean-Paul Sartre und dem Geliebten Nelson Algren sowie dem Essay "Das andere Geschlecht". Die Auswahl begleiten persönliche Interpretationen und Fakten zur Entstehung und Rezeption sowie Fotografien, welche die visuelle Neugier befriedigen. Die Lebensdaten und Quellenangaben im Anhang binden die Texte sinnvoll ins Gesamtwerk und den Lebenslauf de Beauvoirs ein.
Sollte nach dieser erfrischenden Lektüre ein biografischer Wissensdurst entstanden sein, verspricht Ingeborg Gleichauf mit ihrem Buch "Sein wie keine andere. Simone de Beauvoir: Schriftstellerin und Philosophin" Rettung. Angekündigt als "Neuentdeckung Simone de Beauvoirs für junge Leserinnen und Leser" stellt sich die Autorin keiner leichten Aufgabe. Als Ausgangspunkt für ihre Erkundungen wählt sie das Café "La Rotonde" im Geburtshaus Simone de Beauvoirs am Boulevard du Montparnasse 103.
Geschickt entwirft sie damit eine Topographie, in der sich der (junge) Leser bewegen kann. Anhand eines Stadtplans wird de Beauvoirs Pariser Zeit chronologisch verortet, so dass ein ganz anderer Spaziergang als der unternommen wird, zu dem Schwarzer einlädt. Gleichauf setzt überhaupt auf Anschaulichkeit und reichert die Kapitel, die von Zäsuren des Abschieds (Auszug aus dem Elternhaus, Beginn ihrer Arbeit als Assistenzlehrerin, der Tod des "Zwillings" Jean-Paul Sartre) bestimmt sind, mit biografischen Details an, in denen es primär um ein Psychogramm der Schriftstellerin und Philosophin geht. Aspekte wie de Beauvoirs unersättliche Gier auf Leben, auf Wissen und intensive geistige wie soziale Auseinandersetzung sowie ihren lebenslangen Ehrgeiz, zu sein "wie keine andere", zentrieren die Ausführungen. Mit interpretatorischen Exkursen zu den Romanen und Essays versucht die Autorin einen Anreiz zum Lesen zu schaffen, der zwar stimulierend, oft aber auch didaktisch wirkt.
Während Alice Schwarzer mit ihrem Lesebuch zu einem entdeckungsreichen Flanieren im Kopf animiert und mit der Textauswahl reichlich Stoff zum unkontrollierten Nachdenken anbietet, bewegt sich Ingeborg Gleichaufs bodenständiger Pariser Kopfsteinpflastergang auf eher vertrauten Pfaden. Aber schließlich richtet sie ihr Buch ja an jene, die zum ersten Mal dieses intellektuelle Terrain betreten.
Rezensiert von Carola Wiemers
Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Ein Lesebuch mit Bildern
Rowohlt 2007
335 Seiten. 19,90 Euro
Ingeborg Gleichauf: Sein wie keine andere. Simone de Beauvoir: Schriftstellerin und Philosophin
dtv Reihe Hanser 2007
299 Seiten. 8,95 Euro
Dabei hatte die 1908 in Paris geborene Schriftstellerin und Philosophin lediglich eine kultur- und sozialgeschichtliche Abhandlung zur Lage der Frau verfasst. Sie ahnte nicht, dass sie damit zu einer kollektiven Lektüre aufforderte, wie es sie bislang nicht gegeben hatte. "Das andere Geschlecht" wurde zu einer Art Bibel der neuen Frauenbewegung, die sich in Deutschland ab 1970 formierte und mit dem Namen Alice Schwarzer eng verbunden ist. In ihren Publikationen ("Simone de Beauvoir heute. Gespräche in 10 Jahren", 1986; "Simone de Beauvoir. Rebellin und Wegbereiterin", 1999) war Schwarzer stets bemüht, das Werk der geschätzten französischen Feministin und "Kollegin" wach zu halten und sie nicht nur als treue Wegbegleiterin an der Seite des großen Existentialisten Jean-Paul Sartre in die Geschichte eingehen zu lassen.
Zum 100. Geburtstag legt Schwarzer nun ein Lesebuch vor, mit dem sie die für sie "einflussreichste weibliche Intellektuelle des 20. Jahrhunderts" würdigen will. In 15 Kapiteln lädt sie zu einem aufregenden Spaziergang durch Simone de Beauvoirs Lebenserinnerungen, Essays und Romane ein. Beginnend mit den "Memoiren einer Tochter aus gutem Hause" (1958), liefert das Buch köstliche Appetizer aus den Romanen "Sie kam und blieb" (1943), "Die Mandarins von Paris" (1954), "Die Welt der schönen Bilder" (1966), aus Briefen an Jean-Paul Sartre und dem Geliebten Nelson Algren sowie dem Essay "Das andere Geschlecht". Die Auswahl begleiten persönliche Interpretationen und Fakten zur Entstehung und Rezeption sowie Fotografien, welche die visuelle Neugier befriedigen. Die Lebensdaten und Quellenangaben im Anhang binden die Texte sinnvoll ins Gesamtwerk und den Lebenslauf de Beauvoirs ein.
Sollte nach dieser erfrischenden Lektüre ein biografischer Wissensdurst entstanden sein, verspricht Ingeborg Gleichauf mit ihrem Buch "Sein wie keine andere. Simone de Beauvoir: Schriftstellerin und Philosophin" Rettung. Angekündigt als "Neuentdeckung Simone de Beauvoirs für junge Leserinnen und Leser" stellt sich die Autorin keiner leichten Aufgabe. Als Ausgangspunkt für ihre Erkundungen wählt sie das Café "La Rotonde" im Geburtshaus Simone de Beauvoirs am Boulevard du Montparnasse 103.
Geschickt entwirft sie damit eine Topographie, in der sich der (junge) Leser bewegen kann. Anhand eines Stadtplans wird de Beauvoirs Pariser Zeit chronologisch verortet, so dass ein ganz anderer Spaziergang als der unternommen wird, zu dem Schwarzer einlädt. Gleichauf setzt überhaupt auf Anschaulichkeit und reichert die Kapitel, die von Zäsuren des Abschieds (Auszug aus dem Elternhaus, Beginn ihrer Arbeit als Assistenzlehrerin, der Tod des "Zwillings" Jean-Paul Sartre) bestimmt sind, mit biografischen Details an, in denen es primär um ein Psychogramm der Schriftstellerin und Philosophin geht. Aspekte wie de Beauvoirs unersättliche Gier auf Leben, auf Wissen und intensive geistige wie soziale Auseinandersetzung sowie ihren lebenslangen Ehrgeiz, zu sein "wie keine andere", zentrieren die Ausführungen. Mit interpretatorischen Exkursen zu den Romanen und Essays versucht die Autorin einen Anreiz zum Lesen zu schaffen, der zwar stimulierend, oft aber auch didaktisch wirkt.
Während Alice Schwarzer mit ihrem Lesebuch zu einem entdeckungsreichen Flanieren im Kopf animiert und mit der Textauswahl reichlich Stoff zum unkontrollierten Nachdenken anbietet, bewegt sich Ingeborg Gleichaufs bodenständiger Pariser Kopfsteinpflastergang auf eher vertrauten Pfaden. Aber schließlich richtet sie ihr Buch ja an jene, die zum ersten Mal dieses intellektuelle Terrain betreten.
Rezensiert von Carola Wiemers
Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Ein Lesebuch mit Bildern
Rowohlt 2007
335 Seiten. 19,90 Euro
Ingeborg Gleichauf: Sein wie keine andere. Simone de Beauvoir: Schriftstellerin und Philosophin
dtv Reihe Hanser 2007
299 Seiten. 8,95 Euro